Kosmologie: ALMA sieht scharfen Einsteinring
ALMA, das Atacama Large Millimeter/submillitmeter Array in Chile entwickelt sich zu der Entdeckungsmaschine, die sich die Astronomen weltweit bei ihrem Bau erhofften. Nun lieferte ALMA die bislang besten Bilder eines so genannten Einsteinrings. Dieser entsteht durch die Schwerkraft einer vorgelagerten Galaxie, die das Licht einer anderen, weit hinter ihr befindlichen Welteninsel – SDP.81 – einfängt und dabei verstärkt. Da eine solche Gravitationslinse kein perfektes optisches System ist, wird dabei das Bild der Hintergrundgalaxie stark verzerrt. Befindet man sich wie im Fall von SDP.81 praktisch exakt auf der optischen Achse der Gravitationslinse, so wird das Licht zu einem Ring verzerrt. Diesen Effekt hatte der Physiker Albert Einstein schon im frühen 20. Jahrhundert vorhergesagt, so dass solche Abbildungen nach ihm benannt werden.
Das Forscherteam um Catherine Vlahakis nutzte nun ALMA, um das vom europäischen Infrarotsatelliten Herschel entdeckte Gravitationslinsenbild SDP.81 mit höchster räumlicher Auflösung zu untersuchen. Dabei wurden alle 64 Antennen eingesetzt, die im maximalen Abstand über das Chajnantor-Plateau in Chile verteilt waren, so dass sich Basislängen von 15 Kilometern ergaben. Damit erreichte ALMA seine maximale Auflösung von 23 Millibogensekunden (eine Bogensekunde ist der 3600ste Teil eines Grads). Dies entspricht im Fall von SDP.81 einer Ausdehnung von 590 Lichtjahren in einer berechneten Entfernung von rund zwölf Milliarden Lichtjahren. Das Licht, das wir im Einsteinring sehen, wurde also zu einer Zeit ausgesandt, als das Universum nur rund 15 Prozent seines heutigen Alters erreicht hatte. SDP.81 hat eine Rotverschiebung von z = 3,042, was sich in eine Entfernung von zwölf Milliarden Lichtjahren umrechnen lässt. Als Linse wirkt eine elliptische Galaxie im Vordergrund, die "nur" rund vier Milliarden Lichtjahre von uns entfernt ist. Der Einsteinring erstreckt sich über rund drei Bogensekunden, erscheint also etwa so groß wie der Planet Neptun an unserem Himmel.
Die schärfsten Bilder nahm ALMA bei Wellenlängen zwischen ein und zwei Millimetern auf, sie zeigen die Strahlung von warmem Staub in der Hintergrundgalaxie. In diesem Wellenlängenbereich ist der Einsteinring nicht geschlossen, sondern besteht aus zwei unterschiedlich langen Ringbögen. Aufnahmen, die mit ALMA im Bereich der Wellenlängen von Kohlenmonoxid (CO) und Wasser (H2O) entstanden, zeigen dagegen, dass der Ring tatsächlich geschlossen ist. Allerdings haben diese Karten eine etwas geringere räumliche Auflösung.
Eine andere Forschergruppe um Matus Ryback vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching nutzte die ALMA-Daten dafür, das Aussehen der gelinsten Galaxie zu rekonstruieren. Dafür modellierten sie die Massenverteilung in der Vordergrundgalaxie und konnten so die Abbildungsfunktion und den Verstärkungsfaktor der Gravitationslinse berechnen. Letzterer beträgt 17,6. Aus der Abbildungsfunktion erzeugten die Forscher dann ein entzerrtes Bild der weit entfernten Hintergrundgalaxie. Es zeigt, dass die dort die Sternentstehung in drei unterschiedlichen Regionen konzentriert ist. Die Forscher stellten fest, dass in SDP.81 rund 315 +/– 60 Sonnenmassen pro Jahr in Sterne umgewandelt werden, etwa 100-mal mehr als derzeit in unserem Milchstraßensystem.
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