Beobachtungstipp: Eine helle Nova im Delfin
Hinweis: Dieser Artikel wurde erstmals am 15. August 2013 publiziert, wird aber wegen der fortschreitenden Entwicklung der Nova beständig aktualisiert. Letztes Update: 2. September 2013, 21 Uhr
Am nördlichen Sternhimmel können Sie derzeit einen "neuen Stern" sichten: Nahe der Grenze der beiden kleinen Sternbilder Delfin und Pfeil leuchtet die helle Nova Delphini 2013, sie lässt sich leicht mit einem Feldstecher beobachten. Bei ihrer Entdeckung am 14. August war sie rund 6 mag hell und steigerte ihre Leuchtkraft in den Folgestunden weiter. Gegen Mitternacht am 16. August hatte sie eine scheinbare Helligkeit von 5,0 mag überschritten und wurde von zahlreichen Beobachtern in Deutschland mit freiem Auge gesehen.
Ihr Maximum von 4,4 mag erreichte die Nova Delphini 2013 am 16. August gegen 14 Uhr MESZ (ursprünglich war die Maximalhelligkeit mit 4,3 mag angegeben; eine Mittelung aller Beobachtungswerte führte jedoch zu dem neuen Wert von 4,4 mag). Danach nahm ihre Helligkeit wieder ab, blieb aber dann für viele Stunden auf dem Niveau von 4,9 mag stabil. Erst ab dem Abend des 19. August fiel der Wert unter 5,0 mag. Aktuell (2. September) liegt die scheinbare Helligkeit bei 7 mag – die Nova kann also nicht mehr mit freiem Auge gesehen werden. (Eine aktuelle Lichtkurve finden Sie weiter unten in diesem Artikel.) Auch von ihrem spektralen Verhalten scheint nun das Maximum vorbei zu sein. Es ist aber damit zu rechnen, dass uns die Nova noch viele Tage, wenn nicht sogar Wochen oder Monate, als Beobachtungsobjekt für das Fernglas oder ein kleines Amateurteleskop erhalten bleibt.
Mit ihrer Maximalhelligkeit von 4,4 mag ist Nova Delphini 2013 die vierthellste Sternexplosion am nördlichen Sternhimmel seit 1975. Damals erreichte V1500 Cygni eine Maximalhelligkeit von 1,7 mag – sie war so hell, dass sie die markante Form des Sternbilds Schwan auf auffällige Weise veränderte. Nova Delphini 2013 liegt nur knapp hinter V1494 Aql, die 1999 in ihrem Maximum 4,1 mag hell wurde, und V1974 Cyg, die 1992 4,3 mag erreichte. Im Ranking aller bisher in der Geschichte registrierten Novae hat es Nova Delphini 2013 unter die Top 30 geschafft.
Die jetzige Nova leuchtet im Grenzgebiet der kleinen Sternbilder Delfin (Delphinus), Pfeil (Sagitta) und Füchschen (Vulpecula). Diese Sternbilder sind nicht so markant, weil ihre helleren Sterne zumeist der 4. und 5. Größenklasse angehören (also Helligkeiten um 4 beziehungsweise 5 mag haben). Am hellsten ist Gamma Sagittae im Pfeil (3,5 mag). Aber gerade dieser Umstand macht es nun leicht, die Nova Delphini 2013 aufzufinden, denn sie ist in ihrer Umgebung der hellste Stern.
Hier zunächst zwei Aufsuchkarten mit den Sternbildern Delfin und Pfeil – die eine als Karte von Andreas Schnabel, die andere als Foto in der "Entdeckungsnacht" der Nova:
Um die Nova zu finden, sollten Sie zunächst am Abendhimmel so gegen 22 Uhr MESZ die hellen Sterne des Sommerdreiecks, Wega in der Leier, Deneb im Schwan und Atair im Adler suchen. Wega steht derzeit fast im Zenit, und Atair finden Sie wesentlich näher zum südlichen Horizont. Der folgende Ausschnitt (erstellt mit Stellarium) zeigt die Situation am Abend des 16. August um 22 Uhr MESZ. Die Ansicht ist an den Folgeabenden ähnlich, allerdings rückt dann der zunehmende Mond noch näher an die interessierende Himmelsregion heran und stört die Sichtbarkeit der Nova.
Wenn Sie nun wieder ein Viertel der Strecke zwischen Atair im Adler und Wega in der Leier entlang nach Norden schauen, so stoßen sie auf das kleine, aber markante Sternbild Pfeil, dessen Spitze nach Osten weist. Die Pfeilspitze gibt annähernd die Richtung der Nova an. Östlich vom Pfeil zeigt sich der ebenfalls kleine Delfin, dessen Kopf durch eine markante Raute aus hellen Sternen gebildet wird. Wenn Sie jetzt eine Linie zwischen den Sternen Delta und Alpha ziehen und diese dann nach Nordwesten hin rund fünfmal verlängern, so erreichen sie die Nova. Die Himmelsposition liegt bei den Koordinaten 20h 23m 30,95s und +20° 46' 05".
Eine Weitwinkelaufnahme, entstanden am 16. August um 22.42 Uhr MESZ, zeigt das Sommerdreieck aus den Sternen Wega, Deneb und Atair und die Position der Nova (Pfeil):
Entdeckt wurde der Lichtausbruch vom japanischen Amateurbeobachter Koichi Itagaki in Yamagata am 14. August 2013 gegen 16 Uhr MESZ. Er war auf einen hellen Stern nahe der Grenze zwischen den Sternbildern Delfin und Pfeil gestoßen, der nicht in den Sternkarten verzeichnet ist. Über einen Mittelsmann meldete Itagaki seine Entdeckung an das "Central Bureau for Astronomical Telegrams (CBAT)" der Internationalen Astronomischen Union (IAU), die dem Objekt die vorläufige Bezeichnung PNV J20233073+2046041 gab und zu weiteren Beobachtungen aufrief. Zum Zeitpunkt der Entdeckung leuchtete das Objekt mit einer Helligkeit von 6,3 mag. Itagaki setzte für seine Beobachtungen ein 60-Zentimeter-Spiegelteleskop ein.
Nach dem Beobachtungsaufruf widmeten sich weltweit zahlreiche professionelle und Amateurastronomen dem "neuen Stern" und machten weitere Helligkeitsangaben. Bald nach der Entdeckung war klar, dass es sich bei dem Lichtausbruch um eine Nova handelte. Daher wird er jetzt von der IAU als "Nova Delphini 2013" geführt. Ein Team von russischen Astronomen um Denis Denisenko vermutet, dass die Nova mit dem im Regelfall rund 17,4 mag hellen Stern USNO-B1.0 1107-0509795 identisch ist. Demnach hätte dieser Stern bei dem Ausbruch seine Helligkeit um mehr als das 25 000-Fache gesteigert.
Novae ereignen sich in engen Doppelsternsystemen, die aus einem Weißen Zwerg und einem Hauptreihenstern oder Roten Riesen bestehen. Von letzteren strömt Materie in Richtung des Weißen Zwergs, sammelt sich dort wegen der Erhaltung des Drehimpulses zunächst in einer Akkretionsscheibe um den kompakten Sternrest an, um von dieser dann auf die Oberfläche zu fallen. Das heiße Gas, vornehmlich Wasserstoff, lagert sich dort nach und nach als Schicht auf der Oberfläche des Weißen Zwergs ab. Überschreiten schließlich in dieser Schicht Druck und Temperatur kritische Grenzwerte, so setzt schlagartig die Kernfusion von Wasserstoff zu Helium ein. Dabei werden enorme Mengen an Strahlung freigesetzt, der Weiße Zwerg gleißt in dieser thermonuklearen Explosion grell für wenige Tage bis Wochen auf und steigert seine Leuchtkraft um das Vieltausendfache. Dieser Vorgang kann sich in Abständen von einigen Jahren und Jahrzehnten wiederholen, dann wird von einer wiederkehrenden Nova gesprochen. Aber am Ort von Nova Delphini 2013 war bislang kein solcher veränderlicher Stern bekannt.
Wer selbst die Helligkeit der Nova Delphini 2013 mit den Helligkeiten anderer Sterne vergleichen möchte, findet im nachfolgenden Bild eine Aufsuchkarte der AAVSO, der American Association of Variable Star Observers. Eine weitere Aufsuchkarte mit kleinerem Bildausschnitt findet sich auf der Website der AAVSO.
Das Schätzen von Helligkeiten erfordert etwas Übung. Visuelle Beobachter nutzen dazu eine "Stufenmethode", indem sie die relativen Helligkeitsunterschiede zwischen einer Nova (oder eines veränderlichen Sterns) zu Vergleichssternen genau bekannter Helligkeit quantifizieren. Die erreichte Genauigkeit hängt dabei sowohl von der persönlichen Erfahrung als auch von den zur Verfügung stehenden Vergleichssternen ab. Wer die Stufenmethode trainieren möchte, kann die obige AAVSO-Karte verwenden, um anhand des folgenden Fotos die Helligkeit der Nova Delphini 2013 zu schätzen:
Beobachter auf der ganzen Welt haben sich an den Helligkeitsschätzungen beteiligt. Die bisherige Lichtkurve hat die AAVSO zusammengestellt:
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