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Panamakrankheit: Eine Welt ohne Bananen

Schon einmal vernichtete ein aggressiver Pilz den weltweiten Bananenanbau, nun bedroht er erneut die Ernten. Mit einem letzten Aufgebot könnten ihm Forscher noch Einhalt gebieten.
Bananen

Exotisch sind Bananen schon lange nicht mehr. Sie gehören heute so selbstverständlich ins Supermarktregal wie Äpfel und Kartoffeln. Die Früchte sind so beliebt, dass sie nach Reis, Weizen, Mais und Co den achten Platz der am häufigsten angebauten Nahrungsmittel belegen. Die weltweite Nachfrage hat ihren Preis: Exportbananen werden in Monokultur angebaut, was sie hochgradig anfällig macht für Krankheiten.

Der derzeitige Schrecken aller Plantagenbesitzer heißt Tropical Race 4 (TR4). Der bodenlebende Pilz (Fusarium oxysporum f. sp. cubense) löst die so genannte Panamakrankheit aus: Er befällt die Pflanzen über die Wurzeln und verstopft die Leitbahnen. Der Wasser- und Nährstofftransport versiegt, die Pflanze vertrocknet. Das Fatale an TR4: Es gibt kein wirksames Gegenmittel. Einmal im Boden, bleibt er dort, denn TR4 bildet Dauerstadien, so genannte Sporen, die mehrere Jahrzehnte in der Erde überleben.

In Taiwan brach die Panamakrankheit Ende der 1990er Jahre aus, es folgten Indonesien und Malaysia. Heute sind auch die Philippinen mit 6000 Hektar und China mit 40 000 Hektar Anbaufläche betroffen. Seit Jahren schon warnen Agrarexperten vor der Ausbreitung des Pilzes, seit einigen Monaten immer dringlicher: TR4 hat den Sprung aus Asien heraus geschafft und wurde in Afrika und erst vor ein paar Wochen in Nordaustralien nachgewiesen. Lateinamerika – das Hautanbaugebiet der Exportbananen – ist bislang noch frei von TR4.

FAO verabschiedet Maßnahmenkatalog

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ist alarmiert. "Wenn wir keine Vorkehrungen treffen, ist die weitere Ausbreitung von TR4 unvermeidlich. Die Folgen wären verheerend", sagt Fazil Dusunceli, Pflanzenschutzexperte der FAO in Rom. Der Pilz vernichtet die Lebensgrundlage vieler Kleinbauern und ihrer Familien, und Plantagenbesitzer verbuchen Ertragseinbußen in Millionenhöhe.

Die Lebensgrundlage von Kleinbauern | Bananen sind auch für kleinere Landwirtschaftsbetriebe wichtige Einkommensquellen. Der Pilz könnte sie besonders hart treffen. Dieser tansanische Bauer könnte von Projekten der FAO profitieren, mit denen die Auswirkungen der bevorstehenden Krise abgemildert werden sollen.

Die FAO hat darum Anfang des Jahres einen Maßnahmenkatalog zur Rettung der Banane verabschiedet. Gehandelt wird auch deswegen so entschlossen, weil sich die Geschichte zu wiederholen scheint: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts breitete sich die Panamakrankheit (Tropical Race 1 (TR1)) schon einmal in Lateinamerika aus. Dem Pilz fiel die damals vorherrschende Bananensorte "Gros Michel" zum Opfer. Noch heute schwärmen Kenner von ihrer Größe und ihrem Aroma. Nach und nach mussten Plantagenbesitzer sie durch die Sorte "Cavendish" ersetzen: kleiner, weniger schmackhaft und wegen ihrer dünneren Schale empfindlicher beim Transport – aber: resistent gegen TR1. 99 Prozent unserer Supermarktbananen gehören der Cavendish-Sorte an.

Doch die einst widerstandsfähige Cavendish erliegt nun ebenfalls der Panamakrankheit, die der neue Pilzstamm TR4 auslöst. Ein Déjà-vu mit einem gravierenden Unterschied: Anders als damals existiert keine TR4-resistente Ersatzbanane.

Obwohl weltweit intensiv an neuen, krankheitsresistenten Bananensorten gearbeitet wird. Immerhin setzt der Bananenhandel jährlich 33 Milliarden Euro um. Doch die Zucht der gelben Früchte ist eine Kunst für sich. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Bananen keine Samen haben? Selbstverständlich ist das nicht. Wildbananen haben Samen so groß wie Erbsen und so hart wie Stahl. Kulturbananen aber vermehren sich ohne Sex. Ihr Pollen ist steril. Die Blüten werden also nicht befruchtet und bilden deswegen keine Samen. Trotzdem entstehen aus ihnen Früchte. Das Phänomen nennt man Jungfernfrüchtigkeit. Es macht Bananen genießbar, ihre Zucht aber erschwert es ungemein.

20 Jahre bis zur perfekten Banane

Neue Bananenpflanzen entstehen als Schösslinge aus der Mutterpflanze. Sie klonen sich damit selbst. Das bedeutet: Alle Bananenpflanzen, egal auf welchem Erdteil sie wachsen, sind genetisch identisch. "Das macht den Bananenanbau in höchstem Maß anfällig für Krankheiten wie TR4", sagt Altus Viljoen, Pflanzenpathologe und TR4-Experte an der Universität Stellenbosch in Südafrika. Erkrankt etwa eine Bananenpflanze aus Taiwan an TR4, ist auch die Bananenpflanze aus Ecuador und Mosambik für den Pilz verwundbar.

Auf Grund dieser Fortpflanzungsweise können Forscher nur schwer neue Eigenschaften wie Krankheitsresistenzen erzeugen. Anders als bei der sexuellen Vermehrung vermischt sich ja das Erbmaterial von "Mutter-" und "Vaterpflanze" nicht neu, es entstehen also auch keine neuen Eigenschaften und keine Samen, die man zur Zucht verwenden könnte. "Kreuzt man andere Bananensorten ein, schmecken die Hybride nicht wie die gewohnte Cavendish – das schätzen Konsumenten nicht. Und Krankheitsresistenzen wirken sich oft negativ auf den Ertrag aus – das wiederum schätzen Züchter nicht", sagt Viljoen. Entsprechend könne die Zucht einer perfekten Banane 20 Jahre beanspruchen.

Auch Gentechniker versuchen sich an der Bananenzucht. Uganda, wo Bananen häufig morgens, mittags und abends auf dem Speiseplan stehen, hat die Nase vorn bei der Entwicklung genetisch modifizierter Bananen – auch wenn genetisch modifizierte Organismen (GMO) in Uganda bislang nicht angebaut werden dürfen.

Ein Déjà-vu mit Unterschied: Diesmal existiert keine Ersatzbanane

Eine genetisch veränderte Bananensorte trägt etwa ein Paprika-Gen in sich, das sie resistent machen soll gegen BXW, eine von Bakterien verursachte Welk-Krankheit. Auch an TR4 wird geforscht. "Wir haben einen Feldversuch, der seit drei Jahren im Boden ist. Die Ergebnisse sind viel versprechend", sagt James Dale von der University of Queensland in Brisbane, der eng mit der NARO (National Agricultural Research Organisation) in Uganda zusammenarbeitet. Für Schlagzeilen sorgt allerdings ein anderes Gewächs, das aus dieser Kooperation entstanden ist und das die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung mit rund zehn Millionen US-Dollar gefördert hat: eine genetisch modifizierte Banane, die mit dem Provitamin A angereichert ist und in Kürze am Menschen getestet werden soll.

Die Debatte, die die Vitaminbanane ausgelöst hat, zeigt einmal mehr, wie schwierig die Vermarktung genetisch veränderter Lebensmittel ist. "Würden Sie eine GM-Banane essen? Das ist doch die eigentliche Frage", sagt Viljoen. "Cavendish-Bananen werden in Massen produziert, um Geld zu verdienen. Wenn Verbraucher eine resistente Pflanze nicht essen, hat sie keinerlei Wert."

"Seitens der Gentechniker wurde seit den 1990er Jahren viel versprochen. Aber die Entwicklung krankheitsresistenter Bananen ist offenbar auch mit Hilfe der Gentechnik nicht einfach", sagt Agustin Molina von Bioversity International, einer weltweit tätigen Agrarforschungseinrichtung.

In Taiwan ist es Forschern zumindest im Ansatz gelungen, die Resistenz auf konventionellere Weise zu erzeugen – mit der so genannten somaklonalen Selektion. Sie haben Zellen aus Bananenpflanzen isoliert und in Gewebekultur gehalten. Solche Zellen gelten als genetisch instabil, das heißt, es können sich durch zufällige Mutationen neue Eigenschaften wie eine erhöhte Resistenz bilden. Die GCTCV-219-Banane ist eine Variante der Cavendish, die widerstandsfähiger ist gegen TR4. "Diese Bananen sind für den asiatischen Markt gedacht. Sie brauchen besondere Wachstumsbedingungen, können die Cavendish weltweit also nicht ersetzen", sagt Viljoen.

Oberstes Ziel: Übertragungswege abschneiden

Mit Hilfe der FAO sind nun globale und lokale Aufklärungskampagnen über das TR4-Risiko geplant. Der Pilz überträgt sich nicht durch die Luft, sondern durch kontaminierte Erde oder Pflanzenmaterial, was seine Kontrolle theoretisch erleichtert. Weltweit sollen nun Plantagenmitarbeiter über den Übertragungsweg informiert werden. Denn ein paar Sporen, die an Schuhsohlen kleben, oder eine mit Erde verschmutzte Bananenkiste reichen aus, um den Pilz per Schiff oder Flugzeug über Kontinente hinweg zu verbreiten. "Erste Priorität hat die Verhinderung der weiteren Ausbreitung von TR4", sagt Dusunceli. Außerdem sollen der Informationsaustausch gefördert und Forschungsprojekte besser koordiniert werden. Auch die Zucht einer neuen, TR4-resistenten Banane soll weiter vorangetrieben werden.

Um den Bananenanbau aber nachhaltig und weniger anfällig zu machen, müssen sich langfristig die Anbaumethoden ändern. Statt genetisch gleiche Bananen in Monokultur anzubauen, muss auf Artenvielfalt und genetische Variabilität gesetzt werden. Kleinbauern beherzigen das bereits: "Sie pflanzen verschiedene Bananensorten und Getreide an und sind nicht so stark von TR4 betroffen", sagt Molina.

"Weltweit werden viele, sehr schmackhafte Bananen angebaut, die in keinem Supermarkt zu kaufen sind", sagt Viljoen, der hofft, dass sich das Bananenangebot in Zukunft erweitert. Dazu müssten Konsumenten aber gewillt sein, Bananen zu kaufen, die anders aussehen und anders schmecken und zudem nicht das ganze Jahr über verfügbar sind. Und obendrein noch teurer sind.

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