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Adventschemie: 10 Stoffe, die Weihnachten weihnachtlich machen

Erst Stoffe wie Eugenol, R-(+)-Limonen und Silbernitrat machen die Weihnachtszeit so richtig stimmungsvoll. Eine Einführung in die Chemie des Advents.
Adventsgesteck mit Tannenzweigen, Kerzen, Zimt, Orange, Nuss

Das mit der Weihnachtsstimmung ist heutzutage gar nicht so einfach: Geschenkestress, kein Schnee, dafür Lebkuchen schon ab Mitte August. Und dann ist ganz plötzlich und ohne Vorwarnung Heiligabend. Da hilft nur noch die Chemie! Wir stellen Ihnen hier zehn Substanzen vor, die Sie – völlig legal – doch noch in den richtigen Seelenzustand für das Fest versetzen.

Eugenol – Medizin im Glühwein | Kein Advent ohne Glühwein. Das Heißgetränk ist das vielleicht beste Beispiel für weihnachtlichen Gewürzeinsatz, und Nelken sind eine der wichtigsten Zutaten. Das Nelkenöl Eugenol dagegen hat eine lange Tradition als Mittel gegen Zahnschmerzen: Es wirkt leicht betäubend und außerdem antibakteriell. Zu Weihnachten kommt es allerdings eher wegen seines charakteristischen Geruchs zum Einsatz. Solche Aromastoffe sind zugleich auch der Grund, weshalb man Glühwein nicht heißer als etwa 70 Grad Celsius werden lassen sollte: Eugenol, aber auch Zimtaldehyd und viele andere wohlriechende Chemikalien sind oxidationsempfindlich und bilden dann meist bittere Substanzen.
Furanoeudesma-1,3-dien – das Geschenk der drei Könige | Myrrhe ist der wahrscheinlich am wenigsten bekannte Stoff aus der Weihnachtsgeschichte. Sie ist ein wohlriechendes Pflanzenharz, vergleichbar dem Weihrauch. Man muss sie allerdings anders als Weihrauch nicht notwendigerweise verbrennen, damit sie ihren Duft entfaltet – ihren süßlich-holzigen Geruch verdankt sie einer Substanzklasse namens Furanosesquiterpene mit den Hauptsubstanzen Lindestren und Furanoeudesma-1,3-dien. Seit Jahrtausenden nutzen Menschen sie außerdem wegen ihrer antibakteriellen Eigenschaften, und nicht nur in der Medizin: Im alten Ägypten kam das Harz bei der Mumifizierung zum Einsatz. Forscher entdeckten außerdem schmerzlindernde Eigenschaften beim Furanoeudesma-1,3-dien, ein allerdings schon 20 Jahre alter Befund.
Silber – lässt Kinderaugen leuchten | Der schönste, aber eben auch empfindlichste Baumschmuck sind immer noch die klassischen Christbaumkugeln – silbern glänzende, rundum verspiegelte Glasbälle. Diese Dekoration herzustellen, ist aber gar nicht so schwierig. Alles, was man braucht, ist eine hohle Glaskugel und ein bisschen Schulchemie: In einer Lösung eines Salzes wie Silbernitrat, versetzt mit Glukose, reagiert das Element zu elementarem Silber und setzt sich als feine Schicht an der Innenseite des Glasballons ab.
Incensolacetat – Wohlgeruch in der Kirche | Von alters her schätzen Menschen den Weihrauch wegen seines angenehmen Duftes beim Verbrennen. Die in Weihrauch enthaltenen Boswelliasäuren und andere Substanzen zersetzen sich bei Hitze zu Duftstoffen wie Octylacetat, Octanol und verschiedenen angenehm riechenden Terpenoiden. Außerdem enthält das Harz der Weihrauchbäume einige Prozent des Diterpens Incensol, dessen Abkömmling Incensolacetat vermutlich angstlösend und antidepressiv wirkt – möglicherweise der Grund, warum das Baumharz bei Kulten und Religionen so beliebt ist.
R-(+)-Limonen – der Duft des Südens | Orangen und andere Zitrusfrüchte enthalten nicht nur Vitamin C, sondern darüber hinaus eine ganze Reihe Geschmacks- und Duftstoffe. Ihre Schalen sind besonders reich an R-(+)-Limonen, das nicht nur intensiv nach Orange riecht, sondern technisch auch zusammen mit seinem Enantiomer S-(-)-Limonen als biologischer Lackverdünner zum Einsatz kommt. Wenn man Orangenschalen in Glühwein wirft, breitet sich von ihnen ein schillernder Film aus, der hauptsächlich eben aus Limonen besteht.
Vanillin – das bedeutendste Aroma der Welt | Ein weiteres Weihnachtsgewürz ist die Vanille samt dem Duftstoff Vanillin – dem mengenmäßig bedeutendsten Aromastoff der Welt. Daneben spielt der Aromat auch in der Arzneimittelherstellung und der medizinischen Analytik eine Rolle. Nur ein winziger Teil des Vanillins stammt dabei aus echten Vanilleschoten. Der Rest ist ein Abfallstoff der Zellstoffherstellung: Bei der fällt sehr viel vom Holzinhaltsstoff Lignin an, aus dem man mit Hilfe von Laugen und Oxidationsmitteln unter anderem Vanillin, aber auch verwandte Stoffe gewinnt. Die japanische Chemikerin Mayu Yamamoto gewann 2010 den Ig-Nobelpreis für den Nachweis, dass man Vanillin auch aus Kuhfladen gewinnen kann.
Zimtaldehyd – aus der Rinde ins Essen | Zimt ist ein weiterer essenzieller Bestandteil des Glühweins. Sein Aroma stammt vom Zimtaldehyd, das etwa 90 Prozent des in der Zimtstange enthaltenen Öls ausmacht. Die Zimtstange ist quasi die mittlere Schicht der Rinde des Zimtbaums, die sich nach der Ernte zu einer Röhre zusammenrollt. Zimtaldehyd selbst riecht und schmeckt nicht nur gut, sondern wirkt in hohen Dosen auch antimikrobiell.
Gold – nicht nur als Geschenk beliebt | Sterne, Kugeln, Engelsflügel: Das Edelmetall Gold ist beim Weihnachtsfest allgegenwärtig – das verdankt der Stoff seinem göttlichen Nimbus. Sein Geheimnis ist seine besondere chemische Trägheit, seine Unwilligkeit, sich mit anderen Stoffen zu verbinden. In der Natur findet man es als gediegenes Metall, und es überdauert Jahrhunderte, ohne anzulaufen oder sich anderweitig zu verändern. Seine Beständigkeit, sein Glanz und seine unter den Metallen einzigartige Farbe heben es aus der irdischen Sphäre heraus und kennzeichnen es als himmlischer Herkunft – was stimmt, denn es entstammt wohl der Kollision zweier Neutronensterne, die zuvor jeweils als Supernova explodiert waren. Größere Mengen Gold, die einem plötzlich gehören, haben sich außerdem als zuverlässiger Stimmungsaufheller erwiesen.
Bornylacetat – oh Tannenbaum, oh Tannenbaum | Wahrscheinlich liegt es auch ein wenig am wohlriechenden Harz, dass Tannen und andere Nadelbäume sich einen Platz in der deutschen Weihnachtstradition erobert haben. Ihr Duft jedenfalls ruft Bilder von geschmückten Bäumen und Geschenken im Wohnzimmer hervor. Nadelbäume produzieren eine ganze Palette flüchtiger Stoffe, die Wohlgeruch erzeugen – den typischen Tannenduft erzeugt das Bornylacetat, ein Essigsäureester. Zusätzlich erzeugen sie viele so genannte Terpene, von denen die bedeutendsten α-Pinen und β-Pinen sind. Sie riechen beide nach Terpentin. Andere Geruchskomponenten sind Limonen, Camphen und andere, die ihren Teil zum Weihnachtsbaumgeruch beitragen. All diese Substanzen werden umso flüchtiger, je wärmer es ist – so tragen vermutlich echte Kerzen am Baum nicht nur durch ihr warmes Licht zur gemütlichen Stimmung bei, sondern auch durch den Wohlgeruch, den sie zusätzlich freisetzen helfen. Der einzige Nachteil: Jene Harze, die Weihnachtsbäume so gut duften lassen, machen sie auch gut brennbar.
Amorpher Kohlenstoff – wenn Kerzen richtig verglühen | Auch wenn heutzutage immer mehr Zeitgenossen 15 000-Watt-Lichtbogenlampen als weihnachtliche Vorgartenbeleuchtung für alternativlos erachten: Wirklich festlich ist nur das warme, gelbe Licht der Kerzenflamme. Doch deren zur Besinnlichkeit einladende Ruhe trügt. Tatsächlich befindet sich die Flamme in einem prekären Gleichgewicht, aufrechterhalten durch Docht und Brennmaterial. Die Kerzenflamme verflüssigt das Wachs, das durch die Kapillarkräfte über den Docht in die Flamme gezogen wird. Dann wird es richtig spannend: Im Inneren der Flamme ist nahezu kein Sauerstoff verfügbar, so dass der frisch verdampfte Brennstoff sich nicht entzündet. Vielmehr zerfallen die langen Molekülketten der Wachse zuerst in kleine, hochreaktive Bruchstücke – sie erzeugen das blaue Leuchten rund um den Docht. Wirklich verbrannt wird weiter außen. Zuerst allerdings finden sich die Bruchstücke wieder zusammen. In extrem komplizierten Reaktionen bilden sie erst größere, graphitähnliche Moleküle und dann Rußpartikel. Dabei spalten sie Wasserstoff ab, und der reagiert mit Sauerstoff zu Wasser. Die Energie, die dabei frei wird, heizt die Rußpartikel so stark auf, dass sie gelb-orange leuchten. Doch bald darauf ist auch ihr Weg zu Ende: In der heißen äußeren Flammzone verbrennen sie mit weiterem Sauerstoff zu Kohlendioxid.

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