Kompaktlexikon der Biologie: Fotoperiodismus
Fotoperiodismus, Bez. für die Fähigkeit von Lebewesen, die Tageslänge (Fotoperiode) und somit auch die Jahreszeit zu bestimmen. Tiere sind dadurch z.B. in der Lage, Winterschlaf, Fellwechsel oder ihre Fortpflanzung an den Jahresgang anzupassen.
Bei Pflanzen sind Prozesse wie die Blühinduktion, der Beginn der Winterruhe oder die Ausbildung von Speicherorganen fotoperiodisch gesteuert. Von zentraler Bedeutung für alle durch F. gesteuerten Phänomene ist das Vorhandensein einer inneren Uhr, die als endogene Referenz auf exogene Licht- und Dunkelperioden fungiert, sodass sich im Jahresverlauf ändernde Tageslängen überhaupt erst einen Einfluss haben können.
Zu den klassischen Versuchen zählen die in den 1920er-Jahren durch W. Garner und H. Allard durchgeführten Experimente zur fotoperiodischen Blühinduktion. Sie konnten die bis dahin gängige Annahme widerlegen, dass der Zusammenhang zwischen der Tageslänge und dem Blühbeginn auf die an längeren Tagen höhere Akkumulation von Fotosyntheseprodukten als an kürzeren Tagen zurückzuführen sei. Denn die von ihnen untersuchte Tabakmutante Maryland Mammoth kam nur im Winter bei kurzen Tagen („Kurztagen“) zur Blüte. Garner und Allard konnten diese Pflanzen jedoch auch im Sommer zur Blüte bringen, allerdings nur, indem sie diese nachmittags mit lichtdichten Zelten abdeckten. Damit war der Beweis erbracht, dass die Blühinduktion von der Tageslänge abhängig ist.
Heute werden Pflanzen ihrer Fotoperiodizität entsprechend in unterschiedliche Typen eingeteilt: Kurztagpflanzen blühen nur, wenn die Lichtphase relativ zur Dunkelphase kurz ist, wohingegen sich Langtagpflanzen genau umgekehrt verhalten. Die so genannten tagneutralen Pflanzen können sowohl im Kurztag, als auch im Langtag blühen. Dabei ist die Nachtlänge der kritische Faktor, der die Blühinduktion und spätere Blütenbildung kontrolliert. Dies ließ sich in so genannten Störlichtexperimenten nachweisen, bei denen die Dunkelphasen durch kurze Lichtphasen unterbrochen wurden. Die „innere Uhr“ zeichnet sich dabei durch eine Veränderung der Empfindlichkeit gegenüber Lichteinflüssen aus, wobei sich eine lichtempfindliche und eine lichtunempfindliche Phase miteinander abwechseln. Fällt Licht mit der fotosensitiven Phase zusammen, kommen Langtagpflanzen zur Blüte, wohingegen diese zeitliche Übereinstimmung bei Kurztagpflanzen das Gegenteil bewirkt ( vgl. Abb. ). Ein Störlicht von wenigen Minuten verhindert bei Kurztagpflanzen den Blühbeginn, während bei manchen Langtagpflanzen das einmalige Überschreiten der kritischen Tageslänge ausreicht, den irreversiblen Prozess der Blütenbildung auszulösen.
Störlichtexperimente ( vgl. Abb. ) dienten auch dazu, die am F. beteiligten Fotorezeptoren zu ermitteln. Dabei stellte sich heraus, dass Rotlichtrezeptoren am F. beteiligt sein müssen. Dadurch konnten die Phytochrome identifiziert werden, die bei Pflanzen zahlreiche weitere Entwicklungsprozesse steuern (Fotomorphogenese). Wie bei anderen durch diese Fotorezeptoren kontrollierten Phänomenen auch, reicht ein Hellrotblitz bei Langtagpflanzen, die unter Kurztagbedingungen, d.h. mit langen Nächten angezogen werden, aus, um die Blütenbildung zu induzieren. Folgt dem ersten Lichtblitz ein Dunkelrotblitz, verharren die Pflanzen in der vegetativen Phase. Dieses typische Verhalten der Hellrot-Dunkelrot-Reversibilität weist eindeutig auf die Rolle des Phytochrom-Systems bei der fotoperiodischen Blühinduktion hin. Phytochrom-Mutanten von Arabidopsis thaliana und der Erbse haben dies bestätigt. Inzwischen ist zudem bekannt, dass auch Blaulichtrezeptoren am F. beteiligt sind. So ergab die Analyse bestimmter Arabidopsis-Mutanten, dass z.B. eine Mutation in einem Cryptochrom-Gen die Blühinduktion verzögert.
Fotoperiodismus: Regulation der Blütenbildung. Kurztagpflanzen blühen nur, wenn die kritische Nachtlänge überschritten wird. Langtagpflanzen verhalten sich genau umgekehrt. Gezeigt wird, wie durch Störlicht die fotoperiodische Blühinduktion gezielt beeinflusst werden kann
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