Lexikon der Biologie: Landwirtschaft
Landwirtschaft, jede Art der planmäßigen Bodennutzung zur Gewinnung pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse. Die landwirtschaftlichen Kulturarten sind die Grasnutzung (Graswirtschaft; Wiesen und Weiden), der Hackbau (Kartoffel, Rüben [Beta]; Hackfrüchte), Ackerbau (Getreide), Gartenbau (Obst, Gemüse, Wein), die Oasenkulturen in Nordafrika (Oase; Datteln [Dattelpalme]) und die Waldnutzung (Forstwirtschaft, Wald). Die angebauten Kulturen sind abhängig von den jeweils herrschenden Standortsbedingungen wie Boden und Klima. – Nach dem Intensitätsgrad unterscheidet man verschiedene Bodennutzungssysteme: Gras- und Weidewirtschaften, Feld-Gras-Wechselwirtschaft, Körner- und Feldwirtschaften (Dreifelderwirtschaft), Fruchtwechselwirtschaften und freie Wirtschaften. In den Tropen ist heute noch teilweise der Wanderackerbau üblich (Afrika, Wanderfeldbau); andererseits gibt es dort große Plantagen. – Die Nutzviehhaltung kann vorteilhaft mit der Bodennutzung verknüpft werden: der Futterpflanzenbau (Futterbau, Pflanzenbau) ist eine Kultur mit geringem Arbeitsaufwand, und die anfallenden Wirtschafts-Dünger (Stallmist, Jauche) können zur Erhöhung der Erträge des Ackerbaus eingesetzt werden. Als Nutztiere werden vor allem das Rind als Milch- und Mastvieh, das Schwein als Mastvieh sowie bei extensiver Wirtschaftsweise das Schaf gehalten. Das Prinzip der Verknüpfung von Nutztierhaltung und Ackerbau wird durch den in der Massentierhaltung vorherrschenden Einsatz importierter Futtermittel (Futter) durchbrochen, wobei zusätzliche Umweltbelastungen durch Stall- und Siloabwässer (Abwasser) entstehen. – Ursprünglich war in den heutigen Industrieländern die Landwirtschaft die unmittelbare Lebensgrundlage der Bevölkerung. Um 1800 lebten in Deutschland noch 80% der Bevölkerung von der Landwirtschaft (1998 nur noch 2,9%!). Um die wachsende Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu versorgen, mußten die Flächenerträge (Ertrag) ständig gesteigert werden. Dies war nur durch Bodenverbesserung (Melioration), Intensivierung der Wirtschaftsweise, Einsatz von Kunstdünger und Pflanzenschutzmitteln (Pestizide), durch die Zucht (Pflanzenzüchtung) leistungsfähigerer Nutzpflanzensorten (Kulturpflanzen) und Bodenreformen (Flurbereinigung) möglich ( vgl. Infobox ). Konnte früher davon ausgegangen werden, daß eine ordnungsgemäße Landwirtschaft auch Landschaftspflege bedeutete, lassen sich die vielfältigen negativen Folgen der Modernisierung heute nicht mehr übersehen: Ausräumung der Landschaft durch Flurbereinigungen mit Verarmung der natürlichen Tier- und Pflanzenwelt (genetische Verarmung, Monokultur) sowie Nachlassen der Bodenfruchtbarkeit durch Bodenerosion, Abbau von Humus und Bodenvergiftung (Bodenbelastung), Gefährdung des Grundwassers durch Überdüngung (Wasserverschmutzung), Pflanzenschutzmittel und Abwässer aus der Massentierhaltung. (In den Tropen spielt auch die Desertifikation eine große Rolle.) Auch die landwirtschaftlichen Erzeugnisse werden zwangsläufig mehr und mehr mit Rückständen chemischer Stoffe (chemische Schädlingsbekämpfung, Schadstoffe) belastet und gefährden auf Dauer die gesunde Ernährung der Bevölkerung. – Unter dem Eindruck jüngst in Mitteleuropa ausgebrochener Vieh-Seuchen und Krankheiten (BSE [Bovine Spongiforme Encephalopathie], Maul- und Klauenseuche; Infektionskrankheiten) nimmt die Kritik an der konventionellen Landwirtschaft zu und führt zu einer Neubelebung des alternativen Landbaus bzw. zur Förderung des integrierten Landbaus. Agenda 2000, Agrarbiologie, Agrarmeteorologie, Agrarökologie, Agrarökosysteme, Agrarzonen, Agrikulturchemie, Agroforstwirtschaft, Agronomie, Biotechnologie, Boussingault (J.B.), Butlerow (A.M.), Feuerökologie, Gentechnologie, Jungsteinzeit, Landwirtschaftslehre, Liebig (J. von), Mittelsteinzeit, Sprengel (K.), Thaer (A.D.), transgene Pflanzen.
S.M./K.D.
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