Heilmittel aus dem Ozean: Sekret der Seeanemone regeneriert Innenohrzellen
Ein Sekret aus einem Meerestier könnte helfen, das Innenohr von Säugetieren nach starker Lärmbelastung zu regenerieren. Seeanemonen sind Meister im Reparieren von bestimmten Sinneszellen, den so genannten Haarzellen, mit denen sie feinste Wasserbewegungen registrieren. Die Blumentiere sondern einen speziellen Proteincocktail ab, der eine heilende Wirkung auf die empfindlichen Haarzellen hat. Glen Watson und sein Team von der University of Louisiana in Lafayette haben jetzt herausgefunden, dass dieses Sekret offenbar auch beschädigte Haarzellen aus dem Innenohr von Mäusen reparieren kann.
Das hatten die Forscher mit einem Experiment getestet. Dafür entnahmen sie Haarzellen aus dem Innenohr von Mäusen. Wie die Zellen in unserem Innenohr sind die Haarzellen bei Mäusen dafür zuständig, Schallwellen in Nervensignale umzuwandeln. Die Forscher beschädigten die entnommenen Mäusezellen auf eine ähnliche Weise, wie es ein extrem lautes Geräusch tun würde. Dann behandelten sie die beschädigten Haarzellen mit dem Seeanemonensekret und stellten fest, dass dadurch wichtige Funktionen der beschädigten Haarzellen innerhalb von einer Stunde wieder hergestellt wurden. Auch erlangten die Haarzellen, zumindest teilweise, wieder ihre ursprüngliche strukturelle Anordnung in kleinen Haarbündeln.
Ob der Proteincocktail der Seeanemone Hörschäden bei Mäusen und vielleicht sogar beim Menschen heilen kann, bleibt noch zu testen. Eine frühere Entdeckung, dass das Anemonensekret dem Blinden Höhlensalmler zu einem verbesserten Orientierungssinn verhilft, lässt zumindest darauf hoffen. Der mexikanische Höhlenfisch ist auf Haarzellen seines besonders ausgebildeten Sinnesorgans, des Seitenlinienorgans, für die Wahrnehmung von feinsten Wasserbewegungen angewiesen, um sich in seinem dunklen Lebensraum zu orientieren.
Für eine zukünftige medizinische Anwendung wäre es vielleicht noch nicht einmal nötig, das Sekret aus Seeanemonen zu extrahieren. Dessen genaue Zusammensetzung hat die Forschungsgruppe bereits im letzten Jahr analysiert. Womöglich könnte man die wichtigsten Bestandteile des Proteincocktails im Labor nachbauen.
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