Lexikon der Biologie: Rochen
Rochen, Rajiformes (früher Batoidei oder Hypotremata), Ordnung der Knorpelfische mit 4 Unterordnungen, 12 Familien und 456 Arten ( vgl. Tab. ). Rochen haben meist einen stark dorsoventral abgeplatteten, scheibenförmigen Körper mit großen, seitlich auf der ganzen Breite mit dem Körper verbundenen und ohne Absatz in den Kopf übergehenden, oft flügelartigen Brustflossen, kleiner Rücken- und fehlender Afterflosse, deutlich abgesetztem Schwanz, 2 auf der Kopfoberseite hervorragenden Augen und dahinter angeordneten, mit einer Klappe verschließbaren Spritzlöchern; auf der Unterseite liegen die Nasenöffnungen, das Maul und beiderseits 5 Kiemenspalten. Die stets voll entwickelten Wirbelkörper sind wie der nach vorn verlängerte Schädel manchmal verkalkt; die Plakoid-Schuppen der Haut bilden oft nur kleine Höcker, sind gelegentlich aber zu kräftigen, dornartigen Höckern oder Stacheln (Adlerrochen und Stachelrochen) am Rücken und auf der Oberseite des Schwanzstiels, manchmal sogar zu mächtigen Sägezähnen (Sägerochen) umgebildet. Rochen kommen in fast allen Meeren, einige Sägerochen auch im Süßwasser vor. Sie leben vorwiegend am Boden küstennaher Gebiete und schwimmen hier langsam, vor allem durch wellenförmige Bewegungen der Brustflossen, umher und fressen Bodentiere, die gewöhnlich mit vielen kleinen, in mehreren Reihen angeordneten, spitzen oder pflastersteinartigen Zähnen zerkleinert werden. In der Ruhelage am Boden atmen sie Wasser durch die oben liegenden Spritzlöcher ein und durch die Kiemenspalten aus. Freischwimmende Arten, wie die Teufelsrochen, atmen vor allem durch das Maul ein und bewegen sich durch flügelartiges Auf- und Abschlagen der Brustflossen. Bis auf die Rajidae sind Rochen lebendgebärend (ovovivipar). Die Embryonen sind langgestreckt und ihre Brustflossen vorn noch frei; sie werden bei manchen Arten (z.B. Adlerrochen) durch Uterussekrete ernährt. – Von der typischen Rochengestalt weicht der haiähnliche Körper der Sägerochen erheblich ab, auch Geigenrochen sind langgestreckt. Besondere elektrische Organe (Farbtafel) haben die Zitterrochen ( vgl. Abb. ). – Zur Unterordnung Echte Rochen (Rajioidei) gehören neuerdings (nach Zuordnung der Geigenrochen) 3 Familien mit etwa 250 Arten, wovon gut 200 Arten allein auf die Familie Echte Rochen i.e.S. (Rajidae) entfallen. Diese kommen zahlreich in flachen kalten und gemäßigten Meeren vor, zudem in den Tropen in Tiefen bis über 2000 m. Sie haben meist eine flache, nahezu quadratische Körperscheibe mit stets unterständigem Maul, kleinen, ventralen Kiemenspalten und dorsalem Spritzloch, einen dünnen, oft mit 2 kleinen Rückenflossen besetzten, stachellosen Schwanz, Plakoidhöcker auf der Oberseite, je nach Ernährungsart abgeplattete oder spitze Kieferzähne und nicht selten schwache elektrische Organe im Schwanz. Ihre Größe liegt zwischen 20 und 200 cm. Sie legen große, durch hornige Kapseln geschützte Eier. Hierzu gehören: a) Der an europäischen und nordafrikanischen Küsten häufigste Rochen, der Nagelrochen (Raja clavata; Fische II ), kommt in Tiefen zwischen 2 und 60 m auf schlammigem bis felsigem Grund vor; die Männchen werden bis 70 cm, die Weibchen bis 1,25 m lang; seine ca. 6 cm langen, schwarzen Eihüllen findet man oft im Spülsaum am Strand; kurioserweise kann sich der Nagelrochen unbekömmlicher Nahrung entledigen, indem er seinen Magen über das Maul nach außen stülpt, ihn durch Schüttelbewegungen reinigt und dann wieder herunterschluckt. b) Der bis 2,4 m lange Glattrochen (Raja batis;vgl. Abb. ) besiedelt europäische Küsten von Norwegen bis zum westlichen Mittelmeer bevorzugt in Tiefen zwischen 30 und 600 m und hat eine verhältnismäßig spitze Schnauze, 2 kleine Rückenflossen am Schwanzende, einen weitgehend unbedornten Rücken und 1–2 Dornenreihen auf dem Schwanz; sein Fleisch kommt als „französischer Steinbutt“ oder „Seeforelle“ in den Handel. c) Der im Ostatlantik und im Mittelmeer sehr häufige, bis 60 cm lange Vieraugenrochen (Raja miraletus) hat in der Mitte der braunen Oberseite 2 auffällige blaue, dunkel und hell umrandete Augenflecken. d) Der in nordatlantischen Küstengewässern verbreitete, bis 1 m lange Sternrochen (Raja radiata; Fische II ) hat große Dornen auf der Oberseite, deren Basalplatten radiär geriffelt sind. – Eine ebenfalls formenreiche Unterordnung bilden die Stachelrochenartigen(Myliobatoidei), die durch einen oft mit Giftdrüsen in Verbindung stehenden, beiderseits gesägten Stachel in der Nähe der Schwanzwurzel gekennzeichnet sind.
T.J.
Rochen
1 Zitterrochen (Torpedo spec.), 2 Glattrochen (Raja batis), von der Unterseite gesehen; gut erkennbar die beiden vorderen Nasenöffnungen vor dem breiten Maul und den 5 Kiemenspaltenpaaren
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