Topologische Chemie: Molekularer Drudenfuß und Davidstern
Vor rund einem halben Jahrhundert waren miteinander verkettete Ringmoleküle eine spektakuläre Neuigkeit. Damals verließ man sich allein auf die Statistik: Schwimmen genügend fadenförmige Moleküle zusammen mit ringförmigen in einem Gefäß herum, dann fädeln sich manche zufällig durch die Ringe, und wenn der Experimentator nun zuschlägt und die Fadenenden verknüpft, erhält er zwei verbundene Ringe – wenn auch nur in sehr bescheidener Ausbeute. Dass die Bindung zwischen ihnen nicht chemisch, sondern rein mechanisch ist, gab Anlass zu – letztlich müßigen – philosophischen Diskussionen darüber, ob es sich bei dem Produkt um ein Molekül handle oder um zwei.
Seit den 1980er Jahren und den mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Arbeiten von Jean-Marie Lehn in Straßburg gehen Chemiker bei der Herstellung solcher Catenane, wie sie inzwischen genannt werden, etwas systematischer vor: Sie benutzen die relativ lockeren Bindungen zwischen Metallionen und organischen Molekülen als "Liganden", um die Bausteine so anzuordnen, dass ein gezieltes Verweben möglich ist.
Auf diese Weise gelang es, molekulare Abbilder der olympischen Ringe und des Kleeblattknotens herzustellen. Die Synthese dieses einfachsten nicht auflösbaren Knotens mit drei Kreuzungen beschrieb die Arbeitsgruppe von Jean-Pierre Sauvage an der Université de Strasbourg 1990, also vor einem Vierteljahrhundert. Die Vorgehensweise war bestechend einfach: Sauvage drapierte zwei Exemplare eines schraubenartig gewundenen Moleküls derart um zwei Metallionen herum, dass sich die Stränge dreimal kreuzten (Zeichnung oben). Dann verband er jeweils die beiden oberen und unteren Enden miteinander. Nun musste er nur noch die Metalle herausnehmen und das Molekül ein wenig zurechtzupfen: Fertig war der Kleeblattknoten. ...
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