Zukunft der Batterie: Der Akku wird neu erfunden
Die mobile Welt steht und fällt mit dem Lithiumionen-Akku – kein wiederaufladbarer Energiespeicher kann ihm derzeit das Wasser reichen. Im vergangenen Jahr gingen insgesamt fünf Milliarden Li-Ionen-Batterien über den Ladentisch, für Laptops, Kameras, Handys und Elektroautos. "Es ist die beste Batterietechnologie, die es je gab", sagt George Crabtree, Direktor des Joint Center for Energy Storage Research (JCESR) am Argonne National Laboratory nahe Chicago. Und trotzdem: Luft nach oben gebe es noch viel, sagt der Forscher.
Li-Ionen-Akkus speichern heute nicht nur mehr als doppelt so viel Energie pro Gewicht wie die ersten kommerziellen Versionen von Sony aus dem Jahr 1991, sie sind auch zehnmal billiger. Doch die Batterien stoßen bald an ihre Grenzen. Künftige Li-Ionen-Akkus dürften höchstens 30 Prozent mehr Energie pro Gewicht fassen, erwarten die meisten Forscher. Mit diesen aufladbaren Batterien wird ein Elektroauto also niemals an die Reichweite eines Benzintanks herankommen, die bei gut 800 Kilometern liegt. Und auch energiehungrige Smartphones werden sich damit nicht über etliche Tage mit Strom versorgen lassen.
2012 erhielt das JCESR 120 Millionen US-Dollar vom Energieministerium der Vereinigten Staaten, um den Nachfolger der Li-Ionen-Technologie zu entwickeln. Das erklärte Ziel des Forschungszentrums: Innerhalb von nur fünf Jahren sollen Batterien entstehen, die – in den Dimensionen eines handelsüblichen Akkus für Elektroautos – eine fünfmal höhere Energiedichte aufweisen und fünfmal preisgünstiger sind als der gegenwärtige Standard. Bis 2017 gilt es demnach eine Energiedichte von 400 Wattstunden pro Kilogramm (Wh/kg) zu erreichen.
Crabtree bezeichnet dieses Ziel als "sehr ambitioniert"; Jeff Dahn, ein erfahrener Batterieforscher an der Dalhousie University im kanadischen Halifax, nennt es "unmöglich". Die Energiedichte von aufladbaren Batterien stieg seit den anfänglichen Blei-Nickel-Akkus der 1900er Jahre lediglich um das Sechsfache. Dennoch, so Dahn, lenke das Ziel des JCESR die Aufmerksamkeit auf Technologien, die entscheidend sind für den Umstieg auf erneuerbare Energien – so ließe sich beispielsweise Solarenergie für die Nacht oder einen regnerischen Tag speichern. Und das Forschungszentrum steht bei Weitem nicht allein da. Zahlreiche Forscherteams und Unternehmen in Asien, Amerika und Europa versuchen die Lithium-Ionen-Technologie von ihrem Thron zu stürzen.
Lithium-Schwefel-Akkus könnten bald mithalten
Anfang vergangenen Jahres gab der Chemieingenieur Elton Cairns bekannt, dass er einen viel versprechenden, aber bisher problembehafteten Batterietyp in den Griff bekommen habe: Seine münzgroßen Akkuzellen hatte er über mehrere Monate hinweg immer wieder aufgeladen und entladen, trotzdem waren sie noch erstaunlich leistungsfähig. Bis Juli 2013 durchliefen seine Batterien am Lawrence Berkeley National Laboratory im kalifornischen Berkeley insgesamt 1500 Ladezyklen und hatten dabei nur die Hälfte ihrer Kapazität eingebüßt [1] – dieses Ergebnis kann sich mit den besten Lithiumionen-Akkus messen.
Seine Batterien basieren auf der Lithium-Schwefel-Technologie (Li-S), die mit extrem kostengünstigen Materialien auskommt und theoretisch fünfmal mehr Energie pro Gewicht speichern kann als Lithiumionen-Akkus (in der Praxis, nehmen Wissenschaftler an, wird es wohl nur doppelt so viel sein). Die Idee, Li-S-Batterien herzustellen, gibt es bereits seit 40 Jahren, doch anfänglich überstanden die Akkuzellen nie mehr als etwa 100 Ladezyklen. Doch inzwischen glauben viele Forscher, dass dieser Zellentyp am ehesten zum wirtschaftlich rentablen Nachfolger von Li-Ionen-Akkus aufsteigen könnte.
Anders als Li-Ionen-Akkus tragen Li-S-Batterien keinen "unnötigen Ballast" mit sich herum – ein entscheidender Vorteil dieses Typs, meint Cairns. Denn in der negativen Elektrode einer typischen Li-Ionen-Zelle werden die Lithiumionen in Graphit eingelagert, und das kostet vergleichsweise viel Platz. Durch einen flüssigen Elektrolyten wandern diese Ionen zur positiven Elektrode aus einem Metalloxid. Um diese Ladungen auszugleichen, können in einem externen Stromkreis nun Elektronen und damit ein elektrischer Strom fließen – das Prinzip aller Batterien. Legt man dagegen eine Spannung an, kehrt sich der Elektronenfluss um, und auch die Lithiumionen bewegen sich zurück in die Graphitelektrode. Der Akku lädt sich wieder auf.
In einer Li-S-Batterie wird das Graphit durch ein wenig reines Lithiummetall ersetzt, das sowohl die Rolle der Elektrode als auch die der Lithiumionenquelle übernimmt: Entlädt der Akku, schrumpft das Material zusammen und gerät erst wieder in Form, wenn man die Zelle auflädt. Das Metalloxid wird derweil durch preisgünstigeres und leichteres Schwefel abgelöst, das zudem auch ein hervorragendes Depot für Lithium abgibt: Jedes Schwefelatom kann zwei Lithiumatome binden, während in gegenwärtigen Akkus ein Atom des Elektrodenmaterials durchschnittlich weniger als ein Lithiumion bindet. Das alles verschafft der Li-S-Technologie einen deutlichen Gewichts- und Kostenvorteil.
Nanotechnologie gegen ein Austrocknen der Batterie
Die Reaktion zwischen Lithium und Schwefel führt allerdings zu einem Problem. Wird die Batterie aufgeladen und entladen, können lösliche Li-S-Verbindungen in den Elektrolyten sickern und diesen allmählich zersetzen, so dass die Zelle schließlich austrocknet. Um das zu verhindern, greift Cairns tief in die Trickkiste der Nanotechnologie und Elektrolytchemie: Er versetzt beispielsweise seine Schwefelelektrode mit Graphenoxid als Bindemittel und nutzt eigens entwickelte Elektrolyte, in denen sich Lithium und Schwefel nicht so gut lösen. Laut Cairns könnte eine handelsübliche Batterie eine Energiedichte von rund 500 Wh/kg erreichen. Andere Labore berichten von ähnlichen Ergebnissen, sagt er.
Manche Forscher bezweifeln, dass der wissenschaftliche Erfolg auch einen wirtschaftlichen nach sich zieht. Denn in den Laboren verwendet man häufig geringe Anteile von Schwefel und große Elektrolytmengen, womit sich zwar relativ leicht arbeiten, aber keine Batterie mit einer hohen Energiedichte herstellen lässt. Erhöht man den Schwefel- und verringert den Elektrolytanteil, berichtet Steve Visco, würde die Zelle häufiger verkleben. Beim Akkuhersteller PolyPlus in Berkeley – nur fünf Kilometer westlich von Cairns Labor – tüftelte der Forscher mehr als 20 Jahre an der Li-S-Technologie. Eine alltagstaugliche Batterie zu entwickeln, die über einen weiten Temperaturbereich einsetzbar und kostengünstig ist, hält Visco ebenfalls für knifflig.
Mindestens ein Unternehmen glaubt aber noch an eine erfolgreiche Zukunft von Li-S-Akkus: Oxis Energy in Abingdon, Großbritannien. Man habe große Zellen über bemerkenswerte 900 Ladezyklen betrieben, und das bei Energiedichten, die mit den gegenwärtigen Li-Ionen-Akkus mithalten. Zusammen mit Lotus Engineering – einer Firma in Ann Arbor, Michigan – arbeitet Oxis daran, bis 2016 eine Energiedichte von 400 Wh/kg für ein Elektrofahrzeug zu erreichen.
Magnesiumionen-Batterie – mehr Leistung pro Ion
Als das leichteste Metall im Periodensystem bietet Lithium einen enormen Gewichtsvorteil. Dennoch sollte die nächste Akkugeneration auf schwerere Elemente wie Magnesium umsteigen, meinen einige Forscher. Schließlich tragen Lithiumionen jeweils nur eine elektrische Ladung, zweifach ionisierte Magnesiumatome dagegen zwei – im gleichen Volumen ließe sich damit deutlich mehr elektrische Energie freisetzen.
Doch auch Magnesium stellt die Forscher vor Herausforderungen: Während Lithium schnell durch Elektrolyt und Elektroden huscht, bewegt sich Magnesium mit seinen zwei Ladungen wie durch Sirup.
Peter Chupas vom Argonne National Laboratory arbeitet mit dem JCESR zusammen und schießt hochenergetische Röntgenstrahlen auf Magnesium in verschiedenen Elektrolyten. Auf diese Weise hofft er herauszufinden, warum dieses Element so viel Widerstand erfährt. Der Batterieforscher und seine Kollegen konnten bereits zeigen, dass Magnesium in jedem beliebigen Lösungsmittel eine starke Anziehungskraft auf Sauerstoffatome ausübt und dadurch umgebende Moleküle um sich ansammelt, die es sperriger machen. Diese Art von Grundlagenforschung ist unerlässlich auf dem Weg zu einer besseren Batterie, sagt Crabtree, aber sie wird in der Regel nicht von der Industrie durchgeführt. "Die typischen Forschungs- und Entwicklungsabteilungen arbeiten nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum und machen keine Grundlagenforschung", erläutert er. Genau hier stellt das JCESR einen großen Gewinn dar.
Kristin Persson, ebenfalls vom Lawrence-Berkeley-Labor, simuliert das Innenleben von potenziellen neuen Akkus mit Hilfe eines Supercomputers, um so eine Kombination von Elektroden und Elektrolyten aufzuspüren, durch die Magnesium leichter hindurchwandern kann. "Momentan berechnen wir die Daten von rund 2000 verschiedenen Elektrolyten", berichtet die Materialwissenschaftlerin.
Persson und Gerbrand Ceder vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge haben die Firma Pellion Technologies mit Sitz in Cambridge gegründet, um diesen neuartigen Batterietyp zu entwickeln. Über ihre Ergebnisse lassen sie nur wenig nach außen dringen; bisher veröffentlichte das Unternehmen nur eine einzige Studie über Elektrolyte [2]. Eine Reihe von Patenten im vergangenen Jahr deutet allerdings darauf hin, dass Pellion Technologies offenere Elektrodenstrukturen entwickelt, damit die Magnesiumionen schneller fließen. Große Elektronikfirmen wie Toyota, LG, Samsung und Hitachi arbeiten ebenfalls an solchen Zellen und geben – abgesehen von gelegentlichen Teasern – auch nur wenig Informationen preis.
Während sich die Unternehmen in Schweigen hüllen, durchforstet Persson weiter das "Elektrolytgenom", wie sie es nennt. Der Ansatz mit dem Supercomputer könnte auch bei der Suche nach Batterien mit anderen mehrfach ionisierten Metallatomen (oder "mehrwertigen Ionen") helfen, etwa im Fall von Aluminium und Kalzium. Jetzt sei vor allem Geduld gefragt, meint Ceder: An Li-Ionen-Akkus werde bereits seit 40 Jahren geforscht. "Wir wissen noch sehr wenig über mehrwertige Ionen", so der Materialwissenschaftler.
Lithium-Sauerstoff-Akkus könnten den Durchbruch bedeuten
Winfried Wilcke, der sich selbst als "äußerst glücklichen Besitzer eines Tesla S" beschreibt, macht dieses Elektrofahrzeug dafür verantwortlich, dass er inzwischen seine Meinung über die Prioritäten in der Batterieforschung geändert hat.
Als Leiter des Bereichs Nanowissenschaften und -technologie bei IBM im kalifornischen San Jose stieß Wilcke vor fünf Jahren ein Projekt an, in dem er Akkus für Elektroautos mit einer Reichweite von 800 Kilometern entwickeln wollte. Anfangs konzentrierte er sich auf das Nonplusultra – zumindest in der Theorie – der elektrochemischen Stromspeicherung mit hoher Energiedichte: die Oxidation von Lithium mit Sauerstoff aus der Luft. Solche "atmenden" Batterien haben einen erheblichen Gewichtsvorteil gegenüber anderen Typen, da sie einen der Hauptbestandteile nicht mit sich umhertragen müssen. Eine solche Lithium-Sauerstoff-Batterie (Li-O) dürfte theoretisch eine ähnliche Energiedichte wie Benzin erreichen – und damit heutige Akkus für Elektrofahrzeuge mehr als zehnfach übertreffen.
Doch nachdem Wilcke nun über 22 000 Kilometer mit seinem Tesla Roadster abgespult hat, scheint eine Reichweite von 400 Kilometern – die ihm heutige Akkus bereits bieten – vollkommen annehmbar. Das eigentliche Problem, so der Wissenschaftler, sei das Geld: Akkusätze für Elektroautos kosten mehr als 500 US-Dollar pro Kilowattstunde. "Was die allgemeine Akzeptanz von Elektroautos bremst, ist tatsächlich eher der Preis als die Energiedichte", sagt er. Aus diesem Grund favorisiert Wilcke inzwischen eine kostengünstigere atmende Batterie, die auf Natrium basiert. Theorien zufolge fällt die Energiedichte von Natrium-Sauerstoff-Batterien (Na-O) zwar nur halb so hoch aus wie bei Li-O-Akkus; das wäre aber immer noch fünfmal besser als bei Li-Ionen-Akkus. Zudem ist Natrium erschwinglicher als Lithium, und so hofft Wilcke, dass man dem von der JCESR und anderen gesetzten Ziel – 100 US-Dollar pro Kilowattstunde – mit dem Na-O-Ansatz etwas näher kommt.
Bislang erstickt die Luftbatterie nach kurzer Zeit
Wilckes Sinneswandel wurde zweifellos auch dadurch beeinflusst, dass viele die Hoffnung in die Li-O-Technik aufgegeben haben. Seit gut 20 Jahren versuchen Forscher, diesen Batterietyp voranzubringen, und kämpfen dabei vor allem mit unerwünschten Nebenreaktionen: Kohlenstoff im Elektrolyten und Elektrodenmaterial reagieren mit Lithium und Sauerstoff zu Lithiumkarbonat, wodurch in jedem Ladezyklus rund fünf bis zehn Prozent der Batteriekapazität verloren gehen. Nach etwa 50 Zyklen erstickt die Batterie buchstäblich. "Das Fazit lautet: Li-O-Batterien sind für Fahrzeuge ungeeignet", erklärt Stanley Whittingham von der Binghamton University in New York. Der Wissenschaftler hatte das Konzept der Li-Ionen-Batterien in den 1970er Jahren entwickelt und arbeitet nach wie vor daran, deren Leistung weiter zu steigern. Peter Bruce von der University of St Andrews in Schottland gehört zu jenen Forschern, die am Li-O-Akku festhalten. "Wir wissen heute schon genauer als noch vor ein paar Jahren, was es noch zu tun gilt", berichtet der Chemiker. Dennoch halten viele das Unterfangen für aussichtslos.
Wilckes Interesse für die atmende Natrium-Batterie geht auf den überraschenden Fund eines Teams um Jürgen Janek und Philipp Adelhelm von der Justus-Liebig-Universität Gießen im vergangenen Jahr zurück: Verglichen mit einem Li-O-Akku lädt sich ein Na-O-Akku demnach effizienter auf, und das ohne störende Nebenreaktionen [3]. "Wir haben es ausprobiert und waren ziemlich überwältigt", erzählt Wilcke. Außerdem, fügt er hinzu, läuft die Batterie mit preisgünstigen Elektroden und Elektrolyten. Janek und seine Kollegen haben inzwischen sogar nachgewiesen, dass sich die Batterie über mindestens 100 Zyklen reversibel betreiben lässt – nicht schlecht für diese noch junge Technologie. Der Chemieriese BASF arbeitet nun mit den Wissenschaftlern zusammen.
Dahn kann das nicht überzeugen. Denn noch wird heftig darüber diskutiert, wie diese atmenden Batterien den Sauerstoff aus der Luft extrahieren – eine schwere Filterapparatur dürfte ihren Vorsprung in puncto Energiedichte jedenfalls schmälern oder sogar zunichtemachen. "Na-O-Akkus sind nur ein kurzlebiger Trend", so Dahn. Wilcke würde dagegenwetten.
Stromspeicher im großen Stil
Donald Sadoways Vision einer zukünftigen Batterie erinnert an eine Schmelzhütte: In Kisten – so groß wie Container – stecken jeweils 20 kühlschrankgroße Stahlblöcke, die literweise geschmolzene Metalle und Salze enthalten, aufgeheizt auf 500 Grad Celsius.
Solche Batterien werden niemals in ein Auto passen, und auch was die pro Gewichtseinheit gespeicherte Energie angeht, können sie es nicht mit Li-Ionen-Akkus aufnehmen. Wenn es allerdings darum geht, Energie für das Stromnetz oder andere ortsgebundene Einsatzgebiete zu speichern, spielt Größe keine Rolle. An Stelle eines kleinen, leichten Akkus mit geballter Leistung benötigt man eine Batterie, die kostengünstig kleine bis große Mengen an Strom ohne viel Wartung speichern und wieder freigeben kann. Dieser Batterietyp soll 7000 Ladezyklen oder rund 20 Jahre durchhalten, so der Vorsatz beim JCESR.
"Es ist noch nichts entschieden", sagt Ceder. Energieversorger setzten beispielsweise eine Reihe von günstigen, unzeitgemäßen Bleiakkus ein oder stapelweise Li-Ionen-Batterien. Derzeit werden zahllose weitere chemische Kompositionen erprobt, darunter Zink-Luft- und Natriumionen-Batterien. Die meisten Technologien kosten bestenfalls fünfmal so viel wie die 100 Dollar pro Kilowattstunde, die sich das JCESR zum Ziel gesetzt hat.
Sadoway vom Massachusetts Institute of Technology entwickelt eine Alternative. Als Elektroden dienen dem Materialchemiker zwei Schichten aus geschmolzenem Metall, die durch ihre unterschiedlichen Dichten sowie durch eine Salzschmelze als Elektrolyten getrennt sind. Wandern Ionen zwischen den Metallschichten hin und her, quellen diese auf oder schrumpfen zusammen, wobei Energie gespeichert und freigesetzt wird. Da alles flüssig ist, kann auch nach Tausenden von Zyklen nichts brüchig werden, wie bei starren Elektroden teils der Fall.
Viel Energie zum Betrieb nötig
Doch um die Komponenten flüssig zu halten, muss man ständig Energie aufbringen – das missfällt Crabtree, Dahn und anderen Wissenschaftlern. Doch Sadoway zufolge liefern die Lade- und Entladevorgänge selbst genügend Wärme. Seine Firma – Ambri in Marlborough, Massachusetts – will noch in diesem Jahr einige Testbatterien in Hawaii und auf einer Militärbasis auf Cape Cod, Massachusetts, aufstellen, die jeweils einige Dutzend Kilowattstunden an Strom bereitstellen.
Andere Forschungsgruppen verfolgen weniger radikale Ansätze: Ihre so genannten Flussbatterien basieren auf zwei Flüssigkeiten, die Ionen über eine Membran austauschen. Die Flüssigkeiten können in Tanks außerhalb der Batterie aufbewahrt und bei Bedarf in die Batterie gepumpt werden. Auf diese Weise lassen sich größere Energiemengen ganz einfach mit Hilfe entsprechend größerer Tanks speichern. Dafür benötigt man allerdings Pumpen und Ventile, merkt Sadoway an, die gewartet werden wollen.
Handelsübliche Flussbatterien verwenden Vanadiumionen in der Flüssigkeit beidseits der Trennschicht. Doch sowohl Vanadium als auch die Membranen sind teuer: Die weltweit größte Flussbatterie in einem Windpark in China kostet vermutlich 1000 Dollar pro Kilowattstunde, schätzt Huamin Zhang vom Institut für chemische Physik der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Dalian. "Die Kosten für Vanadium treiben einen in den Ruin", sagt Michael Aziz von der Harvard University in Cambridge, Massachusetts.
Organische Chemikalien für günstige Flussbatterien
Ein Team um den Materialwissenschaftler vermeldete im Januar dieses Jahres, dass sich kostengünstige organische Verbindungen – so genannte Chinone – in einer Flussbatterie einsetzen ließen, gepaart mit einer herkömmlichen Flüssigelektrode, beispielsweise aus Brom [4]. Auch nach über 100 Ladezyklen zeigte sich das System noch leistungsstark. Aziz hofft, solche Batterien unter die magische Schwelle von 100 Dollar pro Kilowattstunde zu bekommen, aber "momentan haben wir hier nur einen kleinen Prototyp stehen", sagt er. "Die tatsächlichen Kosten abzuschätzen, wird erst möglich sein, wenn die Massenproduktion beginnt."
Crabtree hält das Konzept für "aussichtsreich" und erzählt, dass auch das JCESR mit organischen Chemikalien für Flussbatterien experimentiert. Ein anderer Ansatz, den das Forschungszentrum verfolgt, könnte man als Halb-Flussbatterie bezeichnen: Es befinden sich flüssiges Li-S und festes Lithium darin.
"Wir stehen noch am Anfang: Man erforscht wirklich bizarre Systeme, und alle wollen herausfinden, wie man die Lebensdauer steigern und die Kosten senken kann", schildert Dahn. Das JCESR für seinen Teil hofft, dass die Grundlagenforschung die vorhandenen Lücken füllen kann und die neuartigen Batterietypen bald Realität werden. "Das Feld jenseits der Lithiumionen-Akkus steckt voller Möglichkeiten", sagt Crabtree, "und ist noch nahezu unerforscht."
Dieser Artikel erschien unter dem Titel "The rechargeable revolution: A better battery" in Nature 507, S. 26–28, 2014.
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