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Vor fünfzig und vor hundert Jahren


1947

Auf der Krim wurde in der Nähe der Stadt Simferopol – durch eine Expedition der sowjetischen Akademie der Wissenschaften – eine bisher unbekannte Hauptstadt des Skythen-Reiches entdeckt, die im 4. Jahrhundert vor Christus den Höhepunkt ihrer Macht gehabt hat. In 20 großen Höhlen, deren Wände mit kunstvollen Ornamenten reich verziert waren, wurden zahlreiche Gräber gefunden, darunter auch ein Kaisergrab mit Waffen aus Eisen und über 700 Goldgegenstände skythischer und griechischer Arbeit. Die aufgefundenen Weinbehälter lassen darauf schließen, daß diese Stadt mit Athen und Rhodos, mit dem Chersones und mit Ägypten Handel getrieben hat. Die Ausgrabungen werden fortgesetzt. (Universitas, 2. Jg., Heft 9, September 1947, Seite 1140)

Seismische Ergebnisse der Helgoland-Sprengung. Am 18. April 1947 wurden 6000 to Munition (die angegebene Menge schwankt, je nachdem ob nur der Sprengstoff oder ob auch die Sprengstoffumhüllungen mit angegeben werden) auf Helgoland zu Detonation gebracht. Seismische Wellen wurden bis in 1000 km Entfernung beobachtet. Bei dieser Sprengung wurden erstmalig Pn-Einsätze beobachtet, die bisher nur aus Aufzeichnungen natürlicher Beben bekannt sind. Die Ankunftszeiten ergaben für Pn eine Geschwindigkeit von 8,1 km/s; in dem Beobachtungsgebiet NW-Deutschland laufen diese Wellen in ungefähr 27 km Tiefe. Diese exakte Tiefenbestimmung, die um höchstens 3 km unsicher sein kann, ist für viele Überlegungen von entscheidender Bedeutung. Eine weitere höhere Grenzfläche liegt in 11 km Tiefe. Die Longitudinal-Geschwindigkeit in dieser Schicht, von 11 bis 30 km Tiefe, beträgt 6,4 km/s. Die obere Grenze 11 km ist nicht in allen in Nordwest-Deutschland seismisch vermessenen Gebieten gleich. Bei der Helgoland-Sprengung wurde in östlicher Richtung als geringste Tiefe 5 km bestimmt. (Die Naturwissenschaften, 34. Jg., Heft 9, 1947, ausgegeben im Juni 1948, Seite 288)

Bericht zum Uranbrenner. Schließlich wurden zu Beginn des Jahres 1945 alle bisherigen Erfahrungen zu einem letzten Versuch im Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik vereinigt, das inzwischen sein Kernlaboratorium in das Städtchen Haigerloch in Hohenzollern verlagert hatte. In einem Kessel mit 1500 l schwerem Wasser wurden rund 1,5 to Uranmetall in Form von Würfeln aufgehängt. Das ganze wurde umgeben mit einem Kohlemantel, der sich seinerseits in normalem Wasser befand. Oben war eine Öffnung ("Kamin") angebracht, durch die das schwere Wasser und die Neutronenquelle in die fertig aufgebaute Anlage eingeführt werden konnten. Seitlich befanden sich "Sonden" zum Messen der Neutronenintensität. Anfangs nahm die Neutronenvermehrung beim Einfüllen des schweren Wassers verhältnismäßig stark zu, so daß es schien, als ob die kritische Größe er-reicht werden könne. Das bestätigte sich jedoch nicht. Die Quellenneutronen wurden schließlich auf das rund siebenfache vermehrt; der Multiplikationsfaktor war k = 1,11, der höchste, der je erreicht wurde. Die theoretische Auswertung ergab, daß bei einer Vergrößerung des Versuches um etwa 50 vom Hundert die kritische Größe erreicht worden wäre. (Göttinger Universitäts-Zeitung, 2. Jg., 5. September 1947, Seite 5)


1897

In äußerst sinnreicher Weise hat der bekannte Physiker, Professor Mach in Wien, ermöglicht, eine Gewehrkugel im Fluge zu photographieren. Dem photographischen Apparate gegenüber steht ein foliierter Hohlspiegel aus Glas, neben der Kammer eine Leydener Flasche, die im gegebenen Augenblicke sich entladet und durch ihren Funken Lichtstrahlen nach dem Spiegel sendet. Diese werden von letzterem reflektiert und vereinigen sich vor einem durchsichtigen Schirm, der vor dem Objektive der Kammer steht. Die aus einem Mannlichergewehr abgeschossene Kugel bewirkt automatisch, daß sich die Leydener Flasche in dem Augenblick entladet, wo die Kugel in dem sonst ganz dunklen Zimmer sich gerade zwischen dem Spiegel und dem Schirm befindet, also durch die reflektierten Lichtstrahlen beleuchtet wird. In diesem sehr kurzen Augenblicke der Entladung erscheint das Bild der Kugel auf dem Schirm und wird auf der photographischen Platte fixiert. Das auf diese Weise von dem Sohne des Professors Mach, einem jungen Mediziner, gewonnene Bild zeigt unsre Abbildung, die zugleich die verschiedene Dichtigkeit der gewaltsam bewegten Luftschichten erkennen läßt. (Das neue Universum, 18. Jahrgang, 1897, Seite 347 bis 348)

Blaublindheit. Während Fälle von angeborener Rothblindheit und Grünblindheit vielfach beobachtet und eingehend untersucht sind, war eine nach der Young-Helmholtzschen Theorie von den drei Grundfarben Roth, Grün und Blau, gleichfalls mögliche Blaublindheit noch niemals zur Beobachtung gelangt. Dies war um so auffallender, als in den letzten Jahren die Untersuchungen der Augen auf ihre Farbentüchtigkeit aus rein praktischen Gründen einen grossen Umfang gewonnen haben, so dass die Existenz dieser Anomalie, obwohl ein Postulat der erwähnten Theorie, mit Recht allgemein bezweifelt wurde. Um so überraschender ist daher die Thatsache, dass der Augenarzt Herr Richard Simon bei einer Reihe von 25 Kranken, die theils an Netzhautentzündung, theils an Ablösung der Retina litten, Blaublindheit aufgefunden hat, von denen 9 zu eingehenderer Untersuchung geeignete Fälle von Herrn König einer physikalisch-optischen Prüfung unterworfen wurden. (Naturwissenschaftliche Rundschau, XII. Jg., Nr. 38, 1897, Seite 487)

Merkwürdige Versuche mit flüssiger Luft. Professor Dewar in London hat seinen früheren Versuchen einige neue angereiht. Wenn man einen Wasserstoffstrom durch flüssigen Sauerstoff leitet und diesen Strahl entzündet, so setzt sich die Verbrennung ins Innere der Flüssigkeit fort, und das durch die Verbrennung des Wasserstoffes entstandene Wasser steigt in der Form von Schnee an die Oberfläche der Flüssigkeit. (Die Umschau, 1. Jg., No 38, 18. September 1897, Seite 687)



Aus: Spektrum der Wissenschaft 9 / 1997, Seite 121
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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