Ökologie: Das Rätsel von Rapa Nui
Ein karges, baumloses Eiland, gerade mal 24 Kilometer lang und nicht einmal halb so breit, das etwa 3500 Kilometer von der Küste Chiles entfernt isoliert im Pazifik liegt und heutzutage von weniger als 6000 Menschen bewohnt ist – die Osterinsel bietet auf den ersten Blick wenig Aufregendes. Ohne die meterhohen steinernen "Moai", die im Landesinneren geschlagen und unter großem Aufwand überall an den Küsten aufgestellt wurden, wäre die von den Ureinwohnern Rapa Nui genannte Insel vielleicht niemals in den Fokus der Wissenschaft geraten. Doch diese Monumente sprechen für eine einst blühende Kultur, die wenig mit den Beschreibungen der europäischen Entdecker gemein hat, die am Ostersonntag 1722 dort an Land gingen.
Tatsächlich verraten Pollen in Sedimentkernen: Als die nach heutigem Wissen aus Polynesien stammenden ersten Siedler um 1200 die Insel erreichten, gediehen dort fast überall Palmen, zumeist Jubaea chilensis, die Honigpalme. Der amerikanische Wissenschaftler Jared Diamond beschrieb daher 2005 in seinem Buch "Kollaps" sehr plakativ die These, die Ureinwohner hätten diese Ressource zu exzessiv ausgebeutet und so die Ökologie Rapa Nuis zerstört – mit verheerenden Folgen für sie selbst. Nicht nur trugen die Palmnüsse und der zuckerhaltige Saft des Stamms zur Ernährung bei, das Holz war zudem der einzige Werkstoff für Häuser und Kanus sowie gutes Brennmaterial. Indem die Menschen Wäldchen niederbrannten, gewannen und düngten sie auch Ackerflächen. Je mehr die Bevölkerung wuchs, desto stärker wurde die Ressource übernutzt. Die maximale Einwohnerzahl schätzte Diamond anhand der archäologischen und paläoökologischen Daten auf rund 15 000. Die europäischen Seefahrer trafen deutlich weniger an: Ihre Aufzeichnungen sprechen von ein paar tausend bis zu wenigen hundert. Um 1680 sei die Insel fast vollständig entwaldet gewesen, beschleunigt durch Krieg und Kannibalismus hätte sich der "Ökozid" in nur wenigen Jahrzehnten vollzogen. ...
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