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Lexikon der Geographie: Hochschulstandort

Hochschulstandort, Standort von Hochschulen; hängen von den Gründungsmotiven, dem Träger der Hochschulen (Staat, Länder, Kommunen, Private), der Zeitperiode ihrer Gründung, gesetzlichen Rahmenbedingungen und von kulturellen Traditionen ab. Bei den ersten Universitätsgründungen in Europa zwischen dem 14. und 18. Jh. waren die politischen und religiösen Machtinteressen der Territorialherren von ausschlaggebender Bedeutung. Die Nachfrage der Bevölkerung nach höherer Bildung oder wirtschaftliche Argumente spielten damals noch keine Rolle. Mächtige Herrscher waren bestrebt, in ihrer Residenzstadt ein Zentrum des Wissens zu schaffen und damit Einfluss auszuüben. Deshalb ist es z.B. kein Zufall, dass die erste Universität in Deutschland (in den heutigen Grenzen) in Heidelberg gegründet wurde (1386). Der damals in Heidelberg residierende Kurfürst Ruprecht I, der Gründer der Universität, war aufgrund seiner Funktionen (Reichsvikar, Erztruchsess) der mächtigste der vier weltlichen Kurfürsten. Heidelberg stellte damals ein Zentrum der Reichspolitik dar. Nach der Reformation bekamen die machtpolitischen Motive noch einen zusätzlichen konfessionellen Aspekt; nun wurden Universitäten als "geistiges Bollwerk" gegen die andere Konfession errichtet. Einer katholischen Universität wurde häufig eine protestantische gegenübergestellt und umgekehrt. Die Gründung der Universität von Halle a.d.S. hatte z.B. das Ziel, eine Gegenposition der Reformierten gegenüber den lutherischen Universitäten von Leipzig, Wittenberg und Jena zu schaffen. Die Universität Bonn wurde 1818 gegründet, um einen Gegenpol zum katholischen Köln zu schaffen. Die Standortdichte der alten Universitäten in Deutschland hängt demnach eng mit der territorialen und konfessionellen Gliederung des Landes zusammen. Bis zum Ende des 18. Jh. gab es südlich der Linie Duisburg – Helmstedt – Frankfurt a.d.O. ein viel dichteres Hochschulnetz als nördlich dieser Linie. Konflikte zwischen Universitätsangehörigen und Bürgern, zwischen Universität und Obrigkeit oder zwischen den Konfessionen führten in dieser frühen Phase zur Gründung mehrerer Exodus-Universitäten wie z.B. Leipzig (1409), Greifswald (1456) oder Gießen (1607). Das Motiv, in bestimmten Regionen politischen oder kulturellen Einfluss auszuüben, hielt bis ins 20. Jh. an. Die Universität Straßburg (1872) sollte nach dem Krieg gegen Frankreich den deutschen Einfluss in Elsaß-Lothringen stärken. Die Gründung der Universitäten Mainz und Saarbrücken nach dem 2. Weltkrieg durch die französische Besatzungsmacht stand mit den (territorialen) Interessen Frankreichs in Verbindung. An der Wende vom 19. zum 20. Jh. traten bei Hochschulgründungen vor allem wirtschaftliche Motive in den Vordergrund. Technische Hochschulen und stark praxisbezogene Handelshochschulen sollten nun in den Verdichtungsräumen die schon bestehenden Universitäten ergänzen und die Nachfrage der Wirtschaft bedienen. Bei der Gründungsphase in den 1960er- und 70er-Jahren standen gesellschafts- und raumordnungspolitische Argumente im Vordergrund. Viele dieser Universitäten wurden in strukturschwachen und peripheren Gebieten errichtet, die bisher noch keine Hochschule und eine niedrige Studentendichte hatten. Von dieser Dezentralisierung der Hochschulstandorte erwartete man sich einerseits eine Entlastung der überfüllten Massenuniversitäten in den städtischen Agglomerationen und andererseits eine Anhebung der Studierquote sowie wirtschaftliche und gesellschaftliche Impulse für die strukturschwachen Regionen. Der Zeitgeist dieser Phase war von der Machbarkeit gesellschaftlicher Veränderungen, der Ausblendung von Qualitätsunterschieden zwischen Hochschulen und quantitativen Richtwerten wie z.B. Anfahrtszeiten für Studierende geprägt.
Ein völlig anderes Standortkonzept verfolgten die US-amerikanischen Universitäten. Die frühen Universitätsgründungen (Harvard) folgten zwar noch europäischen Vorbildern und wurden in oder in der Nähe von Städten gegründet, die Gründungen in der zweiten Hälfte des 19. Jh. waren jedoch Campus-Universitäten. 1862 wurde durch den Morril Act festgelegt, dass jeder amerikanische Bundesstaat mindestens ein staatliches College haben müsse. Zur Finanzierung dieser Colleges wurden bundeseigene Ländereien (land grants) herangezogen. Diese Campus-Universitäten wurden oft in der Mitte zwischen größeren Städten auf der "grünen Wiese", weit entfernt von den Zentren der politischen Macht, errichtet.
Genau das entgegengesetzte Prinzip wurde bei japanischen Universitätsgründungen verfolgt. Alle kaiserlichen Universitäten des 19. und frühen 20. Jh. wurden ausschließlich in historisch bedeutenden Großstädten errichtet. Hochschulregion, Bildungsgeographie.

PM

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Grafik:
Mathias Niemeyer (Leitung)
Ulrike Lohoff-Erlenbach
Stephan Meyer

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