Ornithologie: Der Sieger nimmt sie alle
Lauben bauen, sich farbenprächtig aufplustern, singen und tanzen - Vogelmännchen legen sich bei der Balz ins Zeug, um Rivalen auszustechen. Der südamerikanische Fadenpipra wählt eine andere Taktik, denn er schart seine Konkurrenten um sich: je mehr, desto besser.
Sie sind die Entertainer des südamerikanischen Dschungels: Pipras, auch Schnurrvögel genannt, singen, tanzen und rasseln sich in die Herzen von Weibchen und Ornithologen gleichermaßen. Der Keulenschwingenpipra etwa schlägt und reibt seine Flügel mit Vehemenz aneinander, als ob Geigenklänge durch den Wald tönen. Dem amerikanischen Entertainer Michael Jackson könnte der Gelbhosenpipra Konkurrenz machen – mit einem superben Moonwalk, wie ihn die ehemalige US-Showgröße nicht besser hinbekäme: Mit extrem wuseligen Schritten bewegt er sich so schnell rückwärts den Ast entlang, dass es aussieht, als bewegte er seine Füße nicht.
Seit Langem studieren Thomas Ryder von der University of Missouri in St. Louis und seine Kollegen, warum sich die Tiere auf derartige Massenveranstaltungen einlassen – anhand der Fadenpipras, die ebenfalls gruppendynamische Dance-Ins nutzen, um mit ausgeklügelten Choreografien ihre Holden zu erobern. Diesem dankbaren, weil farblich wie vom Verhalten her aparten Studienobjekt verpasste die "Bild"-Zeitung zu Zeiten der WM 2006 wegen des charakteristischen Federkleids sogar den Titel des "schwarzrotgeilen Vogels".
Nun wollten die Biologen in einem weiteren Schritt herausfinden, ob und wie sich die Gesamtzahl der Go-go-Tänzer auf den tatsächlichen Bruterfolg der Herren im Lek auswirkt: Dominieren sie auch am Nistplatz – oder gelingt es dem einen oder anderen Wasserträger, heimlich sein Erbgut ebenfalls unterzubringen? Über die Jahre hinweg studierten die Forscher dafür mehr als 400 Fadenpipras (Pipra filicauda) in den Regenwäldern des Yasuní-Nationalparks in Ecuador – inklusive deren Blutproben, mit denen verwandtschaftliche Beziehungen aufgedeckt werden sollten.
An insgesamt 13 verschiedenen Leks versammelten sich zur Paarungszeit immer wieder zwischen vier und zwölf Männchen unterschiedlichen sozialen Rangs, von denen einige sogar zwischen den einzelnen Arenen pendelten, um mehreren Alphatieren zu dienen. Ein Aufwand, der sich für sie jedoch nicht auszahlte: Wie erwartet, produzierten die höchstrangigen Pipras mit dem besten Podium und eigenem Revier fast den gesamten Nachwuchs – in einem Fall zeugte eines dieser Tiere mit verschiedenen Partnerinnen 20 von 24 Küken, die im Umfeld des Leks ausgebrütet wurden. Nur zwei Prozent der Nestlinge stammten insgesamt dagegen von revierlosen Vagabunden, die trotz geringer Darbietungszeit bei den Weibchen irgendwie zum Zug kamen.
Warum sich diese für die Männchen sehr Kräfte zehrende Gemeinschaftsbalz durchgesetzt hat, können Ryder und Co bislang nicht sagen: Womöglich kommen im Gemeinschaftstanz die Vorzüge der Hähne besser zur Geltung, oder aber sie belegen ihre 1a-Gene, in dem sie sich in möglichst viele Duelle stürzen. Immerhin winkt ihnen die Fortpflanzung. Während diese Alphatiere die Mädels im Sturm erobern, bleibt den Nebendarstellern vorerst nichts. Sie müssen hoffen, durch Knüpfen neuer Freundschaften in der Hierarchie aufzusteigen, bis ihnen irgendwann selbst zugetanzt wird. Bis dahin gilt für sie nur eine Devise: vom Vortänzer möglichst viel für die eigene Show lernen.
Blaubrustpipras wiederum versammeln sich zu Dutzenden auf Lichtungen im Wald, wo sie Gemeinschaftstänze praktizieren: An ihrem Balzplatz, dem Lek, springen sie in die Lüfte, drehen Pirouetten und machen rasante Platzwechsel – alles, um die sich einfindende Frauenjury auf den Zuschauerplätzen zu beeindrucken. Als Höchstnote winkt schließlich das Vaterglück und damit die überlebensnotwendige Weitergabe der eigenen Gene. Bei bis zu 50 sich aufopfernden Protagonisten fällt die Wahl allerdings schwer. Und so stellt sich die Frage, warum die Pipras sich eine derartige Mammutaufführung überhaupt antun: Führte eine Darbietung im kleinen Kreis nicht schneller ans Ziel, sprich in die Herzen der Umworbenen?
Seit Langem studieren Thomas Ryder von der University of Missouri in St. Louis und seine Kollegen, warum sich die Tiere auf derartige Massenveranstaltungen einlassen – anhand der Fadenpipras, die ebenfalls gruppendynamische Dance-Ins nutzen, um mit ausgeklügelten Choreografien ihre Holden zu erobern. Diesem dankbaren, weil farblich wie vom Verhalten her aparten Studienobjekt verpasste die "Bild"-Zeitung zu Zeiten der WM 2006 wegen des charakteristischen Federkleids sogar den Titel des "schwarzrotgeilen Vogels".
Während seiner Showeinlagen entstehen beispielsweise soziale Netzwerke oder regelrechte Seilschaften, in denen rangniedrigere Piprahähne dem Alphatänzer zuarbeiten: Sie helfen ihm, andere Artisten von den besten Ästen zu verdrängen, umrahmen seine Darbietungen zum Gesamtkunstwerk und sorgen so dafür, dass der Fred Astaire aus ihren Reihen bestmöglich zur Geltung kommt. Wie Ryders Team in einer früheren Untersuchung herausgefunden hat, erobert der vortanzende Galan damit nicht nur das Revier, sondern auch die Herzen der anwesenden Mädels: Ziel erreicht.
Nun wollten die Biologen in einem weiteren Schritt herausfinden, ob und wie sich die Gesamtzahl der Go-go-Tänzer auf den tatsächlichen Bruterfolg der Herren im Lek auswirkt: Dominieren sie auch am Nistplatz – oder gelingt es dem einen oder anderen Wasserträger, heimlich sein Erbgut ebenfalls unterzubringen? Über die Jahre hinweg studierten die Forscher dafür mehr als 400 Fadenpipras (Pipra filicauda) in den Regenwäldern des Yasuní-Nationalparks in Ecuador – inklusive deren Blutproben, mit denen verwandtschaftliche Beziehungen aufgedeckt werden sollten.
An insgesamt 13 verschiedenen Leks versammelten sich zur Paarungszeit immer wieder zwischen vier und zwölf Männchen unterschiedlichen sozialen Rangs, von denen einige sogar zwischen den einzelnen Arenen pendelten, um mehreren Alphatieren zu dienen. Ein Aufwand, der sich für sie jedoch nicht auszahlte: Wie erwartet, produzierten die höchstrangigen Pipras mit dem besten Podium und eigenem Revier fast den gesamten Nachwuchs – in einem Fall zeugte eines dieser Tiere mit verschiedenen Partnerinnen 20 von 24 Küken, die im Umfeld des Leks ausgebrütet wurden. Nur zwei Prozent der Nestlinge stammten insgesamt dagegen von revierlosen Vagabunden, die trotz geringer Darbietungszeit bei den Weibchen irgendwie zum Zug kamen.
Neben handfesten Kriterien wie Revierbesitz achteten die Pipradamen aber auch noch auf einen weiteren Punkt, der den Erfolg der Männchen offenkundig vorherbestimmt: den Grad ihrer sozialen Vernetzung. Je mehr Zuarbeiter ein Tänzer um sich schart, desto mehr Kinder zeugt er. Günstig wirkt es sich für ihn dabei vor allem aus, wenn es sich um eine Vielzahl subalterner Artgenossen handelt. Sie erhöhen relativ den Wert seiner tänzerischen Darbietung, ohne dass er fürchten muss, dass ihm Nebenbuhler mit annähernd gleichrangigem Status das Brutgeschäft vermiesen.
Warum sich diese für die Männchen sehr Kräfte zehrende Gemeinschaftsbalz durchgesetzt hat, können Ryder und Co bislang nicht sagen: Womöglich kommen im Gemeinschaftstanz die Vorzüge der Hähne besser zur Geltung, oder aber sie belegen ihre 1a-Gene, in dem sie sich in möglichst viele Duelle stürzen. Immerhin winkt ihnen die Fortpflanzung. Während diese Alphatiere die Mädels im Sturm erobern, bleibt den Nebendarstellern vorerst nichts. Sie müssen hoffen, durch Knüpfen neuer Freundschaften in der Hierarchie aufzusteigen, bis ihnen irgendwann selbst zugetanzt wird. Bis dahin gilt für sie nur eine Devise: vom Vortänzer möglichst viel für die eigene Show lernen.
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