Wohnungslosigkeit: Kein Dach über der Seele
Willi ist eine eindrucksvolle Gestalt: fast zwei Meter groß, Vollbart, breite Oberarme voller selbst gestochener Tätowierungen und Brandnarben, ein verschmitztes Grinsen auf den Lippen. Hieronymus Arthur Willi Jacker, so heißt er mit vollem Namen. Wir treffen uns in einer Bar in Greifswald, in der er arbeitet. Also springt er während des Interviews immer mal wieder auf, um einen Cocktail zu mixen oder einem Gast die Rechnung zu bringen.
Fast zwei Jahre lang war der heute 30-Jährige obdachlos. Er hatte damals Zoff mit der Familie, "Luxusprobleme", sagt er heute. Mit 18 beschloss er dann aus einer Laune heraus, die Schule abzubrechen, die väterliche Wohnung in Oranienburg zu verlassen und fortan in den Tag hineinzuleben. Was als jugendliche Trotzreaktion anfing, entwickelte sich schnell zu einem handfesten Problem: Er wurde heroinsüchtig, stieg später auf Alkohol um. Dazu kamen Depressionen, Selbstverletzungen, Suizidversuche.
Das alles hat Willi hinter sich gelassen. Inzwischen studiert er Englisch und Geschichte auf Lehramt, nebenbei jobbt er und spielt mehrmals in der Woche Rugby. "Seit Dezember 2004 bin ich clean und trocken – kein Heroin, kein Tropfen Alkohol. Dass ich trotzdem in einer Bar arbeite, ist für mich ein ständiger Beweis, dass ich das durchziehen kann", sagt er ...
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