Kaum eine Ergänzung nötig
Der Mars hat Gewicht, genau 2136 Gramm. Das ist wenig für einen Himmelskörper, aber viel für ein Buch. Das großformatige, solide gebundene Werk mit seinen fast 300 Seiten liegt schwer in der Hand. Also keine Bettlektüre, sondern etwas zum Nachschlagen und Blättern auf fester Unterlage. Das Buch von Ralf Jaumann und Ulrich Köhler, ausgewiesenen Marsexperten vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), ist kein klassischer Bildband. Es enthält zwar zahlreiche Aufnahmen, aber auch reichlich Text.
Das erste Kapitel, "Faszination Mars" befasst sich mit geschichtlichen Aspekten. Unser Nachbarplanet fasziniert schon seit Urzeiten, insbesondere wegen seiner rötlichen Farbe. Früher symbolisierte er den antiken italischen Kriegsgott – daher sein Name. Seine Bewegung am Himmel wurde im Lauf der Zeiten immer genauer beobachtet. Johannes Kepler (1571-1630) nutzte diese Daten bekanntlich, um daraus seine drei Planetengesetze abzuleiten. Physisch kam uns der Mars erst mit Hilfe von Teleskopen näher. Sie enthüllten zunächst eine rötliche Scheibe mit dunklen Strukturen. Später offenbarten sie "Kanäle", die als Hinweise auf eine Zivilisation gedeutet wurden – leider eine optische Täuschung.
Sodann behandeln die Autoren das Wettrennen zum Mars zwischen Amerikanern und Russen. Die Missionen der Nasa kamen hier auf eine deutlich bessere Erfolgsbilanz. Man denke nur an die Mariner-Sonden und die erste Landung der Raumsonde Viking 1 am 20. Juli 1976, sechs Wochen später gefolgt von Viking 2. Deren Bilder zeigten eine trostlose, rote Steinwüste statt einer belebten, exotischen Welt. Triumph und Enttäuschung lagen in der Erkundung des Planeten oft dicht beieinander.
Anschließend geht es um die Struktur der Marsoberfläche mit ihren weiten Ebenen, gewaltigen Vulkanen und tiefen Tälern, die dünne Atmosphäre sowie um die Frage, wo auf dem Planeten sich (möglicherweise) Wasser befindet. Mittlerweile haben viele Sonden den Himmelskörper hochauflösend fotografiert, etwa die europäische Mars Express mit ihrer Stereokamera, und es gab weitere Landemanöver. Besonderes Aufsehen erregten die amerikanischen Marsrover Sojourner, Spirit, Opportunity und Curiosity. Wassereis haben die Forscher mittlerweile entdeckt, nach Leben suchen sie immer noch. Es bleibt also spannend.
Die Autoren verstehen es, den Leser hautnah in alle Fassetten der Marsforschung einzuführen. Großes Lob gebührt der hervorragenden Darstellung. Das Buch präsentiert viele großformatige Bilder, einige sogar zum Aufklappen. Eine doppelseitige, farbige Marskarte auf der Innenseite des Einbands zeigt die Landeplätze und Orte der Abbildungen aus den einzelnen Kapiteln. Der Text ist verständlich und fachlich fundiert geschrieben. Am Ende des Werks findet man ein umfangreiches Register.
Leider fehlt eine Tabelle aller Marsmissionen. Dafür liegt dem Band jedoch eine DVD bei – und eine Brille zum Betrachten der Stereoaufnahmen. Die Literaturempfehlungen erübrigen sich fast, denn das Buch braucht eigentlich keine Ergänzung. Es hat durchaus das Zeug zum populärwissenschaftlichen Standardwerk. Wer sich durcharbeitet, kommt zweifellos auf den aktuellen Stand des einschlägigen Wissens.
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