Evolution: Gemeinsame Wege
Die Trennung erscheint eindeutig: Auf der einen Seite der edle Mensch, auf der anderen das niedere Tier. Es könnte jedoch sein, dass wir mit unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen, viel länger auf gemeinsamen Pfaden wandelten, als bisher gedacht.
"Irgendwann ist irgendetwas in diesem Genom passiert, sodass schließlich zwei Arten entstanden sind." Auf diesen Nenner bringt Jane Goodall im Gespräch mit spektrumdirekt die Trennung zwischen Mensch und Schimpanse. Vierzig Jahre nach den Feldstudien der berühmten Schimpansenforscherin zeigt sich immer mehr: Die beiden Arten Homo sapiens und Pan troglodytes offenbaren nicht nur im Verhalten, sondern auch genetisch so viele Gemeinsamkeiten, dass manche Forscher am liebsten beide zu einer gemeinsame Gattung zusammenführen möchten.
Doch wann trennten sich die Wege? Hier wurden die Schätzungen immer weiter Richtung jüngerer Vergangenheit korrigiert. Gingen die Evolutionsbiologen lange davon aus, dass die genetische Abspaltung zwischen Mensch und Tier vor mehr als zehn Millionen Jahren geschehen sein muss, grenzten sie Forscher Ende des letzten Jahres auf einen Zeitraum vor fünf bis sieben Millionen Jahre ein. Dies passt auch leidlich gut mit den ältesten bekannten Hominiden-Fossilien zusammen – wie etwa dem im Jahr 2001 entdeckten 5,8 Millionen Jahre alten Ardipithecus kadabba sowie dem mindestens 6,5 Millionen Jahre alten Sahelanthropus tchadensis, der 2002 in die Fänge der Anthropologenzunft geriet.
Die inzwischen vollständig entzifferten Genome von Mensch und Schimpanse machen jetzt eine exaktere Analyse möglich. Genau daran setzten sich David Reich und seine Kollegen vom Broad-Institute im amerikanischen Cambridge und zogen zum Vergleich auch das Erbgut von Gorilla, Orang-Utan und Makaken heran. Ein besonderes Augenmerk richteten die Genetiker auf das menschliche Chromosom 7 sowie auf das X-Chromosom.
Auffallend war auch die hohe Übereinstimmung der Geschlechtschromosomen der beiden Spezies. Nach Ansicht von Reich & Co blickt demnach das menschliche X-Chromosom auf eine etwa 1,2 Millionen Jahre jüngere Evolutionsgeschichte zurück als die übrigen 22 Erbfäden.
Am überraschendsten dürfte die dritte Schlussfolgerung der Wissenschaftler sein: Die Trennung der Arten war zunächst nicht endgültig. In einem Zeitraum von mehr als vier Millionen Jahren könnten sich beide Spezies noch vermischt und Gene ausgetauscht haben.
Wie dem auch sei – Patterson und Reich gehen davon aus, dass Mensch und Schimpanse noch lange auf gemeinsamen Pfaden wandelten, bevor die Arten sich endgültig schieden. Sie vermuten, dass aus Kreuzungen unfruchtbare Männchen, aber fruchtbare Weibchen hervorgingen, wodurch sich die jugendliche Frische des X-Chromosoms erklären ließe.
Derartige Hybridisierungen zwischen zwei Spezies sind Botanikern durchaus geläufig. "Dass solche Evolutionsereignisse nicht häufiger bei Tierarten beobachtet worden sind, könnte einfach damit zusammenhängen, dass wir bisher nicht danach geschaut haben", erklärt Reich.
Die Entstehung der menschlichen Linie scheint somit doch deutlich komplizierter abgelaufen zu sein, als bisher vermutet, betont der Forscher: "Etwas sehr Ungewöhnliches geschah während der Zeit der Artbildung."
Doch wann trennten sich die Wege? Hier wurden die Schätzungen immer weiter Richtung jüngerer Vergangenheit korrigiert. Gingen die Evolutionsbiologen lange davon aus, dass die genetische Abspaltung zwischen Mensch und Tier vor mehr als zehn Millionen Jahren geschehen sein muss, grenzten sie Forscher Ende des letzten Jahres auf einen Zeitraum vor fünf bis sieben Millionen Jahre ein. Dies passt auch leidlich gut mit den ältesten bekannten Hominiden-Fossilien zusammen – wie etwa dem im Jahr 2001 entdeckten 5,8 Millionen Jahre alten Ardipithecus kadabba sowie dem mindestens 6,5 Millionen Jahre alten Sahelanthropus tchadensis, der 2002 in die Fänge der Anthropologenzunft geriet.
Die inzwischen vollständig entzifferten Genome von Mensch und Schimpanse machen jetzt eine exaktere Analyse möglich. Genau daran setzten sich David Reich und seine Kollegen vom Broad-Institute im amerikanischen Cambridge und zogen zum Vergleich auch das Erbgut von Gorilla, Orang-Utan und Makaken heran. Ein besonderes Augenmerk richteten die Genetiker auf das menschliche Chromosom 7 sowie auf das X-Chromosom.
Das Ergebnis der genetischen Analyse hat einige Überraschungen parat: Die Forscher schätzen, dass letzte gemeinsame Vorfahren von Mensch und Schimpanse noch vor weniger als 6,3 Millionen Jahren existierten – vielleicht sogar vor weniger als 5,4 Millionen Jahren.
Auffallend war auch die hohe Übereinstimmung der Geschlechtschromosomen der beiden Spezies. Nach Ansicht von Reich & Co blickt demnach das menschliche X-Chromosom auf eine etwa 1,2 Millionen Jahre jüngere Evolutionsgeschichte zurück als die übrigen 22 Erbfäden.
Am überraschendsten dürfte die dritte Schlussfolgerung der Wissenschaftler sein: Die Trennung der Arten war zunächst nicht endgültig. In einem Zeitraum von mehr als vier Millionen Jahren könnten sich beide Spezies noch vermischt und Gene ausgetauscht haben.
"Wenn die Datierung korrekt ist, dann erschien das Toumaï-Fossil vor der Trennung von Mensch und Schimpanse"
(Nick Patterson)
Anthropologen wie Michel Brunet dürften von Reichs Schlussfolgerungen wenig begeistert sein – rütteln sie doch heftig an den Hominidenstatus seines Sahelanthropus. Natürlich könnte die Altersbestimmung des unter den Namen Toumaï berühmt gewordenen Schädels falsch sein. "Aber wenn die Datierung korrekt ist", meint Erstautor Nick Patterson, "dann erschien das Toumaï-Fossil vor der Trennung von Mensch und Schimpanse." (Nick Patterson)
Wie dem auch sei – Patterson und Reich gehen davon aus, dass Mensch und Schimpanse noch lange auf gemeinsamen Pfaden wandelten, bevor die Arten sich endgültig schieden. Sie vermuten, dass aus Kreuzungen unfruchtbare Männchen, aber fruchtbare Weibchen hervorgingen, wodurch sich die jugendliche Frische des X-Chromosoms erklären ließe.
Derartige Hybridisierungen zwischen zwei Spezies sind Botanikern durchaus geläufig. "Dass solche Evolutionsereignisse nicht häufiger bei Tierarten beobachtet worden sind, könnte einfach damit zusammenhängen, dass wir bisher nicht danach geschaut haben", erklärt Reich.
Die Entstehung der menschlichen Linie scheint somit doch deutlich komplizierter abgelaufen zu sein, als bisher vermutet, betont der Forscher: "Etwas sehr Ungewöhnliches geschah während der Zeit der Artbildung."
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