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Kompaktlexikon der Biologie: Zwillingsforschung

Zwillingsforschung, Forschungsgebiet, das mit Hilfe der Analyse von Zwillingen (Zwillingsstudien) die Konstanz von Merkmalen sowie den Einfluss von Erbgut und Umwelt auf bestimmte Merkmale untersucht. Begründet wurde die Z. durch F. Galton. Durch Vergleich von zweieiigen Zwillingen, eineiigen, gemeinsam aufgewachsenen Zwillingen und eineiigen Zwillingen, die getrennt aufgewachsen sind (nur etwa 150 Fälle bekannt), können die oben genannten Fragestellungen untersucht werden. So kann z.B. die Übereinstimmung (Konkordanz) von Zwillingen in ihren Merkmalen bzw. deren Verschiedenheit (Diskordanz) bei Vergleich verschiedener Zwillingspärchen Aufschluss darüber geben, ob bestimmte physiologische Parameter eher genetisch oder eher durch die Umwelt beeinflusst werden. Die Konkordanzwerte aus solchen Untersuchungen lassen z.B. vermuten, dass Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Asthma, aber auch der Blutdruck in Ruhe sowie sein Anstieg unter Stress genetisch stark beeinflusst werden. Merkmale, die überwiegend genetisch festgelegt sind, wie z.B. Blutgruppe, Augenfarbe, Fingerabdrücke, werden als umweltstabil bezeichnet und u.a. dazu benutzt, um Zwillinge als eineiig identifizieren zu können. Bei umweltlabilen Merkmalen hingegen ist die genetisch festgelegte Reaktionsbreite weiter, innerhalb derer sie sich in Abhängigkeit von Umweltbedingungen entwickeln können. Die Zwillingsforschung ist in letzter Zeit, seit auch in der Humangenetik vermehrt mit cytogenetischen und molekulargenetischen Methoden gearbeitet wird, etwas in den Hintergrund getreten. Sie ist jedoch nach wie vor von Interesse bei der Frage nach dem Einfluss von Erbgut und Umwelt auf Verhaltensmuster und auf die Intelligenz. Bei der Untersuchung dieser Fragen werden vor allem getrennt aufgewachsene eineiige Zwillinge untersucht. Die bekannteste dieser Studien ist ein im Jahr 1981 begonnenes Forschungsprojekt an der Universität von Minnesota, das immer noch andauert und in dessen Verlauf bislang rund 7000 Zwillinge untersucht wurden. Im Mittelpunkt der Studie stehen eineiige Zwillinge, die getrennt aufgewachsen sind. Als „Kontrollgruppe“ dienen zweieiige Zwillinge, die getrennt aufgewachsen sind. Das Spektrum der Untersuchungen umfasst die Erhebung medizinischer und physiologischer Daten, psychologische Untersuchungen und unterschiedliche Intelligenztests sowie die Erfragung von Lebensgeschichte, Gewohnheiten, Vorlieben und Abneigungen. Die bislang veröffentlichten Zwischenergebnisse lassen mit aller Vorsicht vermuten, dass die Individualität des Menschen stärker genetisch geprägt ist als bislang angenommen.

  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Biol. Elke Brechner (Projektleitung)
Dr. Barbara Dinkelaker
Dr. Daniel Dreesmann

Wissenschaftliche Fachberater:
Professor Dr. Helmut König, Institut für Mikrobiologie und Weinforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Professor Dr. Siegbert Melzer, Institut für Pflanzenwissenschaften, ETH Zürich
Professor Dr. Walter Sudhaus, Institut für Zoologie, Freie Universität Berlin
Professor Dr. Wilfried Wichard, Institut für Biologie und ihre Didaktik, Universität zu Köln

Essayautoren:
Thomas Birus, Kulmbach (Der globale Mensch und seine Ernährung)
Dr. Daniel Dreesmann, Köln (Grün ist die Hoffnung - durch oder für Gentechpflanzen?)
Inke Drossé, Neubiberg (Tierquälerei in der Landwirtschaft)
Professor Manfred Dzieyk, Karlsruhe (Reproduktionsmedizin - Glück bringende Fortschritte oder unzulässige Eingriffe?)
Professor Dr. Gerhard Eisenbeis, Mainz (Lichtverschmutzung und ihre fatalen Folgen für Tiere)
Dr. Oliver Larbolette, Freiburg (Allergien auf dem Vormarsch)
Dr. Theres Lüthi, Zürich (Die Forschung an embryonalen Stammzellen)
Professor Dr. Wilfried Wichard, Köln (Bernsteinforschung)

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