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Serie Rohstoffe: Die Hightech-Gewürze

Sie stecken in Kondensatoren, Flachbildschirmen und Laptops und sind wichtige Wirtschaftsgüter: seltene Metalle und seltene Erden. Ihr Abbau aber hängt von komplexen geologischen, wirtschaftlichen und politischen Faktoren ab.
Salar de Uyuni
Ein paar Gramm Molybdän in Mammografen, eine dünn aufgedampfte Schicht Gallium auf der Fotovoltaikzelle, Spuren von Neodym in den Magneten moderner Elektroautos: Viele unserer Hightech-Produkte enthalten geringe Mengen an seltenen Metallen. Wie der Pfeffer auf dem Steak oder das Salz in der Gemüsesuppe verfeinern die so genannten Gewürzmetalle moderne Produkte und machen sie leistungsfähiger oder besser einsetzbar. Kondensatoren aus Tantal etwa ermöglichen die Verkleinerung von Mobiltelefonen oder Digitalkameras, Indium bildet eine leitende und transparente Schicht in Flachbildschirmen. Die Verfügbarkeit dieser Rohstoffe entscheidet darum maßgeblich über die Produktion und Weiterentwicklung zahlreicher moderner Technologien.

Salar de Uyuni | Zu den begehrten Rohstoffen für Hightech-Produkte gehört Lithium. Abgebaut wird es unter anderem in bolivianischen Salzseen. Chinesische Firmen drängen verstärkt in den südamerikanischen Markt, um sich die Vorräte zu sichern – und verschärfen damit die Konkurrenz für Unternehmen aus Deutschland.
"Allein in einem Computerchip werden derzeit etwa 70 Metalle verarbeitet", sagt Lorenz Erdmann vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung IZT in Berlin. "Und die Zukunftstechnologien werden bei bestimmten seltenen Metallen zu einer steigenden Nachfrage führen." Bei Gallium, das in Leuchtdioden und integrierten Schaltungen eingesetzt wird, geht das IZT in einer gemeinsamen Studie mit dem Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung ISI davon aus, dass sich der Bedarf bis 2030 versechsfacht. Bei Neodym, das zu den so genannten seltenen Erden zählt, wird der Bedarf bis 2030 vermutlich um den Faktor 3,6 steigen [1]. Könnten uns also in wenigen Jahren die Metalle für unsere Hightech-Produkte ausgehen?

Wann ist eine Ressource knapp?

Die Lage ist komplex. Während bei Gold etwa schlicht die Ressource knapp ist, hängt die Verfügbarkeit der einzelnen Gewürzmetalle von verschiedenen Faktoren ab. Gadolinium etwa, das in modernen Brennelementen von Kernreaktoren Verwendung findet, ist wirklich geologisch selten. Andere Elemente wie zum Beispiel Scandium sind im Erdreich sehr fein verteilt. Für sie gibt es keine klassischen Lagerstätten, die Gewinnung ist aufwändig und teuer, das Metall auf dem Weltmarkt daher knapp, auch wenn es eigentlich reichlich vorhanden ist.

Legt man die heute bekannten Lagerstätten und den zunehmenden Bedarf zu Grunde, haben viele seltene Metalle augenscheinlich nur noch eine begrenzte Reichweite: Die heute bekannten Reserven von Indium reichen der Studie von ISI und ITZ zufolge noch sechs Jahre, Tantal immerhin 25 Jahre.

Erzmine | Viele seltene Erden und seltene Metalle konzentrieren sich an wenigen Orten der Welt – oder verteilen sich sehr fein über große Flächen. Das macht den Zugang zu ihnen schwierig oder den Abbau sehr schwer: Hohe Preise sind die Folge.
Peter Buchholz von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) warnt aber davor, solche Schätzungen allzu wörtlich zu nehmen: "Die erfolgreiche Erkundung neuer Lagerstätten ist ein laufender Prozess, der von vielen Faktoren abhängt, etwa der Nachfrage, dem Preis, den Investitionen in die Rohstofferkundung und der Entwicklung neuer Technologien bei der Erkundung, beim Abbau und der Aufbereitung von Rohstoffen." Würden in Zukunft neue Lagerstätten erschlossen oder unser Verbrauch der Metalle durch nachhaltigeres Wirtschaften verringert, verschöben sich auch die Reichweiten. "Aus geologischer Sicht gibt es keine Versorgungsengpässe bei mineralischen Rohstoffen", sagt Buchholz. "Möglich sind aber kurzfristige Lieferengpässe aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen."

Gekoppelter Abbau

Ein Grund für solche möglichen Engpässe ist die Tatsache, dass viele Gewürzmetalle mit anderen Erzen vergesellschaftet sind, also gemeinsam vorkommen und nur gemeinsam abgebaut werden können. Indium etwa ist an Zink gekoppelt, der Abbau des Gewürzmetalls steht und fällt mit der Rentabilität der Zinkmine – denn für sich genommen lohnt der Abbau von Indium bislang nicht. Die Folge: Das Metall wird ein Spielball des Zinkmarktes. Als im Jahr 2006 beispielsweise die japanische Zinkhütte von Toyota geschlossen wurde, verringerte sich in Folge auch das Indiumangebot, der Preis für das Metall stieg rapide an.

Hinzu kommt: Die gefragten Metalle sind nicht gleichmäßig über die Erde verteilt. Besonders ausgeprägt ist dies bei den seltenen Erden, die neben den Gewürzmetallen eine wichtige Rolle in der modernen Technik spielen. Neben Neodym gehören beispielsweise Lanthan als Bestandteil von Abgaskatalysatoren oder Yttrium als Material für Heizdrähte in Massenspektrometern zu den seltenen Erden. Auch bei modernen LEDs, bei Keramik oder in Spezialgläsern kommen die Metalle zum Einsatz. Und ihr Absatzmarkt wächst. Das gilt insbesondere für Neodym. Die Verwendung des Metalls bei Magneten hat sich seit 2006 mehr als verdoppelt, und eines der zentralen Einsatzgebiete, das Elektroauto, steckt gerade erst in den Kinderschuhen.

China als Marktführer

Das Problem der seltenen Erden jedoch ist: Die bislang bekannten Vorkommen liegen zu 95 Prozent in der Volksrepublik China. Seit 2001 beträgt Chinas Anteil an der weltweiten Bergbauförderung der seltenen Erden über 90 Prozent, die Preise werden direkt zwischen Anbieter und Nachfrager ausgehandelt. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach den Metallen: 2007 wurden nach Angaben der BGR 123 700 Tonnen gefördert. In zwei Jahren soll der Abbau auf 180 000 bis 190 000 Tonnen pro Jahr steigen.

Trotz dieser Produktionssteigerungen aber gehen Experten davon aus, dass der Großteil der seltenen Erden China nicht verlassen, sondern vor Ort verarbeitet werden wird. "Das ist ein sehr heißes Eisen", sagt Lorenz Erdmann, "viele Firmen reden nicht gern darüber. Aber es stellt sich schon die Frage, ob die Industrie nicht langfristig dorthin abwandert, wo auch die seltenen Erden sind."

Auch die BGR geht in einer aktuellen Studie zu seltenen Erden davon aus, dass "Handelsbeschränkungen, Exportzölle und Ausfuhrbeschränkungen für seltene Erden zu ernsthaften Lieferengpässen führen" könnten. Für die Zeit nach 2012 sagen sie gar ein größeres Defizit für seltene Erden voraus, "dessen Deckung derzeit nicht absehbar ist und von der Entwicklung weiterer Explorationsprojekte abhängt".

Die USA haben auf die neue Marktsituation bereits reagiert und bereiten derzeit eine bislang als unrentabel geltende Mine für seltene Erden im kalifornischen Mountain Pass für den Abbau vor. "China und die USA gehen bei dieser Frage sehr viel strategischer vor als Europa", kritisiert Erdmann. "Sie haben längst erkannt, dass die Versorgung mit den exotischen Metallen in Zukunft ein entscheidender Wirtschaftsfaktor sein wird."

Politische Konflikte verschärfen Knappheiten

Auch bei den Gewürzmetallen ist die Lage der Lagerstätten manchmal problematisch, weil Abbaustätten nicht immer in politisch sicheren Regionen liegen. Im Kongo etwa führte der Coltanabbau zu einer Verschärfung des Bürgerkriegs, weil sich die Milizen dank der Gewinne aus den Minen mit Waffen versorgen konnten. "Kongos verfluchter Schatz" betitelte das ZDF eine Dokumentation zum Thema aus dem Jahr 2008. In Zeiten immer stärker verschränkter Abhängigkeiten haben politische Konflikte schnell ungeahnte Folgen für die Wirtschaft anderer Staaten. "Die politische Stabilität von Abbauländern ist ein wichtiges Thema", sagt auch Erdmann vom IZT.

Anders als etwa bei Kupfer gibt es für viele Gewürzmetalle zudem bislang keine wirtschaftlichen Techniken des Recyclings. Die Mengen der verwendeten Metalle sind oft zu gering, in vielen Produkten vermengen sich zahlreiche verschiedene Metalle. "Recycling ist keine triviale Frage", sagt Erdmann. "Wir haben bislang noch nicht gelernt, mit den exotischen Metallen nachhaltig zu wirtschaften." Genau dies aber werde langfristig nötig sein, um den wirtschaftlichen und politischen Unwägbarkeiten zu begegnen. "Ich bin mir sicher, dass auch die Politik diese Problematik erkennen wird", so Erdmann. "Die Frage ist nur, ob es dann nicht zu spät ist."

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