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Darmflora: Sagen uns Darmbakterien, wann wir satt sind?

Nach rund 20 Minuten zu Tisch fühlen wir uns gesättigt. Wie Darmbakterien unser Sättigungsgefühl beeinflussen, haben Forscher nun untersucht und Erstaunliches gefunden.
Eine Frau beisst in einen Burger, den sie mit beiden Händen festhält.

Eine gestörte Darmflora kann krank machen – Übergewicht, Asthma und Depressionen werden damit in Verbindung gebracht. Aber auch bei gesunden Menschen haben Darmbakterien etwas zu melden, wie ein Forscherteam nun beobachtete: Nach rund 20 Minuten der Nährstoffzufuhr produziert das Darmbakterium Escherichia coli spezielle Proteine, die Darmzellen dazu anregen, Sättigungshormone in die Blutbahn abzugeben. So könnte es dabei helfen, den Appetit des Essers zu regulieren.

"Durch die Proteine beteiligt sich das Darmbakterium E. coli am molekularen Stoffwechselweg, der dem Gehirn Sättigung signalisiert", so Serguei Fetissov von der Université de Rouen. Das könnte nicht nur dem Wirt nutzen, sondern auch dem Bakterium, wie die Forscher mutmaßen: Wird zu viel gegessen, produziert der Körper mehr Stuhl, und mehr Bakterien werden aus dem Darm abtransportiert. Eine Regulation der Nahrungsaufnahme könnte es dem Bakterium erleichtern, seine Population stabil zu halten.

Denn wenn Nährstoffe den Darm passieren, vermehrt sich das Darmbakterium E. coli rasant. Erst nach etwa 20 Minuten stagniert das Wachstum. Ab jetzt produzieren die Darmbakterien andere Proteine als während des Wachstums. Der nun im Darm gebildete Proteincocktail zeigt appetitzügelnde Wirkung, wie die Forscher in einem Experiment belegen: Injizierten sie diese bakterielle Proteinmischung in den Darm von Ratten, fraßen diese anschließend weniger als Artgenossen, die keine solche Zusatzdosis erhalten hatten.

Die bakteriellen Proteine beeinflussen das Essverhalten über den Hormonspiegel, wie Fetissov und Kollegen im Blut der Ratten nachweisen konnten: "Die Bakterien stimulieren und verstärken die Ausschüttung von Sättigungshormonen im Darm direkt nach der Nahrungsaufnahme." Dazu bildet E. coli nach rund 20 Minuten der Nährstoffzufuhr die kaseinolytische Protease B (ClpB), die in ihrer Struktur und Funktion einem menschlichen Signalstoff ähnelt. Das Protein regt die enteroendokrinen Zellen im Darm an, das Hormon Peptid YY in die Blutbahn abzugeben, das dem Gehirn Sättigung meldet.

Die Forscher gehen davon aus, dass die bakteriellen Proteine auch längerfristig direkt im Gehirn wirken. "Zusätzlich glauben wir, dass Darmbakterien Proteine produzieren, die im Blut für längere Zeit vorhanden sind und Signalwege im Gehirn modulieren", sagt Fetissov. Durch das bakterielle Protein ClpB feuern beispielsweise Neurone im Hypothalamus in erhöhter Frequenz, wie Versuche an Gewebeschnitten aus dem Mäusehirn zeigten. Dass das bakterielle Protein aus dem Darm auch tatsächlich ins Gehirn gelangt, konnten die Forscher bislang allerdings noch nicht bestätigen.

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