Lexikon der Neurowissenschaft: Gehirnkreislaufsystem
Gehirnkreislaufsystem s,Ecerebrovascular system, das Blutgefäßsystem des Gehirns. Das Gehirn ist nach der Niere das am besten durchblutete Organ, 750 ml Blut fließen pro Minute durch das Gehirn eines Erwachsenen. Das Nervengewebe ist auf ständige Sauerstoff- und Glucosezufuhr (Glucose) angewiesen; eine Unterbrechung der Blut- bzw. Sauerstoffzufuhr für mehr als 10 Minuten führt zu irreparablen Hirnschäden. Um zu gewährleisten, daß alle Bereiche bedarfsgerecht versorgt werden, weist das Gehirnkreislaufsystem mehrere Besonderheiten auf: 1) Das Gehirn wird aus unterschiedlichen Quellen mit arteriellem Blut versorgt. Die rechte und linke Arteria vertebralis, die über das Foramen magnum das Schädelinnere erreichen, versorgen überwiegend die hintere Hirnhälfte (Vertebrobasilarsystem), während die rechte und linke Arteria carotis interna nach einem komplizierten Verlauf durch den Carotiskanal die vordere Hirnhälfte und das Auge versorgen (Carotissystem). 2) Es bestehen zahlreiche Verbindungen (Anastomosen) zwischen den Hirngefäßen. Die 4 Hauptarterien sind an der Hirnbasis über einen kreisförmigen Anastomosenring (Circulus arteriosus cerebri) miteinander verbunden. Die beiden Arteriae cerebri posterior, Endäste der aus der Vereinigung der rechten und linken Arteria vertebralis entstandenen Arteria basilaris, geben je einen Ramus communicans posterior ab. Diese verbinden das Vertebrobasilarsystem mit dem Carotissystem. Bei vielen Säugetieren sind die Arteriae cerebri posterior Endäste des Carotissystems; dann verbindet der Ramus communicans posterior die Arteria cerebri posterior mit der Arteria cerebelli anteriorsuperior. Ein Ramus communicans anterior verbindet die beiden Arteriae cerebri anterior miteinander und schließt so den Kreis. Ein allmählicher Verschluß einer der 4 Hauptäste kann über den Circulus arteriosus kompensiert werden. Auch zwischen den Endverzweigungen der Hirnarterien gibt es zahlreiche Verbindungen, die allerdings individuell sehr verschieden ausgeprägt sein können. Deshalb ist bei einem Schlaganfall, d.h. dem Verschluß von Ästen der Hirnarterien, die Größe des zerstörten Hirnbezirks von Patient zu Patient sehr unterschiedlich. 3) Die Blutflußregulation ist weitgehend unabhängig vom peripheren Kreislauf (Hirndurchblutung). 4) Der venöse Abfluß über Hirnvenen und Hirnsinus ist nicht durch Venenklappen blockiert, sondern steht im Gegenteil immer offen. Angioarchitektonik.
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