Sexuelle Reife: Warum beginnt die Pubertät heute früher?
Zickenterror, Pickel und die erste große Liebe: Keine Phase im Leben ist so anstrengend wie die Pubertät. Eltern sehen ihrem Beginn meist mit Unbehagen entgegen, denn aus süßen Kindern werden nicht selten bockige Rebellen – und das immer früher!
Körperliche Veränderungen setzen immer früher ein
Biologisch setzt die Pubertät mit der vermehrten Produktion von Geschlechtshormonen ein. In Studien wird der Anfang jedoch meist an sichtbaren Veränderungen des Körpers festgemacht wie dem Einsetzen der Regelblutung oder dem Wachstum der Hoden. Wissenschaftler berichten weitgehend übereinstimmend: Der Pubertätsbeginn hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nach vorne verschoben.
So stellten etwa zwei dänische Studien mit mehr als 3500 Teilnehmern fest: Die Mädchen bekamen im Jahr 2006 mit durchschnittlich 13,1 Jahren und damit rund drei Monate früher ihre erste Regelblutung als noch 1991. Außerdem beginnt ihre Brust etwa ein Jahr früher, also bereits mit 9,9 Jahren, zu wachsen. Auch der männliche Hoden vergrößert sich der Erhebung zufolge fast drei Monate eher, mit 11,7 Jahren.
Übergewichtige Kinder kommen frühzeitiger in die Pubertät
Einer der Gründe für diese Entwicklung gilt als belegt: das zunehmende Übergewicht unter Jugendlichen. Mädchen bauen von Natur aus noch leichter Fettgewebe auf als Jungen. Das Entscheidende: In dem Fettgewebe entsteht der Botenstoff Leptin, der die Pubertät vorantreibt. Je dicker ein Kind, desto früher entwickelt es sich also zum Erwachsenen.
Einen direkten Einfluss der Ernährung ergab auch eine Analyse der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn aus dem Jahr 2012. Ein Team um den Ernährungswissenschaftler Guo Cheng folgerte anhand verschiedener Studien, dass Kinder, deren Ernährung sehr viel tierisches Eiweiß aus Milchprodukten und Fleisch enthält, etwa sieben Monate früher in die Pubertät kommen als Kinder, die ihren Eiweißbedarf vor allem mit pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Hülsenfrüchten decken.
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Kunststoffpartikel beschleunigen die sexuelle Reife
Neben zunehmendem Übergewicht wird auch der Einfluss von Kunststoffpartikeln in der Umwelt auf den Pubertätsbeginn diskutiert. Die winzigen Teilchen können eine hormonähnliche Wirkung entwickeln.
Vor allem so genannte Bisphenole stehen im Verdacht, die sexuelle Reife zu beschleunigen. Sie stecken etwa in Getränken aus Plastikflaschen oder in Lebensmitteln aus Konservendosen. Tierversuche haben gezeigt, dass Bisphenole ähnlich wie Östrogene wirken. Ihr Einfluss auf den Menschen ist jedoch schwer nachweisbar, da es (fast) keine Menschen auf der Welt gibt, die den Plastikpartikeln nicht ausgesetzt sind, also in Studien eine Vergleichsgruppe bilden könnten.
Das frühe Einsetzen der Pubertät bedeutet nicht nur, dass Kinder heute eher selbstständig werden: Es kann auch negative Folgen haben. Bei übergewichtigen Mädchen etwa führt der frühzeitige Anstieg des Östrogenspiegels dazu, dass sich die Wachstumsfugen der Knochen schneller schließen. Dadurch bleiben sie kleiner als normalgewichtige Jugendliche. Häufig wird von frühreifen Kindern auch erwartet, dass sie sich erwachsener verhalten, als sie in ihrem Alter fähig sind. Wenn die körperliche Entwicklung zu schnell voranschreitet, kann die Psyche oft nicht mithalten.
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