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Forschung aktuell: Symmetriebrüche in der Natur
Es braucht eine gehörige Portion Mut, gepaart mit fundiertem Wissen, die großen Fragen des Lebens zu stellen. Die diesjährigen Physiknobelpreisträger hatten beides. Und so fanden sie zumindest Teilantworten auf zwei alte Menschheitsfragen: "Warum gibt es überhaupt etwas?" und "Warum ist die Welt so vielgestaltig?"
Alle drei Laureaten sind Experten auf dem Gebiet der Teilchenphysik und haben sich mit einem Problem beschäftigt, das Laien eher seltsam vorkommen dürfte: dem Bruch von Symmetrien. In der Physik spielt es aber eine zentrale Rolle. Dahinter steckt die Beobachtung, dass sich die Welt gewöhnlich indifferent gegenüber Symmetrieoperationen verhält. Ob wir zum Beispiel eine Szene real oder im Spiegel sehen, können wir im Prinzip nicht unterscheiden. Das Spiegelbild erfüllt dieselben physikalischen Gesetze. Diese Symmetrieeigenschaft nennen Physiker Parität (P).
Ebenso wenig sollten wir es merken, wenn plötzlich jedes Teilchen des Universums gegen seinen Antimaterie-Partner ausgetauscht würde. Beide unterscheiden sich nur durch das Vorzeichen bestimmter Quantenzahlen wie der elektrischen Ladung. Das Gegenstück des Elektrons in der Anti-Welt ist also positiv geladen, hat aber sonst dieselben Eigenschaften. Ändert man bei allen Teilchen einfach das Vorzeichen der Ladung, gelten die Gesetze des Elektromagnetismus und der klassischen Mechanik nach wie vor. Allgemein heißt diese Symmetrie-Eigenschaft "Invarianz unter Ladungskonjugation" und wird mit C für charge (englisch für "Ladung") abgekürzt.
Beide Symmetrien waren für die Physiker lange Zeit selbstverständlich. Deshalb wirkte es wie ein Schock, als 1956 die späteren Nobelpreisträger Tsung Dao Lee und Cheng-Ning Yang herausfanden, dass die Spiegelsymmetrie keineswegs immer gilt, sondern beim radioaktiven Zerfall geringfügig verletzt ist. Wie sich zeigte, hat das eine tiefe Ursache: Eine der vier fundamentalen Kräfte, nämlich die schwache Kraft, wirkt nur auf Partikel mit einer bestimmten Schraubenrichtung in ihrem Spin – bildlich gesprochen, auf Exemplare mit einem Links- statt einem Rechtsdrall. Aus dem gleichen Grund gilt auch, dass der radioaktive Zerfall in einer Welt aus Antiteilchen ein anderes Ergebnis liefert als im uns vertrauten Kosmos.
Wenn ein fundamentales Konzept scheitert, suchen Physiker so viel wie möglich davon zu retten. So fanden sie auch in diesem Fall einen annehmbaren Ersatz: Kombiniert man eine Raumspiegelung mit einer Ladungskonjugation, sollte die Symmetrie wieder gelten; denn dann kompensieren sich die Effekte der schwachen Kraft gerade. Deshalb trösteten sich die Physiker mit dem Gedanken, die Natur sei zumindest invariant gegen eine solche CP-Transformation. Doch 1964 rissen sie James Cronan und Val Fitch jäh auch aus dieser Illusion. Die beiden Forscher untersuchten den Zerfall eines relativ exotischen Elementarteilchens namens Kaon und seines Antiteilchens und fanden heraus, dass das Ergebnis auch bei Raumspiegelung unterschiedlich ist.
Was konnte der Grund dafür sein? Es dauerte acht Jahre, bis die beiden japanischen Forscher Toshihide Maskawa und Makoto Kobayashi die Lösung des Rätsels fanden – eine Leistung, für welche die inzwischen 68- und 64-jährigen Wissenschaftler nun je ein Viertel des Physiknobelpreises erhielten. Damals, Anfang der 1970er Jahre, war bereits bekannt, dass es Quarks gibt, aus denen sich beispielsweise die Protonen und Neutronen des Atomkerns, aber eben auch die Kaonen zusammensetzen. Nachgewiesen waren das up-, down- und strange-Quark. Diese können sich, wie man ebenfalls wusste, ineinander umwandeln. Der italienische Physiker Nicola Cabibbo hatte die Übergangswahrscheinlichkeiten dafür berechnet. Sie steckten in einer Matrix mit zwei Zeilen und Spalten. Deren Einträge waren vier reelle Zahlen.
Als Kobayashi und Maskawa diese Matrix genauer in Augenschein nahmen, entdeckten sie, dass bei einer Erweiterung auf drei Zeilen und Spalten zusätzlich so genannte komplexe Phasen auftreten. Diese aber können, so die Erkenntnis der beiden Forscher, die beobachtete Verletzung der CP-Symmetrie erklären. Allerdings warf die Erweiterung ein Problem auf ...
Alle drei Laureaten sind Experten auf dem Gebiet der Teilchenphysik und haben sich mit einem Problem beschäftigt, das Laien eher seltsam vorkommen dürfte: dem Bruch von Symmetrien. In der Physik spielt es aber eine zentrale Rolle. Dahinter steckt die Beobachtung, dass sich die Welt gewöhnlich indifferent gegenüber Symmetrieoperationen verhält. Ob wir zum Beispiel eine Szene real oder im Spiegel sehen, können wir im Prinzip nicht unterscheiden. Das Spiegelbild erfüllt dieselben physikalischen Gesetze. Diese Symmetrieeigenschaft nennen Physiker Parität (P).
Ebenso wenig sollten wir es merken, wenn plötzlich jedes Teilchen des Universums gegen seinen Antimaterie-Partner ausgetauscht würde. Beide unterscheiden sich nur durch das Vorzeichen bestimmter Quantenzahlen wie der elektrischen Ladung. Das Gegenstück des Elektrons in der Anti-Welt ist also positiv geladen, hat aber sonst dieselben Eigenschaften. Ändert man bei allen Teilchen einfach das Vorzeichen der Ladung, gelten die Gesetze des Elektromagnetismus und der klassischen Mechanik nach wie vor. Allgemein heißt diese Symmetrie-Eigenschaft "Invarianz unter Ladungskonjugation" und wird mit C für charge (englisch für "Ladung") abgekürzt.
Beide Symmetrien waren für die Physiker lange Zeit selbstverständlich. Deshalb wirkte es wie ein Schock, als 1956 die späteren Nobelpreisträger Tsung Dao Lee und Cheng-Ning Yang herausfanden, dass die Spiegelsymmetrie keineswegs immer gilt, sondern beim radioaktiven Zerfall geringfügig verletzt ist. Wie sich zeigte, hat das eine tiefe Ursache: Eine der vier fundamentalen Kräfte, nämlich die schwache Kraft, wirkt nur auf Partikel mit einer bestimmten Schraubenrichtung in ihrem Spin – bildlich gesprochen, auf Exemplare mit einem Links- statt einem Rechtsdrall. Aus dem gleichen Grund gilt auch, dass der radioaktive Zerfall in einer Welt aus Antiteilchen ein anderes Ergebnis liefert als im uns vertrauten Kosmos.
Wenn ein fundamentales Konzept scheitert, suchen Physiker so viel wie möglich davon zu retten. So fanden sie auch in diesem Fall einen annehmbaren Ersatz: Kombiniert man eine Raumspiegelung mit einer Ladungskonjugation, sollte die Symmetrie wieder gelten; denn dann kompensieren sich die Effekte der schwachen Kraft gerade. Deshalb trösteten sich die Physiker mit dem Gedanken, die Natur sei zumindest invariant gegen eine solche CP-Transformation. Doch 1964 rissen sie James Cronan und Val Fitch jäh auch aus dieser Illusion. Die beiden Forscher untersuchten den Zerfall eines relativ exotischen Elementarteilchens namens Kaon und seines Antiteilchens und fanden heraus, dass das Ergebnis auch bei Raumspiegelung unterschiedlich ist.
Was konnte der Grund dafür sein? Es dauerte acht Jahre, bis die beiden japanischen Forscher Toshihide Maskawa und Makoto Kobayashi die Lösung des Rätsels fanden – eine Leistung, für welche die inzwischen 68- und 64-jährigen Wissenschaftler nun je ein Viertel des Physiknobelpreises erhielten. Damals, Anfang der 1970er Jahre, war bereits bekannt, dass es Quarks gibt, aus denen sich beispielsweise die Protonen und Neutronen des Atomkerns, aber eben auch die Kaonen zusammensetzen. Nachgewiesen waren das up-, down- und strange-Quark. Diese können sich, wie man ebenfalls wusste, ineinander umwandeln. Der italienische Physiker Nicola Cabibbo hatte die Übergangswahrscheinlichkeiten dafür berechnet. Sie steckten in einer Matrix mit zwei Zeilen und Spalten. Deren Einträge waren vier reelle Zahlen.
Als Kobayashi und Maskawa diese Matrix genauer in Augenschein nahmen, entdeckten sie, dass bei einer Erweiterung auf drei Zeilen und Spalten zusätzlich so genannte komplexe Phasen auftreten. Diese aber können, so die Erkenntnis der beiden Forscher, die beobachtete Verletzung der CP-Symmetrie erklären. Allerdings warf die Erweiterung ein Problem auf ...
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