Meeresbergbau: Griff in Neptuns Schatztruhe
Das Ende des billigen Öls aus Quellen an Land und die steigende Abhängigkeit von russischem und iranischem Erdgas vor Augen, machen sich immer mehr Nationen auf die Suche nach neuen Rohstoffquellen. Sie besinnen sich der größten – bisher noch weit gehend ungenutzten – Fläche der Erde: Schon lange ist bekannt, dass auf dem Grund der Ozeane große Mengen von Gold, Silber, Kupfer, seltenen Erden und Sulfid-Erzen sowie Öl und Gas liegen. So verwundert es nicht, dass der Run auf die Schätze des Meeres bereits seit geraumer Zeit in vollem Gange ist.
Immer mehr Nationen und Firmen sichern sich Schürf- und Ausbeutungsrechte am Meeresgrund. Gerade Schwellenländer wie China und Indien müssen ihren immensen Rohstoffhunger durch immer neue Lagerstätten decken und schicken ihre Erkundungstrupps aufs Meer. Doch neben der Tatsache, dass die begehrten Stoffe nur mit hohem technischem Aufwand zu entdecken und zu fördern sind, weil sie meist in großer Tiefe vorkommen, liegt ein Großteil der Vorkommen außerhalb der nationalen Hoheitsgewässer und der ausschließlichen Wirtschaftszone der Länder und damit in Gebieten der so genannten "hohen See". Um die seit rund 40 Jahren immer wieder diskutierte Ausbeutung der Bodenschätze auf hoher See zu kanalisieren, schufen die Vereinten Nationen 1982 die Internationale Meeresbodenbehörde ISA (International Seabed Authority) mit Sitz in Kingston, Jamaika. Hier können Staaten und Firmen Schürfrechte beantragen und Claims in internationalen Gewässern erwerben. Aus gutem Grund kann sich die Behörde über mangelnde Beschäftigung nicht beklagen. Groß sind die Hoffnungen und Erwartungen der Industrie an die Vorkommen an Metallen und Energieträgern unter dem Boden der Tiefsee.
Aber was sind das für rätselhafte Knollen aus der Tiefe? Woraus bestehen sie und wie entstehen sie? Liegt in ihnen zumindest eine Teilantwort auf die immer drängender werdende Rohstofffrage? Die etwa faustgroßen, an einen dunkelbraun-schwarzen Blumenkohl erinnernden metallischen Knollen finden sich in den landfernen Tiefseeebenen fast aller Ozeane. Erstmals wurden sie vor rund 100 Jahren entdeckt, auf der von 1872 bis 1876 dauernden Expedition des britischen Forschungsschiffs Challenger. Seinerzeit wurden sie jedoch eher als Kuriosum der Natur denn als Rohstoffquelle angesehen. Bis in die 1960er Jahre hinein blieb auch verborgen, wie zahlreich sie sind und welchen Metallreichtum sie beinhalten. Erst in den Zeiten der beginnenden Rohstoffknappheit der ausgehenden 1960er Jahre rückten sie als potenzielle Rohstofflieferanten in den Fokus der Industrienationen. Während des Kalten Kriegs wurden die Schätze der hohen See sogar als der ideale Rohstofflieferant der Zukunft angesehen ndash; Sie schienen niemandem zu gehören und waren per Schiff leicht zu erreichen.
Typischerweise mal ein Fischzahn
Erste großräumige wissenschaftliche Erkundungen mit eigens zu diesem Zweck gebauten Forschungsschiffen erbrachten, dass Manganknollen pflasterartig in nahezu allen Tiefseeebenen unterhalb der Kalklösungsgrenze des Meerwassers (Calc compensation depth, CCD) zwischen etwa 4000 und 5000 Meter Wassertiefe auftreten. Variiert die Zusammensetzung der Knollen auch leicht von Meeresgebiet zu Meeresgebiet, so weisen sie insgesamt aber eine recht homogene Metallverteilung auf. Die Knollen im deutschen Lizenzgebiet bestehen durchschnittlich aus 26 Volumenprozent (%) Mangan, 7 % Eisen, 1,2 % Nickel, 1 % Kupfer und 0,3 % Kobalt.
Charakteristisch für alle Knollen ist ihr Entstehungsmechanismus und die erstaunliche Wachstumsgeschwindigkeit. So steht am Anfang der Bildung einer Manganknolle stets ein Nukleus, der typischerweise mal ein Fischzahn oder auch ein Gehäuse verschiedener Arten abgestorbenen Planktons ist. Er sinkt in Gebieten mit geringem Sedimenteintrag auf den Meeresboden ab und enthält bereits Metallionen. Unterhalb der CCD wird der kalkige Anteil des Nukleus gelöst und die organische Substanz von Bakterien abgebaut. Auch die Metallionen der verwesenden Biomasse werden frei und lagern sich von außen am Nukleus an. Mit der Zeit lagern sich sukzessive weitere Metallionen aus dem Meer- und Porenwasser des Meeresbodens an den Nukleus und vergrößern so den Radius der entstehenden Knolle.
Halten Seegurken die Knollen an der Oberfläche?
Bereiche mit einer derartig niedrigen Sedimentationsrate sind typischerweise Tiefseeebenen auf hoher See. Obwohl die Knollen etwa tausendmal langsamer wachsen, als sie von herabsinkenden Partikeln zugedeckt werden, bleiben sie an der Oberfläche des Meeresbodens. Zur Erklärung der paradoxen Situation, dass sogar alte Bildungen auf einer jüngeren Oberfläche liegen, führen Fachleute im Wesentlichen zwei Theorien an: Die erste besagt, dass die Knollen von Tieren wie etwa Seegurken, die am Boden der Tiefsee leben, bei der Nahrungssuche von Zeit zu Zeit bewegt oder gedreht werden. Die andere Theorie macht sporadisch auftretende, seismische Ereignisse für die Bewegung der Knollen verantwortlich. "Aber wie auch immer", erklärt der BGR-Meeresgeologe Michael Wiedicke-Hombach, "wenn eine Knolle alle 500 bis 1000 Jahre einmal bewegt wird, reicht das aus, um sie an der Oberfläche des Meeresbodens zu halten."
Doch sind es nicht nur die Metalle der Knollen, welche die Begehrlichkeiten der Firmen und Nationen wecken. In der Tiefsee finden sich auch so genannte Massivsulfide und Sulfidkrusten, die hohe Anteile an Metallen enthalten, darunter Gold, Platin und Silber.
Ganz oben auf der Wunschliste
Auf Grund ihres hohen Weltmarktpreises stehen diese derzeit ganz oben auf der Wunschliste der Industrienationen. Massivsulfide finden sich nur in Bereichen mit vulkanischer Aktivität und bilden flächige, zum Teil mehrere hundert Meter ausladende und 0,3 bis 15 Meter dicke Ablagerungen und Schlotstrukturen am Meeresboden.
Nach den frühen Untersuchungen entlang der mittelozeanischen Rücken im Atlantik haben sich die Erkundungen von Meeresbergbaufirmen wie etwa der kanadischen Firma Nautilus Minerals auf den Westpazifik verlegt. An dessen westlichem Rand taucht die Pazifische Platte großflächig unter dem asiatischen und indischen Kontinent ab und wird wieder dem Recyclingprozess der Plattentektonik zugeführt, also "subduziert". Typische geologische Strukturen, die bei einem solchen Prozess entstehen, sind etwa Inselbögen mit aktiven Vulkanen (zu denen Japan, die Marianen oder auch Tonga gehören) sowie Bereiche, in denen neuer Meeresboden gebildet wird.
Die vulkanische Aktivität dieser Bereiche geht auf das Untertauchen der ozeanischen Platte an den so genannten Subduktionszonen zurück. Dabei wird Wasser aus den Sedimenten und dem Gestein mobilisiert, welches zur Aufschmelzung in der darüberliegenden Platte und zur Bildung von Vulkanen und neuem Meeresboden führt. In Form heißer Lösungen kursiert das Wasser durch Spalten und andere Wegsamkeiten der darüberliegenden Platte und löst weitere Metalle aus den Mineralen der Gesteine. Schließlich steigt die mit Metallionen reich beladene Lösung zum Meeresboden auf und kühlt beim Kontakt mit Meerwasser schlagartig ab. Als Folge fallen die Metalle in Form von Sufidverbindungen aus und bilden entweder hügelartige Massivsulfide und Massivkrusten oder auch die markanten "Schornsteine" der so genannten Smoker.
Auf Ketten über den Meeresboden fahren
Zusammensetzung und Metallgehalt der Massivsulfide variieren je nach Lokalität. "Das liegt an der unterschiedlichen Zusammensetzung der Lösung insbesondere auf Grund des Einflusses der Sedimentfracht der subduzierten Platte", erläutert der Meeresgeologe und Geochemiker Sven Petersen vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR). Generell treten beispielsweise goldreiche Sulfide an bestimmten mittelozeanischen Rücken wie im Atlantik und an den Subduktionszonen mit Inselbögen (wie um das westpazifische Papua-Neuguinea) auf.
"Hier löst das zirkulierende Wasser Gold effizienter aus der ozeanischen Platte und aus den Sedimenten", so Petersen. Der Blei-, Arsen- und Antimongehalt ist ebenfalls sehr hoch. Daneben finden sich in den Massivsulfiden auch Silber, Cobalt, Tellur und weitere Spurenelemente – alles Rohstoffe, deren ohnehin schon hohe Bedeutung für die Handy- und Computerbranche in der Zukunft noch zunehmen wird.
Ihr möglicher Abbau stellt Forscher und Ingenieure allerdings vor beträchtliche Herausforderungen. Zum einen stellt der immense Wasserdruck in der Tiefsee spezielle technische Ansprüche an das Fördergerät; zum Anderen müssen die einmal geförderten Rohstoffe auf Transportschiffe verladen und über weite Distanzen befördert werden. Aber wie soll man sich einen Abbau in der Tiefe vorstellen? Schon in den 1980er Jahren wurde über ferngesteuerte Probensammler nachgedacht, die "auf Ketten über den Meeresboden fahren, wie ein riesiger Staubsauger Knollen einsaugen und mit Hilfe eines Schlauchs an Bord des Versorgungsschiffs pumpen", erklärt Wiedicke-Hombach. Heute sind Bohrgeräte zum Abbau der Massivsulfide in Entwicklung, die an senkrecht stehende Tunnelbohrer erinnern und von einem Schiff an Seilen oder Stangen in die Tiefe gelassen werden.
Der Autor Rüdiger Schacht ist promovierter Meeresgeologe und Wissenschaftsjournalist.
Immer mehr Nationen und Firmen sichern sich Schürf- und Ausbeutungsrechte am Meeresgrund. Gerade Schwellenländer wie China und Indien müssen ihren immensen Rohstoffhunger durch immer neue Lagerstätten decken und schicken ihre Erkundungstrupps aufs Meer. Doch neben der Tatsache, dass die begehrten Stoffe nur mit hohem technischem Aufwand zu entdecken und zu fördern sind, weil sie meist in großer Tiefe vorkommen, liegt ein Großteil der Vorkommen außerhalb der nationalen Hoheitsgewässer und der ausschließlichen Wirtschaftszone der Länder und damit in Gebieten der so genannten "hohen See". Um die seit rund 40 Jahren immer wieder diskutierte Ausbeutung der Bodenschätze auf hoher See zu kanalisieren, schufen die Vereinten Nationen 1982 die Internationale Meeresbodenbehörde ISA (International Seabed Authority) mit Sitz in Kingston, Jamaika. Hier können Staaten und Firmen Schürfrechte beantragen und Claims in internationalen Gewässern erwerben. Aus gutem Grund kann sich die Behörde über mangelnde Beschäftigung nicht beklagen. Groß sind die Hoffnungen und Erwartungen der Industrie an die Vorkommen an Metallen und Energieträgern unter dem Boden der Tiefsee.
Auch Deutschland ist bei dem Verteilungskampf dabei. Am 17. Juli 2006 erwarb die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannovr für 250 000 US-Dollar einen Claim im so genannten Manganknollengürtel des Südwestpazifiks zwischen Hawaii und Mexiko für die Bundesrepublik. In einem Gebiet etwa von der Größe Niedersachsens und Schleswig-Holsteins zusammengenommen erwarten die Meeresgeologen der BGR rund 300 Millionen Tonnen Manganknollen zu finden. Die Bundesanstalt hatte in den letzten drei Jahren bereits zwei mehrwöchige Erkundungs- und Erforschungsfahrten in das Gebiet unternommen, das in einer Wassertiefe zwischen 4000 und 5000 Metern liegt. Die Wissenschaftler fertigten detaillierte Unterwasserkarten und seismische Datensätze an, gemeinsam mit den gesammelten Bodenproben und Manganknollen wurden sie dann in den Labors in Hannover bearbeitet.
Aber was sind das für rätselhafte Knollen aus der Tiefe? Woraus bestehen sie und wie entstehen sie? Liegt in ihnen zumindest eine Teilantwort auf die immer drängender werdende Rohstofffrage? Die etwa faustgroßen, an einen dunkelbraun-schwarzen Blumenkohl erinnernden metallischen Knollen finden sich in den landfernen Tiefseeebenen fast aller Ozeane. Erstmals wurden sie vor rund 100 Jahren entdeckt, auf der von 1872 bis 1876 dauernden Expedition des britischen Forschungsschiffs Challenger. Seinerzeit wurden sie jedoch eher als Kuriosum der Natur denn als Rohstoffquelle angesehen. Bis in die 1960er Jahre hinein blieb auch verborgen, wie zahlreich sie sind und welchen Metallreichtum sie beinhalten. Erst in den Zeiten der beginnenden Rohstoffknappheit der ausgehenden 1960er Jahre rückten sie als potenzielle Rohstofflieferanten in den Fokus der Industrienationen. Während des Kalten Kriegs wurden die Schätze der hohen See sogar als der ideale Rohstofflieferant der Zukunft angesehen ndash; Sie schienen niemandem zu gehören und waren per Schiff leicht zu erreichen.
Typischerweise mal ein Fischzahn
Erste großräumige wissenschaftliche Erkundungen mit eigens zu diesem Zweck gebauten Forschungsschiffen erbrachten, dass Manganknollen pflasterartig in nahezu allen Tiefseeebenen unterhalb der Kalklösungsgrenze des Meerwassers (Calc compensation depth, CCD) zwischen etwa 4000 und 5000 Meter Wassertiefe auftreten. Variiert die Zusammensetzung der Knollen auch leicht von Meeresgebiet zu Meeresgebiet, so weisen sie insgesamt aber eine recht homogene Metallverteilung auf. Die Knollen im deutschen Lizenzgebiet bestehen durchschnittlich aus 26 Volumenprozent (%) Mangan, 7 % Eisen, 1,2 % Nickel, 1 % Kupfer und 0,3 % Kobalt.
Charakteristisch für alle Knollen ist ihr Entstehungsmechanismus und die erstaunliche Wachstumsgeschwindigkeit. So steht am Anfang der Bildung einer Manganknolle stets ein Nukleus, der typischerweise mal ein Fischzahn oder auch ein Gehäuse verschiedener Arten abgestorbenen Planktons ist. Er sinkt in Gebieten mit geringem Sedimenteintrag auf den Meeresboden ab und enthält bereits Metallionen. Unterhalb der CCD wird der kalkige Anteil des Nukleus gelöst und die organische Substanz von Bakterien abgebaut. Auch die Metallionen der verwesenden Biomasse werden frei und lagern sich von außen am Nukleus an. Mit der Zeit lagern sich sukzessive weitere Metallionen aus dem Meer- und Porenwasser des Meeresbodens an den Nukleus und vergrößern so den Radius der entstehenden Knolle.
Dass ein solcher Prozess sehr langsam abläuft, liegt auf der Hand. Bereits in den 1960er Jahren bestimmten die Meeresgeologen eine durchschnittliche Wachstumsrate von nur rund fünf Millimetern in einer Million Jahre. Aus diesem langsam Wachstum ergibt sich automatisch die geografische Verbreitung der Knollen, denn je mehr Material vom Festland – etwa Sand und Ton, die von Flüssen herantransportiert werden – ins Wasser gelangt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Knollen vom eingetragenen Material schlicht vergraben werden. Folgerichtig treten sie nur in landfernen Bereichen auf, wo die Eintragsrate von Material pro Zeiteinheit, die so genannte Sedimentationsrate, äußerst niedrig ist.
Halten Seegurken die Knollen an der Oberfläche?
Bereiche mit einer derartig niedrigen Sedimentationsrate sind typischerweise Tiefseeebenen auf hoher See. Obwohl die Knollen etwa tausendmal langsamer wachsen, als sie von herabsinkenden Partikeln zugedeckt werden, bleiben sie an der Oberfläche des Meeresbodens. Zur Erklärung der paradoxen Situation, dass sogar alte Bildungen auf einer jüngeren Oberfläche liegen, führen Fachleute im Wesentlichen zwei Theorien an: Die erste besagt, dass die Knollen von Tieren wie etwa Seegurken, die am Boden der Tiefsee leben, bei der Nahrungssuche von Zeit zu Zeit bewegt oder gedreht werden. Die andere Theorie macht sporadisch auftretende, seismische Ereignisse für die Bewegung der Knollen verantwortlich. "Aber wie auch immer", erklärt der BGR-Meeresgeologe Michael Wiedicke-Hombach, "wenn eine Knolle alle 500 bis 1000 Jahre einmal bewegt wird, reicht das aus, um sie an der Oberfläche des Meeresbodens zu halten."
Doch sind es nicht nur die Metalle der Knollen, welche die Begehrlichkeiten der Firmen und Nationen wecken. In der Tiefsee finden sich auch so genannte Massivsulfide und Sulfidkrusten, die hohe Anteile an Metallen enthalten, darunter Gold, Platin und Silber.
Ganz oben auf der Wunschliste
Auf Grund ihres hohen Weltmarktpreises stehen diese derzeit ganz oben auf der Wunschliste der Industrienationen. Massivsulfide finden sich nur in Bereichen mit vulkanischer Aktivität und bilden flächige, zum Teil mehrere hundert Meter ausladende und 0,3 bis 15 Meter dicke Ablagerungen und Schlotstrukturen am Meeresboden.
Nach den frühen Untersuchungen entlang der mittelozeanischen Rücken im Atlantik haben sich die Erkundungen von Meeresbergbaufirmen wie etwa der kanadischen Firma Nautilus Minerals auf den Westpazifik verlegt. An dessen westlichem Rand taucht die Pazifische Platte großflächig unter dem asiatischen und indischen Kontinent ab und wird wieder dem Recyclingprozess der Plattentektonik zugeführt, also "subduziert". Typische geologische Strukturen, die bei einem solchen Prozess entstehen, sind etwa Inselbögen mit aktiven Vulkanen (zu denen Japan, die Marianen oder auch Tonga gehören) sowie Bereiche, in denen neuer Meeresboden gebildet wird.
Die vulkanische Aktivität dieser Bereiche geht auf das Untertauchen der ozeanischen Platte an den so genannten Subduktionszonen zurück. Dabei wird Wasser aus den Sedimenten und dem Gestein mobilisiert, welches zur Aufschmelzung in der darüberliegenden Platte und zur Bildung von Vulkanen und neuem Meeresboden führt. In Form heißer Lösungen kursiert das Wasser durch Spalten und andere Wegsamkeiten der darüberliegenden Platte und löst weitere Metalle aus den Mineralen der Gesteine. Schließlich steigt die mit Metallionen reich beladene Lösung zum Meeresboden auf und kühlt beim Kontakt mit Meerwasser schlagartig ab. Als Folge fallen die Metalle in Form von Sufidverbindungen aus und bilden entweder hügelartige Massivsulfide und Massivkrusten oder auch die markanten "Schornsteine" der so genannten Smoker.
Auf Ketten über den Meeresboden fahren
Zusammensetzung und Metallgehalt der Massivsulfide variieren je nach Lokalität. "Das liegt an der unterschiedlichen Zusammensetzung der Lösung insbesondere auf Grund des Einflusses der Sedimentfracht der subduzierten Platte", erläutert der Meeresgeologe und Geochemiker Sven Petersen vom Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR). Generell treten beispielsweise goldreiche Sulfide an bestimmten mittelozeanischen Rücken wie im Atlantik und an den Subduktionszonen mit Inselbögen (wie um das westpazifische Papua-Neuguinea) auf.
"Hier löst das zirkulierende Wasser Gold effizienter aus der ozeanischen Platte und aus den Sedimenten", so Petersen. Der Blei-, Arsen- und Antimongehalt ist ebenfalls sehr hoch. Daneben finden sich in den Massivsulfiden auch Silber, Cobalt, Tellur und weitere Spurenelemente – alles Rohstoffe, deren ohnehin schon hohe Bedeutung für die Handy- und Computerbranche in der Zukunft noch zunehmen wird.
Ihr möglicher Abbau stellt Forscher und Ingenieure allerdings vor beträchtliche Herausforderungen. Zum einen stellt der immense Wasserdruck in der Tiefsee spezielle technische Ansprüche an das Fördergerät; zum Anderen müssen die einmal geförderten Rohstoffe auf Transportschiffe verladen und über weite Distanzen befördert werden. Aber wie soll man sich einen Abbau in der Tiefe vorstellen? Schon in den 1980er Jahren wurde über ferngesteuerte Probensammler nachgedacht, die "auf Ketten über den Meeresboden fahren, wie ein riesiger Staubsauger Knollen einsaugen und mit Hilfe eines Schlauchs an Bord des Versorgungsschiffs pumpen", erklärt Wiedicke-Hombach. Heute sind Bohrgeräte zum Abbau der Massivsulfide in Entwicklung, die an senkrecht stehende Tunnelbohrer erinnern und von einem Schiff an Seilen oder Stangen in die Tiefe gelassen werden.
Allmählich wird es also ernst. Als erstes Land hat China bei der ISA jüngst eine Explorationslizenz für Massivsulfide auf hoher See beantragt. Umweltschützer haben allerdings große Bedenken gegen den industriellen Abbau der Rohstoffe in der Tiefsee. Neben der physischen Zerstörung lokalen Lebensraums durch den direkten Abbau sehen sie gerade auch im Aufwirbeln des allgegenwärtigen Schlamms ein großes Problem. "Beim Wiederabsinken des beim Abbau aufgewirbelten Sediments würden sensible Lebensformen wie Fischlaich und Tiefwasserkorallen massiv geschädigt", befürchtet die Meeresbiologin Iris Menn von Greenpeace Deutschland. Hinzu kommt, dass etwa die Fahrspuren eines Saugbaggers für Manganknollen regelrechte Todesstreifen in der Tiefsee hinterlassen würden. Chancen auf schnelle Erholung bestehen kaum: Gerade in der kalten und dunklen Tiefsee laufen biologische Prozesse langsamer ab als in lichtdurchfluteten Regionen. "Der angerichtete Schaden im größten Lebensraum der Erde wäre unabsehbar", so Menn.
Der Autor Rüdiger Schacht ist promovierter Meeresgeologe und Wissenschaftsjournalist.
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben