Mathephobie: Matheangst trifft auch Rechencracks
Entscheidend scheint die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses zu sein: Es hilft uns beim vorübergehenden Speichern von Informationen und beim Lösen komplexer Probleme. Menschen mit großem Arbeitsgedächtnis verfügen oft auch über höhere intellektuelle Leistungsfähigkeit – im Bezug auf die Rechenangst wird ihnen gerade das aber zum Verhängnis. Unter Stress schüttet das Gehirn nämlich vermehrt das Stresshormon Cortisol aus, das das Arbeitsgedächtnis blockiert. Zahlenphobiker sind dann kaum noch in der Lage, Rechenaufgaben zu lösen. Wie die Psychologin Sian Beilock von der University of Chicago herausfand, trifft dies Probanden mit großen Kurzzeitspeicher besonders hart, denn sie verlassen sich normalerweise umso mehr auf ihr Arbeitsgedächtnis. Weniger helle Rechner nutzten stattdessen andere Strategien wie etwa bloßes Schätzen – und erzielen so bessere Ergebnisse!
Matheangst tritt auch nicht erst im Laufe einer Schulkarriere auf, sondern lässt sich schon bei Erstklässlern feststellen. Mit Hilfe von Hirnscans konnten Vinod Menon von der Stanford University in Kalifornien zeigen, dass bei Kindern mit Mathephobie die Angstzentren im Gehirn besonders stark aktiviert werden, wenn sie rechnen müssen. Die Angst entsteht dabei nicht beim Rechnen selbst, sondern bereits vor der Aufgabe. Matheängstliche können mit gezielten Übungen lernen, ihre Angst zu erkennen und entsprechend gegenzusteuern. Der Mathematiker Günter Ziegler von der Freien Universität Berlin plädiert zudem für eine bessere Lehrerbildung: Nur Pädagogen mit "mathematischem Selbstvertrauen" könnten ängstlichen Schülern helfen.
Abdruck honorarfrei bei Quellenangabe: Gehirn&Geist, 7-8/2013
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