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Landwirtschaft: Droht ein Mangel an Phosphor?

Phosphor ist Hauptbestandteil von Düngemitteln. Seine Vorkommen reichen zwar noch für Jahrzehnte. Doch wenn wir nicht jetzt beginnen, sie zu schonen, könnte die Landwirtschaft schon in diesem Jahrhundert zusammenbrechen.
Eutrophierungserscheinungen
Dass heute 6,8 Milliarden Menschen auf der Erde leben können, liegt unter anderem an drei Elementen: Stickstoff, Phosphor und Kalium. Als Kunstdünger haben sie im 20. Jahrhundert zu einer enormen Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität geführt. Doch wie lange ist die Entwicklung noch tragbar? Stickstoff und Kalium sind noch zur Genüge vorhanden. Die leicht zugänglichen Phosphorvorkommen dürften jedoch schon Ende dieses Jahrhunderts erschöpft sein – wenn die Bevölkerungszahl einen Spitzenwert erreicht hat. Zu diesem Ergebnis ist David A. Vaccari gekommen. Der Professor und Direktor der Abteilung für Zivil-, Umwelt- und Ozeantechnik am Stevens Institute of Technology in Hoboken (New Jersey) beschäftigt sich seit über zehn Jahren mit dem drohenden Mangel an Phosphor und Maßnahmen zur Bewahrung dieses Rohstoffs. Seine Ergebnisse legt er in der Novemberausgabe von Spektrum der Wissenschaft dar.

Um die derzeitige Bevölkerung versorgen zu können, ist Phosphor im Düngemittel unverzichtbar. In der vorindustriellen Landwirtschaft, als Fäkalien als Dünger dienten, gelangten etwa so viele Nährstoffe zurück in den Boden, wie zuvor entnommen worden waren. Durch moderne landwirtschaftliche Methoden wird heute allerdings dreimal so viel Phosphor aus dem Boden ausgewaschen. Die Flüsse spülen das Element ins Meer, wo es sich ablagert und erst nach Jahrmillionen durch tektonische Hebung auf die Kontinente zurückgelangt.

Die Erde enthält große Mengen an phosphorreichen Mineralen. Dabei sind jedoch Gesteinstypen, die in der Praxis nicht verwertbar sind, weil keine wirtschaftliche Methode zur Gewinnung existiert, weil sie unzugänglich, unerschlossenen oder in ökologisch sensiblen Gebieten sind oder weil manche Phosphatgesteine große Mengen giftiger oder radioaktiver Stoffe enthalten. "Echte Phosphatreserven, also Lagerstätten, die mit heutiger Technologie wirtschaftlich abbaubar sind, reichen beim derzeitigen Verbrauch noch etwa 90 Jahre", prognostiziert David Vaccari. Allerdings wird der Bedarf wohl zunehmen, weil die Weltbevölkerung wächst und Menschen in Entwicklungsländern einen höheren Lebensstandard anstreben.

Geologen, die eine gegenteilige Meinung vertreten, argumentieren, dass sich die Situation bei steigenden Preisen ändern wird. Dann könnte das weiße Gold nicht mehr Salz, sondern Phosphor sein. Lagerstätten, die jetzt nicht wirtschaftlich abbaubar sind, würden sich dann lohnen. Sobald die bisherigen Quellen zu neige gehen, bestünde für Bergbaugesellschaften der Anreiz, neue Quellen zu suchen. Die bis heute entdeckten Ressourcen reichen allerdings nicht aus und sind zu ungleich verteilt, um Bedenken über die künftige Versorgung auszuräumen. Vier Staaten – die USA, Marokko, China und Südafrika – verfügen zusammen über 83 Prozent der Phosphorvorräte. Dieses Ungleichgewicht macht den Rohstoff zu einer tickenden geostrategischen Zeitbombe.

David Vaccari appelliert daher, eine Phosphorkrise als realistische Drohung anzusehen und ernsthafte Maßnahmen zur Bewahrung dieses Rohstoffs einzuleiten. Er schlägt vor, in der Landwirtschaft durch Terrassieren und den Verzicht auf das Pflügen die Bodenerosion zu reduzieren, sodass mehr Phosphor im Erdreich bleibt. Bei der Ernte anfallende, phosphorhaltige Pflanzenrückstände und tierische Abfälle – besonders Knochen, die viel Phosphor enthalten – sollten dem Boden zurückgegeben werden. Außerdem kann das Element aus dem Abwasser zurück gewonnen werden, sofern schadstoffhaltigen Leitungsrohre ersetzt werden, die das Abwasser belasten. Ein einfacher Weg, Phosphor wiederzugewinnen, ist die Trennung von festen und flüssigen Fäkalien. Die Hälfte des vom Menschen ausgeschiedenen Phosphors befindet sich im Urin.

David Vaccari räumt jedoch einen wichtigen Punkt ein: "Genau wie bei anderen Rohstoffen stellt sich letztlich die Frage, wie viele Menschen die Erde wirklich verkraftet." Fest steht für ihn, dass uns die preisgünstigen Phosphorvorkommen ausgehen.

Abdruck honorarfrei bei Quellenangabe: Spektrum der Wissenschaft, November 2009
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