Monumente I: Steinerne Symbole einer neuen Zeit
"Als ich zum ersten Mal zwischen den riesigen Megalithen stand, kam ich mir klein und unbedeutend vor. Ich konnte kaum glauben, dass das hier 11 000 Jahre alt ist!" erinnert sich Oliver Dietrich. Der Berliner Archäologe gräbt seit zehn Jahren auf dem Göbekli Tepe, doch die steinzeitliche Kultstätte hat für ihn nichts an Faszination eingebüßt. Schon der Berg ist etwas Besonderes: 800 Meter ragt er am nördlichen Rand der Harran-Ebene in Ostanatolien empor; bei gutem Wetter reicht der Blick bis nach Syrien. Auf dem Plateau haben deutsche und türkische Forscher in den letzten 20 Jahren sechs monumentale Anlagen freigelegt. Georadardaten weisen auf mindestens 14 weitere hin. Gewaltige Steinpfeiler kamen zu Tage, manche mehr als fünf Meter hoch. Die meisten sind kunstvoll mit Hochreliefs verziert, von denen viele archaisch wirkende Tiere zeigen.
Was Prähistoriker verblüfft, ist vor allem das enorme Alter der Anlage. Der Göbekli Tepe liegt am Nordrand des Fruchtbaren Halbmonds, also an jenem Bogen von der südlichen Levante über Nordsyrien bis in den Irak hinein, in dem einst Ackerbau und Viehzucht ihren Anfang genommen haben. Doch das geschah erst etliche Jahrhunderte nach dem Bau des Bergheiligtums! Unter den Tierknochen vom Göbekli Tepe fand sich nicht ein einziges Haustier, dafür aber Gazellen, Auerochsen, Wildesel, Hirsche und Wildschweine, außerdem Reste diverser Wildpflanzen. Die Erbauer der Monumente sind demnach Jäger und Sammler gewesen – und denen hatte man dergleichen nicht zugetraut. Denn Bauprojekte solcher Größenordnung setzten die Versorgung einer großen Zahl von Arbeitern über einen längeren Zeitraum voraus sowie eine gesellschaftliche Struktur, die es ermöglichte, derartige Projekte zu koordinieren. Zudem haben nicht sesshafte Gruppen selten das Bedürfnis, Botschaften dauerhaft in Stein zu fixieren und eigene Ideen in Architektur umzusetzen ...
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