Plädoyer für die Energiewende
Houston, wir haben ein Problem! So beginnt das spannend geschriebene Buch von Christian Synwoldt, einem Experten für regenerative Energien. Ohne Zweifel gibt es Parallelen zwischen einem Raumschiff und der Erde: Die Vorräte sind begrenzt. Dabei könnte die Natur allein mit dem Licht der Sonne beliebig lange überleben – wäre da nicht der Mensch.
"Bei einem auf Konsum basierenden Wirtschaften kommt es zwangsläufig zu einem Erschöpfen der Lagerstätten", schreibt Synwoldt. "Wir haben ein Ressourcenproblem." Nicht nur das: Da die Ressourcen ungleich verteilt sind, gibt es auch ein politisches Problem. Und obendrein ein soziales, da Energie immer teurer wird.
Synwoldt stellt nicht in Frage, dass ein grundlegender Umbau in der Energieerzeugung unvermeidbar ist. Ihm geht es auch nicht um technische Details, sondern vor allem um Hintergründe und Probleme, die in Diskussionen über die bestmögliche Energieversorgung oft (absichtlich) außen vor bleiben. Sein verständlich geschriebenes Buch spricht jeden Interessierten an.
Zurzeit sind Kohle, Öl und Erdgas unangefochten die Spitzenreiter beim Bereitstellen von Elektrizität und Wärme. Obwohl sich ihre Fördermengen kaum noch erhöhen lassen, wird der Bedarf an ihnen in den nächsten Jahrzehnten weiter steigen. Ölsande und Ölschiefer sind die großen Hoffnungsträger. Doch sie halten nicht das, was sie versprechen, wie Synwoldt klarmacht. Beim Fördern der Ölsande und ihrer Weiterleitung entstünden große Mengen toxischer, stark umweltbelastender Abgase. Zudem erfordere ihr Abbau – wie der von Schiefergas – einen hohen Energieeinsatz. Auch Kernkraftwerke seien kein Ausweg aus dem Energiedilemma: Nirgendwo auf der Welt existiere ein Endlager für die hoch radioaktiven Abfälle. Es werde niemals eine Sicherheitsgarantie für eingelagerten Atommüll geben.
Gut nachvollziehbar macht Synwoldt deutlich, dass vor allem die regenerativen Energien – insbesondere Wind, Photovoltaik, Biomasse und Wasserkraft – eine Lösung darstellen. In Deutschland garantiert das Energie-Einspeisegesetz (EEG), dass der Strom aus diesen Quellen abgenommen und vergütet wird. Betreiber von entsprechenden Anlagen bekommen für den Strom, den sie einspeisen, einen gesetzlich festgelegten Vergütungssatz, der meist über dem tatsächlichen (Markt-)Wert liegt. Den Differenzbetrag zahlen die Verbraucher über die so genannte EEG-Umlage. Nicht alle Bürger stehen dem Energie-Einspeisegesetz positiv gegenüber. Denn oft wird argumentiert, die Strompreise stiegen wegen der EEG-Umlage. Das sei Augenwischerei, meint Synwoldt. Gerade weil immer mehr regenerativ erzeugte Energie zur Verfügung stehe, sinke der Börsenpreis für Strom. Das müsste eigentlich zu niedrigeren Verbraucherpreisen führen, weil der Börsenpreis stärker fiele als die EEG-Umlage steige.
Synwoldt verschweigt nicht, dass die Techniken zur Bereitstellung regenerativer Energien noch unausgereift sind. Da die Stromerzeuger nur zu bestimmten Zeiten arbeiten – wenn der Wind bläst oder die Sonne scheint –, müssten sie in großer Zahl vorhanden sein, denn noch gebe es keine effizienten Verfahren der Speicherung. Und das bedeute unter anderem massive Eingriffe in die Landschaft. Solarthermische Kraftwerke eröffneten zwar die Möglichkeit der Wärmespeicherung, erforderten aber intensive Sonneneinstrahlung. Und aus regenerativ erzeugtem Strom könne man im Prinzip das Speichergas Methan herstellen, das sich in bestehende Erdgasleitungen einfüllen lässt, der Wirkungsgrad dabei liege aber nur bei etwa 30 Prozent.
Der Autor überzeugt nicht mit seiner Zuversicht, dass diese Schwierigkeiten in naher Zukunft gelöst werden. Auch erwähnt er nicht, dass regenerative Energien selbst zu Umweltproblemen führen können. Solarfarmen in der Wüste etwa beeinträchtigen die dortige Fauna, und Batterien für Elektroautos enthalten toxische Schwermetalle. Dennoch nimmt man Synwoldt ab, dass die Energiewende notwendig ist und es nur um das Wie geht. Das Buch schließt mit der Feststellung, dass es – anders als bei einem Raumschiff – keine Ersatzerde gibt, auf die wir im Notfall umziehen könnten.
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