Exzellenzinitiative: Meinung: Das richtige Rezept für die falschen Unis
Ein bisschen ist die Politik ja selbst schuld. Allzu häufig hatte besonders Bundesforschungsministerin Johanna Wanka auf das Votum der so genannten Imboden-Kommission verwiesen, wenn sie nach der Fortsetzung der Exzellenzinitiative gefragt wurde. Vergangenen Freitag endlich hat die Gruppe internationaler Hochschulexperten gesprochen, und auch wenn einige Wissenschaftsminister aus Bund und Ländern es gern anders hätten: Jetzt müssen sie mit den Empfehlungen leben.
Bonus für die Vergangenheit
Besonders die Exzellenzprämie bereitet ihnen Kopfzerbrechen. Sie soll, wenn es nach Imboden geht, die bisherige dritte Förderlinie des Exzellenzwettbewerbs, die Zukunftskonzepte, ablösen. Statt wie bisher durch ausgeklügelte Anträge zu bestechen, deren Erfolgsaussichten zum Zeitpunkt der Bewilligung keiner wirklich einschätzen kann, sollen sich die Hochschulen künftig an dem messen lassen, was sie bereits geleistet haben. Statt einer Wette auf die Zukunft also ein Bonus für die Vergangenheit. Ausschlaggebend soll eine Reihe vorher festgelegter, eindeutiger Exzellenzkriterien sein. Ein solcher Automatismus, hoffen die Experten der Kommission, werde der Politik in ihrem Hang zum ständigen Dazwischenfunken bremsen und der Wissenschaft freien Lauf lassen.
Genau das macht die Idee einer Prämie, deren Verwendung keinerlei Auflagen unterliegen soll, allerdings nicht so politikfern, wie man denken könnte, ganz im Gegenteil: Der Konflikt um die unterschiedlichen Länderinteressen würde sich nur nach vorn verlagern. Die Minister würden sich einen erbitterten Streit um die vermeintlich richtigen Kriterien liefern – je nachdem, welche Kennzahlen ihre eigenen Universitäten besonders gut da stehen lassen. Und das dürfte sich noch nicht einmal als größter Haken des Imboden-Konzepts herausstellen.
Tatsächlich erscheint es bisweilen so, als nehme die internationale Kommission ihre eigene Analyse nicht ernst. Wie sie in ihrem Bericht richtig feststellt, haben die deutschen Hochschulen ein Governance-Problem. Die Rektorate verfügen in der Regel nicht über die Macht, hochschulweite Strategieprozesse zu steuern und die Organisation Universität von oben zu verändern. "Und das ist gut so", werden jetzt viele Wissenschaftler sagen. Das kann man so sehen oder auch nicht. Fest steht, dass die Imboden-Kommission mit der Exzellenzprämie den Hochschulleitungen, denen sie eben noch Durchsetzungsschwäche attestiert hat, ein Instrument an die Hand geben will, das nur mit einer starken Führung funktionieren kann. Anders als bei den Zukunftskonzepten könnte sie sich nämlich nicht hinter irgendwelchen Verwendungsregeln verstecken.
Vor allem Konfliktpotenzial
Den gleichen Gedankenfehler macht die Imboden-Kommission auch mit dem zweiten zentralen Vorschlag, die Exzellenzcluster-Förderung fortzusetzen, jedoch thematisch und organisatorisch zu öffnen. Im Kern unumstritten, vor allem weil so die Chancen kleiner Fächer und ungewöhnlicher Forschungsverbünde mit vom Mainstream abweichenden Themen steigen dürften. Hier lag im Übrigen die Schwäche des bisherigen Konzepts, das zu formelhaft war und so zum Beispiel publikationsintensive Disziplinen bevorzugte. Die Idee jedoch, zusätzlich einen 20-Prozent-Aufschlag an die Hochschulleitungen zu zahlen, mit dem die wiederum anfangen können, was sie für richtig halten, dürfte die an vielen Universitäten ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Rektoraten und Fachbereichen beziehungsweise Fakultäten noch verschärfen.
Im Ergebnis ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Vorschlag Exzellenzprämie, so brillant und wissenschaftsnah er theoretisch sein mag, gekippt wird – und zwar von einer Koalition aus Politik, die ihren Einfluss sichern möchte, und Wissenschaft, die das Konfliktpotenzial in und zwischen den Hochschulen fürchtet. Zu Recht: Das Governance-Problem würde sie nicht heilen, sondern eher noch verschärfen – und damit auch der Forschung nichts bringen. Die spannende Frage ist, wie die Politik die Abkehr von der Imboden-Idee verkauft, ohne die Kommission zu desavouieren. Und ob sie an die Stelle der Prämie tatsächlich die von ihr favorisierte, für politische Einflussnahme wie geschaffene Förderung ganzer Standorte und Regionen setzen wird.
Anders verhält es sich mit den Exzellenzclustern, die tatsächlich wissenschaftsadäquater werden als bislang. Sie werden kommen, und die neue Akzentuierung dürfte die Forschung beflügeln. Gerade auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Vielleicht hat ja dann auch mal ein Cluster die Idee, sich mit der Governance von Hochschulen auseinanderzusetzen.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.