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Astronomie für Einsteiger: Citizen-Science - Astronomie für Regentage

Auch wenn der Himmel einmal bedeckt ist, können Amateurastronomen ihrem Hobby nachgehen und dabei sogar der Wissenschaft wichtige Dienste erweisen. Mit ihrer Beteiligung an Citizen-Science-Projekten sind sie direkt am Puls der aktuellen Forschung.
Hanny's Voorwerp (Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble)

An einem verregneten Novemberabend ist die Sehnsucht nach klaren Nächten groß. Doch in unseren Breiten vergehen oft Wochen, bis die Wolkendecke den Blick zu den Sternen wieder frei gibt. Wer dann nicht völlig auf sein Hobby verzichten möchte, kann es mit dem Zugang über ein Citizen-Science-Projekt probieren. Auf diese Weise können Sie sich etwa auf die Suche nach extrasolaren Planeten begeben, Galaxien klassifizieren oder sich sogar an der Jagd nach Gravitationswellen beteiligen.

Hanny's Voorwerp | Die holländische Lehrerin Hanny van Arkel entdeckte im Rahmen des Projekts Galaxy Zoo ein seltsames Objekt: Hanny’s Voorwerp ist eine grün leuchtende Gaswolke in der Nähe der Galaxie IC 2497. Im Kern der benachbarten, normal erscheinenden Spiralgalaxie strahlte vermutlich noch vor 100 000 Jahren ein Quasar, der die Wolke hochgradig ionisierte und die Emission der grünen Sauerstofflinie anregte – sie leuchtet noch immer nach.

Modernste Beobachtungstechniken erlauben es den Astrophysikern, in kürzester Zeit riesige Datenmengen über das Universum zu sammeln. Um diese in einem absehbaren Zeitraum auszuwerten, sind enorme Rechenkapazitäten, aber auch ausreichend Personal notwendig. Doch oft können die Forscher mit den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen dem Datenberg nicht mehr Herr werden. Deshalb laden sie an der Wissenschaft interessierte Laien dazu ein, sich an der Auswertung der Daten zu beteiligen.

Citizen-Science mit dem Auge


Galaxy Zoo: Indem wir Galaxien klassifizieren, können wir etwas über die Evolution des Kosmos lernen. Denn ob eine Galaxie Spiral- oder Ellipsenstruktur hat, hängt von ihrer Entwicklungsgeschichte ab.

Moon Zoo: Mit diesem Projekt soll die Mondoberfläche anhand der Aufnahmen des Lunar Reconnaissance Orbiter der NASA sehr viel detaillierter als bisher untersucht werden.

Solar Storm Watch: Eruptionen auf der Sonne zu finden und den Weg des Sonnenwinds in Richtung Erde in Videos des Sonnenobservatoriums STEREO zu verfolgen, ist Ziel dieses Projekts. Auf diese Weise können zum Beispiel die Betreiber von Satelliten oder auch die Besatzung der Internationalen Raumstation (ISS) rechtzeitig vor der geladenen Teilchenstrahlung gewarnt werden.

Planet Hunters: Auf Grundlage der mit dem NASA-Satelliten Kepler aufgenommenen Daten werden hier extrasolare Planeten bei nahen Sternen im Sternbild Schwan gesucht. Wenn ein solcher Planet an seinem Mutterstern vorüberzieht (Transit), sinkt dessen Helligkeit um einen winzigen Betrag. Diese Schwankungen im Sternenlicht gilt es herauszufinden.

The Milky Way Project: In den Daten der Weltraumobservatorien Spitzer und Herschel wird nach Strukturen in Stern­entstehungsregionen der Milchstraße gesucht, mit dem Ziel, die Mechanismen der Sternbildung besser zu verstehen.

Planet Four: Auch auf dem Mars gibt es Oberflächenstrukturen, die durch Wind geformt wurden. Diese lassen sich in diesem Projekt auf Aufnahmen erforschen, die mit der HiRISE-Kamera auf der Sonde Mars Reconnaissance Orbiter aufgenommen wurden.

Space Warps: Extrem massereiche Galaxien lenken das Licht dahinter liegender Objekte auf seinem Weg zu uns ab. Die Suche nach solchen Gravitationslinsen ist wie die Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen. Hier können Sie selbst auf die Pirsch gehen.

Eine Projektauswahl findet sich unter: www.zooniverse.org/.

Je nachdem, wonach die Wissenschaftler suchen, lassen sich die Daten recht sinnvoll mit Softwareroutinen analysieren. Doch vor allem dann, wenn es sich um das Erkennen komplexerer Strukturen handelt, ist das menschliche Gehirn unschlagbar.

Mustererkennung mit dem Auge

Hier können nun Amateurastronomen der Wissenschaft gute Dienste erweisen: Wenn viele Personen über die ganze Welt verteilt an der visuellen Auswertung von Bilddaten mitwirken, findet sich so eine geballte Arbeitskraft von mehreren Personenjahren zusammen. Ein weiterer Vorteil: Viele Augen sehen viel. Und eines jeden Menschen Auge sieht anders. Auf diese Weise lassen sich zum einen systematische Fehler bei der Datenanalyse verringern. Zum anderen hilft ein mehrfach unabhängiger

Blick, auch außergewöhnliche Strukturen ans Licht zu bringen, und erhöht damit die Chancen, neue Entdeckungen zu machen. So gelang etwa der niederländischen Lehrerin Hanny van Arkel im Rahmen des Projekts Galaxy Zoo die Entdeckung eines ungewöhnlichen Objekts, "Hanny’s Voorwerp", nahe der Spiralgalaxie IC 2497 (siehe beigestelltes Bild). Allein sieben solcher Projekte zur Astronomie werden auf dem Internetportal www.zooniverse.org angeboten (siehe Kasten oben).

Projekte für verteiltes Rechnen

Einen etwas anderen Ansatz wählen jene Projekte, bei denen der per Computer durchgeführte Anteil der Datenanalyse sehr aufwändig ist. Das mag einerseits an den Datenmengen liegen. Andererseits gestaltet sich aber beispielsweise die Suche nach Gravitationswellen ähnlich schwierig wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Denn die erwarteten Signale, die theoretische Berechnungen vorhersagen, sind kaum größer als das Hintergrundrauschen der derzeit betriebenen Detektoren.

Hierzu lässt sich brachliegende Rechenzeit an Heimcomputern nutzen, die von PC-Besitzern "gespendet" wird. Denn bei der Verwendung eines PCs für private Zwecke bleiben einige Prozent der Rechenkapazität (CPU) ungenutzt. So kann es ein Netzwerk aus rund 500 000 über den Erdball verteilten Privatrechnern schon einmal auf ein Zehntel jener Rechenleistung schaffen, welche die 500 weltweit größten professionellen Supercomputercluster aufbringen.

Auf dem Webportal http://boinc.berkeley.edu/projects.php der Berkeley Open Infrastructure for Network Computing (Berkeley-Infrastruktur für verteiltes Rechnen) ist eine ganze Bandbreite an solchen Initiativen aufgeführt (siehe Kas­ten unten). Möchte man sich an einem der Projekte für verteiltes Rechnen beteiligen, lädt man einfach eine spezifische Software herunter und bekommt Datenpakete zugeschickt, die im Hintergrund analysiert werden.

Citizen-Science mit dem PC


Asteroids@home: Auf der Grundlage von Fotometriedaten sollen bei diesem Projekt Modelle zur Form und Rotation für einen Großteil der Asteroidenpopula­tion erstellt werden.

Cosmology@Home: Die mit diesem Projekt vorangetriebene Datenanalyse sucht nach der Verteilung Dunkler Materie im Universum. Auf dieser Basis wollen Wissenschaftler ein möglichst passendes Modell des Kosmos erstellen.

Einstein@home: In den Daten des Arecibo-Teleskops wie auch des Fermi-Satelliten geht es hierbei auf Entdeckungsjagd nach Pulsaren. Zudem werden die Daten der Detektoren LIGO und GEO600 nach Gravitationswellensignalen von Pulsaren durchforstet.

LHC@home: Mit Simulationen soll das Design des Large Hadron Collider (LHC) sowie seiner Detektoren verbessert werden.

Milkyway@home: Auf der Basis von Daten, die im Rahmen des Sloan Digital Sky Survey aufgenommen wurden, soll ein möglichst genaues räumliches Modell der Milchstraße erstellt werden.

SETI@home: Mit diesem ältesten und wohl bekanntesten Projekt für verteiltes Rechnen wird in den Daten von Radioteleskopen nach Signalen außerirdischer technologischer Zivilisationen gesucht.

theSkyNet POGS: Hier werden Aufnahmen aus verschiedenen Wellenlängen­bereichen kombiniert, um einen möglichst aussagekräftigen Atlas der Galaxien im nahen Universum zu erstellen.

Eine Projektauswahl findet sich unter: http://boinc.berkeley.edu/projects.php

Hinter jeder dieser Initiativen steht ein Projektteam aus professionellen Wissenschaftlern, das die Daten aufbereitet und zur Verfügung stellt und zudem eine ausführliche Anleitung zur Auswertung gibt. Mit etwas Glück findet man dann einen neuen Pulsar oder eine außergewöhnliche Galaxie und wird in der wissenschaftlichen Veröffentlichung in der Danksagung erwähnt oder gar zitiert.

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