Alles in einem Band
Als ich 1980 Voigts "Abriss der Astronomie" erwarb (in der dritten Auflage), war ich völlig fasziniert. Weniger vom Charme des kargen Schreibmaschinenlayouts, das an ein Vorlesungsskript erinnerte, sondern von der Fülle und Dichte der gebotenen Information. Hier fand man alles was in der Astronomie wichtig ist: Begriffe, Daten, Formeln, Methoden, Literatur. Mittlerweile hat der Verlag gewechselt, und auch Hans-Heinrich Voigt, emeritierter Professor für Astronomie in Göttingen, hat das Projekt in jüngere Hände gelegt. Die Astrophysiker Hermann-Josef Röser und Werner Tscharnuter (beide in Heidelberg tätig) haben ganze Arbeit geleistet. Die aktuelle, sechste Auflage ist auf stolze 1150 Seiten angewachsen! Das alte Layout ist natürlich längst einem windschnittigen Design gewichen, trotzdem hat das Buch nichts von seiner ursprünglichen Faszination verloren. Man kann es eigentlich kurz machen: Ein fantastisches Werk, unabdingbar für jeden der sich mit Astronomie beschäftigt, vom Laien bis zum Universitätsprofessor.
Der "Abriss" ist dabei weder ein Lexikon noch ein Lehrbuch, sondern ein professionelles Nachschlagewerk, das streng nach astronomischen Fachgebieten gegliedert ist. Es glänzt nicht durch ausführliche Texte, vielmehr werden die Inhalte kompakt und strukturiert dargeboten. Sie sind durchweg auf dem neuesten Stand und enthalten die wesentlichen Fakten – genau das, was man oft vergeblich sucht. Klar, es gibt Wikipedia im Internet, aber meiner Meinung nach kann nichts ein derartiges Printprodukt ersetzen. Man hat alles in einer Hand (der "schwächere" Leser braucht wohl beide Hände um das 2,2 Kilogramm schwere, mittelformatige Buch zu halten). Schon das ziellose Blättern macht Freude. Dabei laufen einem Trojaner, Rote Riesen, Neutrinos, OB-Assoziationen, Reflexionsnebel, Zwerggalaxien oder Gravitationslinsen über den Weg. Auch die Dunkle Materie und die Dunkle Energie fehlen natürlich nicht.
Die Reihenfolge der Themen ist klassisch: vom Sonnensystem bis zu den Grenzen des Universums. Dabei werden nicht nur die astronomischen Fakten der Objekte präsentiert, sondern auch Methoden, Instrumente und sogar der geschichtliche Hintergrund. So gibt es Kapitel über Sphärische Astronomie, Astronomische Beobachtungen, Physikalische Prozesse und Geschichte der Astronomie. Der Text enthält viele Literaturangaben, Tabellen und Grafiken, Bilder sind hingegen keine vorhanden. Es ist fast überflüssig zu erwähnen, dass es im Anhang ein Fachwörterbuch, ein ausführliches Register mit 30 Seiten sowie eine Zusammenstellung wichtiger Internetquellen gibt.
Wie es nun einmal so ist: Gleich beim ersten Aufschlagen entdeckte ich einen Fehler. Auf S. 762 wird der "Uppsala General Catalogue of Galaxies" zitiert, dessen Autor nicht Nielsen sondern Nilson heißt. Bei der Qualität des Buchs bin ich aber überzeugt, dass dies eine Ausnahme ist, welche die Regel bestätigt. Und so lautet mein Fazit: Der "Abriss der Astronomie" setzt neue Maßstäbe und sollte in keinem Bücherregal fehlen! Der Preis von 89 Euro (für die Ausgabe als "Taschenbuch") geht daher völlig in Ordnung.
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