Teilchenphysik: Neuer Unterschied zwischen Materie und Antimaterie
Ein lang gesuchter Hinweis auf Unterschiede zwischen Materie und Antimaterie ist in einem Experiment am Europäischen Teilchenbeschleunigerzentrum CERN zu Tage getreten. In Daten aus den ersten drei Jahren Laufzeit des Large Hadron Collider spürte die LHCb-Kollaboration Indizien für eine CP-Verletzung bei Baryonen auf – Teilchen und Antiteilchen verhalten sich nicht immer exakt spiegelbildlich. Solche winzigen Unterschiede im Verhalten erklären möglicherweise, weshalb das Universum fast vollständig aus Materie besteht und nur geringe Spuren Antimaterie enthält.
Bisher kannte man CP-Verletzungen nur aus Zerfällen von Mesonen, also von Teilchen aus zwei Quarks. Doch das Standardmodell der Teilchenphysik sagt voraus, dass es solche asymmetrischen Zerfälle auch bei Baryonen gibt, die aus drei Quarks bestehen. Wenn man demnach Baryonen und ihre Antiteilchen beim Zerfall beobachtet, dann fliegen die Zerfallsprodukte bei beiden in leicht unterschiedlichen Winkeln weg – und eben nicht in genau entgegengesetztem Muster. Diesen vorhergesagten Effekt hat die LHCb-Kollaboration des CERN nun erstmals gemessen: am Zerfall der Λb0-Baryonen und ihrer Antiteilchen, die ihrerseits bei Proton-Proton-Kollisionen entstehen. Diese speziellen Drei-Quark-Teilchen entstehen zwar nur extrem selten, aus den Daten der immens vielen Kollisionen im LHC filterte das Team jedoch etwa 6000 solcher Zerfälle heraus.
Λb0-Baryonen bestehen aus je einem up-, einem down- und einem bottom-Quark und zerfallen in ein Proton und drei Pionen – Anti-Λb0-Baryonen produzieren die entsprechenden Antiteilchen. Die Arbeitsgruppe untersuchte die Verteilung dieser Zerfallsprodukte im Detektor und kommt zu dem Schluss, dass sich die räumliche Orientierung bei Teilchen und Antiteilchen signifikant unterscheidet. Das wäre der erste Nachweis einer CP-Verletzung bei Baryonen und die Bestätigung einer grundlegenden Vorhersage des Standardmodells. Inwiefern solche Unterschiede in der Frühzeit des Universums zum Materieüberschuss führten und damit eine der rätselhaftesten Eigenschaften des Universums hervorbrachten, ist bisher jedoch völlig unklar.
Allerdings ist das Ergebnis statistisch noch nicht hinreichend abgesichert, um nach den Kriterien der Teilchenphysik als belegt zu gelten. Bislang ist der Unterschied nur 3,3 Standardabweichungen vom Hintergrundrauschen entfernt; die Wahrscheinlichkeit für ein Zufallsergebnis beträgt bei den bisherigen Daten etwa ein Promille. Damit die Entdeckung des Phänomens offiziell verkündet werden kann, muss das Signal fünf Standardabweichungen vom Rauschen entfernt sein – das Ergebnis hat dann eine Irrtumswahrscheinlichkeit von eins zu dreieinhalb Millionen.
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