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Dichtung und Wahrheit für Trekkies

Kaum ein Raumfahrzeug hat es zu ähnlich großer Berühmtheit gebracht wie die "Enterprise". Seit 50 Jahren erkundet sie (auf Leinwänden und Bildschirmen) fremde Welten, ferne Galaxien und bizarre Lebensformen in den Tiefen des Alls. Dabei zog sie Millionen Cineasten und Weltraum-Serienfans in ihren Bann. Doch was an den Filmen hat einen realen Kern, und was ist pure Fiktion?

In den Anfängen der Serie, in den 1960er Jahren, maßen die Filmemacher der Physik keine große Bedeutung bei. Die Produzenten der "Original Series" zahlten einem Physikstudenten 50 Dollar, damit er ihnen eine halbwegs tragfähige fachliche Grundlage für den Warp-Antrieb liefere, mit der das Raumschiff die enormen Distanzen im Universum überwindet. Doch schon für die Folgestaffel "The next Generation" engagierte man Technikberater. Denn mittlerweile hatte sich die Serie gemausert, und zu ihrem Markenzeichen gehörte die Darstellung physikalischer und technischer Phänomene. Die Protagonisten sollten nicht losgelöst von wissenschaftlichen Erkenntnissen durch den Weltraum steuern. Man wollte ein stringentes, technisch durchdachtes Konzept erschaffen, wie sich die Enterprise fortbewegt. Und zumindest teilweise wollte man das Geschehen einbetten in reale und uns vertraute Naturphänomene. Dieses Bemühen brachte über die Jahrzehnte hinweg einen Mix hervor aus geheimnisvollen Galaxien, technischen Raumfahrtvisionen und realer Astrophysik.

Metin Tolan, Professor für Experimentelle Physik an der TU Dortmund, schlüsselt diesen Mix im vorliegenden Buch auf. Er hinterfragt, welche Naturphänomene in "Star Trek" korrekt beschrieben werden, welche Vorstellungen ins Reich der Utopie gehören und welche technischen Visionen vielleicht möglich werden könnten.

Mal eben schnell in die Andromedagalaxie

Ein Problem gibt es etwa, wenn die "Enterprise" gigantische Distanzen zwischen den Galaxien in kürzester Zeit überwindet. Denn die Relativitätstheorien und Newtons Gravitationsphysik verbieten das. Als Lösung dafür präsentiert die Serie den Warp-Antrieb. Spannend erläutert der Autor, wie sich Physiker seit Jahrzehnten mit dieser hypothetischen Technik beschäftigen und sie nicht einmal kategorisch ausschließen. So hat der Physiker Miguel Alcubierre 1994 an der University Cardiff eine Raumzeit-Konfiguration angegeben, die in etwa einem Warp-Antrieb entspricht. Er postulierte eine Raumzeitblase, an deren Vorderseite das Raumzeitgefüge gestaucht und an deren Rückseite es gedehnt wird. Dadurch könnte man große Entfernungen mit Überlichtgeschwindigkeit zurücklegen – theoretisch zumindest. Wie Alcubierre haben sich zahllose Wissenschaftler mit dem Warp-Antrieb befasst und dazu mal mehr, mal weniger plausible Erklärungen veröffentlicht. Doch man müsse ganz klar sagen, schreibt Tolan, dass wir von der Realisierung des Antriebs weiter entfernt sind als die Neandertaler von der Concorde.

Außer auf technische geht Tolan auch auf naturwissenschaftliche Phänomene ein, die unser Universum prägen. Ausgehend von einer Diskussion zweier Crew-Mitglieder der Enterprise erläutert er zum Beispiel, was es mit Neutrinos auf sich hat und warum die flüchtigen Teilchen so exotisch sind. Er erzählt, wie man sie entdeckt hat, obwohl sie so gut wie nicht mit anderer Materie interagieren, und erklärt zudem, wie man sie heute in großen Laboren erforscht, die sich tief im Innern von Gebirgen befinden. Dabei versteht er es hervorragend, in den Star-Trek-Dialogen die Wahrheit von der Fiktion klar zu trennen.

Für "Besserwisser", wie Tolan seine besonders fakteninteressierten Leser nennt, erörtert er am Ende der Kapitel diverse Detailfragen. Da findet sich die eine oder andere Formel, für deren Verständnis man schon mal mit Physik in Berührung gekommen sein sollte. Unter anderem stellt Tolan das Wasserstoffatom vor. Er erklärt, wie in Physik-Vorlesungen dessen Energiezustände berechnet werden, welche Rolle dabei die Rydberg-Konstante spielt und wie man das Atom in den angeregten Zustand überführt. Ebenso erläutert er, warum bei der Trennung eines Wasserstoffmoleküls mit UV-Licht immer eines der Atome in den angeregten Zustand übergeht.

"Die Star Trek Physik" ist vor allem ein Buch für Fans der Serie. Nicht ganz so enthusiastische Liebhaber werden die Beschreibungen der Filmszenen zumindest als nette Auflockerung empfinden, um sich einzustimmen auf die folgenden, fundierten wissenschaftlichen Erläuterungen aus Raumfahrttechnik und Astrophysik.

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