Astronomie für Einsteiger: Citizen-Science - Astronomie für Regentage
An einem verregneten Novemberabend ist die Sehnsucht nach klaren Nächten groß. Doch in unseren Breiten vergehen oft Wochen, bis die Wolkendecke den Blick zu den Sternen wieder frei gibt. Wer dann nicht völlig auf sein Hobby verzichten möchte, kann es mit dem Zugang über ein Citizen-Science-Projekt probieren. Auf diese Weise können Sie sich etwa auf die Suche nach extrasolaren Planeten begeben, Galaxien klassifizieren oder sich sogar an der Jagd nach Gravitationswellen beteiligen.
Modernste Beobachtungstechniken erlauben es den Astrophysikern, in kürzester Zeit riesige Datenmengen über das Universum zu sammeln. Um diese in einem absehbaren Zeitraum auszuwerten, sind enorme Rechenkapazitäten, aber auch ausreichend Personal notwendig. Doch oft können die Forscher mit den ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen dem Datenberg nicht mehr Herr werden. Deshalb laden sie an der Wissenschaft interessierte Laien dazu ein, sich an der Auswertung der Daten zu beteiligen.
Citizen-Science mit dem Auge
Galaxy Zoo: Indem wir Galaxien klassifizieren, können wir etwas über die Evolution des Kosmos lernen. Denn ob eine Galaxie Spiral- oder Ellipsenstruktur hat, hängt von ihrer Entwicklungsgeschichte ab.
Moon Zoo: Mit diesem Projekt soll die Mondoberfläche anhand der Aufnahmen des Lunar Reconnaissance Orbiter der NASA sehr viel detaillierter als bisher untersucht werden.
Solar Storm Watch: Eruptionen auf der Sonne zu finden und den Weg des Sonnenwinds in Richtung Erde in Videos des Sonnenobservatoriums STEREO zu verfolgen, ist Ziel dieses Projekts. Auf diese Weise können zum Beispiel die Betreiber von Satelliten oder auch die Besatzung der Internationalen Raumstation (ISS) rechtzeitig vor der geladenen Teilchenstrahlung gewarnt werden.
Planet Hunters: Auf Grundlage der mit dem NASA-Satelliten Kepler aufgenommenen Daten werden hier extrasolare Planeten bei nahen Sternen im Sternbild Schwan gesucht. Wenn ein solcher Planet an seinem Mutterstern vorüberzieht (Transit), sinkt dessen Helligkeit um einen winzigen Betrag. Diese Schwankungen im Sternenlicht gilt es herauszufinden.
The Milky Way Project: In den Daten der Weltraumobservatorien Spitzer und Herschel wird nach Strukturen in Sternentstehungsregionen der Milchstraße gesucht, mit dem Ziel, die Mechanismen der Sternbildung besser zu verstehen.
Planet Four: Auch auf dem Mars gibt es Oberflächenstrukturen, die durch Wind geformt wurden. Diese lassen sich in diesem Projekt auf Aufnahmen erforschen, die mit der HiRISE-Kamera auf der Sonde Mars Reconnaissance Orbiter aufgenommen wurden.
Space Warps: Extrem massereiche Galaxien lenken das Licht dahinter liegender Objekte auf seinem Weg zu uns ab. Die Suche nach solchen Gravitationslinsen ist wie die Suche nach einer Stecknadel im Heuhaufen. Hier können Sie selbst auf die Pirsch gehen.
Eine Projektauswahl findet sich unter: www.zooniverse.org/.
Mustererkennung mit dem Auge
Hier können nun Amateurastronomen der Wissenschaft gute Dienste erweisen: Wenn viele Personen über die ganze Welt verteilt an der visuellen Auswertung von Bilddaten mitwirken, findet sich so eine geballte Arbeitskraft von mehreren Personenjahren zusammen. Ein weiterer Vorteil: Viele Augen sehen viel. Und eines jeden Menschen Auge sieht anders. Auf diese Weise lassen sich zum einen systematische Fehler bei der Datenanalyse verringern. Zum anderen hilft ein mehrfach unabhängiger Blick, auch außergewöhnliche Strukturen ans Licht zu bringen, und erhöht damit die Chancen, neue Entdeckungen zu machen. So gelang etwa der niederländischen Lehrerin Hanny van Arkel im Rahmen des Projekts Galaxy Zoo die Entdeckung eines ungewöhnlichen Objekts, "Hanny’s Voorwerp", nahe der Spiralgalaxie IC 2497 (siehe beigestelltes Bild). Allein sieben solcher Projekte zur Astronomie werden auf dem Internetportal www.zooniverse.org angeboten (siehe Kasten oben).
Projekte für verteiltes Rechnen
Einen etwas anderen Ansatz wählen jene Projekte, bei denen der per Computer durchgeführte Anteil der Datenanalyse sehr aufwändig ist. Das mag einerseits an den Datenmengen liegen. Andererseits gestaltet sich aber beispielsweise die Suche nach Gravitationswellen ähnlich schwierig wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Denn die erwarteten Signale, die theoretische Berechnungen vorhersagen, sind kaum größer als das Hintergrundrauschen der derzeit betriebenen Detektoren.
Hierzu lässt sich brachliegende Rechenzeit an Heimcomputern nutzen, die von PC-Besitzern "gespendet" wird. Denn bei der Verwendung eines PCs für private Zwecke bleiben einige Prozent der Rechenkapazität (CPU) ungenutzt. So kann es ein Netzwerk aus rund 500 000 über den Erdball verteilten Privatrechnern schon einmal auf ein Zehntel jener Rechenleistung schaffen, welche die 500 weltweit größten professionellen Supercomputercluster aufbringen.Citizen-Science mit dem PC
Asteroids@home: Auf der Grundlage von Fotometriedaten sollen bei diesem Projekt Modelle zur Form und Rotation für einen Großteil der Asteroidenpopulation erstellt werden.
Cosmology@Home: Die mit diesem Projekt vorangetriebene Datenanalyse sucht nach der Verteilung Dunkler Materie im Universum. Auf dieser Basis wollen Wissenschaftler ein möglichst passendes Modell des Kosmos erstellen.
Einstein@home: In den Daten des Arecibo-Teleskops wie auch des Fermi-Satelliten geht es hierbei auf Entdeckungsjagd nach Pulsaren. Zudem werden die Daten der Detektoren LIGO und GEO600 nach Gravitationswellensignalen von Pulsaren durchforstet.
LHC@home: Mit Simulationen soll das Design des Large Hadron Collider (LHC) sowie seiner Detektoren verbessert werden.
Milkyway@home: Auf der Basis von Daten, die im Rahmen des Sloan Digital Sky Survey aufgenommen wurden, soll ein möglichst genaues räumliches Modell der Milchstraße erstellt werden.
SETI@home: Mit diesem ältesten und wohl bekanntesten Projekt für verteiltes Rechnen wird in den Daten von Radioteleskopen nach Signalen außerirdischer technologischer Zivilisationen gesucht.
theSkyNet POGS: Hier werden Aufnahmen aus verschiedenen Wellenlängenbereichen kombiniert, um einen möglichst aussagekräftigen Atlas der Galaxien im nahen Universum zu erstellen.
Eine Projektauswahl findet sich unter: http://boinc.berkeley.edu/projects.php
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