Lexikon der Biologie: Integrine
Integrine, Adhäsionsrezeptoren, heterodimere Rezeptoren in der Plasma-Membran von Vertebraten- und Invertebratenzellen, welche die Adhäsion von Zellen an Proteine der extrazellulären Matrix und des Blutserums, die Adhäsion zwischen verschiedenartigen Zellen (heterotype Adhäsion) oder eine indirekte, Liganden-vermittelte Adhäsion zwischen gleichartigen Zellen (homotype Adhäsion) gewährleisten. Integrine sind aus nicht-kovalent miteinander verbundenen α- und β-Untereinheiten aufgebaut, die zelltypspezifisch exprimiert und kombiniert werden können. Zum Beispiel bilden die β1-Integrine eine Familie von Integrinen mit identischen β1-, aber unterschiedlichen α-Ketten. Gemeinsam ist beiden Gruppen von Untereinheiten eine große extrazelluläre und eine sehr kleine intrazelluläre Domäne. Jedes αβ-Heterodimer erkennt einen spezifischen Liganden, wobei die Wechselwirkungen zwischen Integrinen und Liganden von divalenten Kationen (Ca2+, Mg2+, Mn2+) abhängig sind. Die Bindungsstelle für divalente Kationen ist auf der α-Untereinheit lokalisiert und weist Homologien zu der Ca2+-Bindestelle von Calmodulin auf. Die Adhäsion der Integrine an Matrixproteine wie Fibronektin, Laminin, Tenascin, Vitronektin und auch Kollagen erfolgt über deren RGD-Sequenz (Arginin-Glycin-Asparaginsäure). Eine solche RGD-Sequenz besitzen in der Regel auch die Liganden, welche die homotype Zell-Zell-Adhäsion gewährleisten. Bei wandernden Zellen sind die Integrine über die Zellmembran verteilt, zur Adhäsion an Substrat finden sie sich an den Adhäsionskontaktstellen zusammen und vermitteln die Verbindung von Komponenten der extrazellulären Matrix mit Actinfilamenten des Zellskeletts. Dies geschieht durch die Bindung der β-Untereinheit an intrazelluläre Proteine wie Talin und α-Actinin ( vgl. Abb. ). Unter Mitwirkung weiterer Proteine wie z.B. Vinculin und Paxillin werden die Integrinrezeptoren mit Actinfilamenten verknüpft, so daß Zellen mit der Matrix verbunden werden können. Kinasen wie die FAK (focal adhesion kinase), c-src (zelluläre Protein-Tyrosin-Kinase der src-Familie; Onkogene), IP3-Kinase (IP3) oder Proteinkinase C sammeln sich in den fokalen Kontaktstellen und werden aktiviert. Nicht über Actinfilamente, sondern über intermediäre Filamente erfolgt die Verankerung von Zellen mit Komponenten der Basalmembran, bei der Integrine (α6β4-Integrin) in den Hemidesmosomen lokalisiert sind. Integrine wie der Fibronektin-Rezeptor (α5β1-Integrin) haben Bedeutung in der Embryogenese, LFA-1 (leukocyte function associated molecule-1, αLβ2-Integrin, CD11a/CD18; LFA), der ICAM-1-Rezeptor (ICAM-1), ist für die Adhäsion zwischen Lymphocyten und Antigen-präsentierenden Zellen und das Auswandern von Blutzellen aus den Blutgefäßen ins Gewebe bei Entzündungen (Extravasion) von Bedeutung. Man bezeichnet diese Integrine auch als sehr späte Antigene (very late antigens, Abk. VLAs). Andere Integrine sind von Bedeutung für die Neubildung von Blutgefäßen (Angiogenese) oder die Aggregation von Thrombocyten (αIIbβ3-Integrin, vWF-Rezeptor [Rezeptor für den von Willebrand-Faktor]). Bei Infektionen fungieren Integrine als Andockstellen für bakterielle Oberflächenproteine (Invasin) und ermöglichen so das Eindringen der Erreger in die Zelle. Besonders einsichtig wird die Bedeutung der Integrine in den Vorgängen, die zur neoplastischen Transformation sowie zur Metastasenbildung führen (Krebs, Metastasierung). Hier ist die Integrin-vermittelte Wechselwirkung zwischen Zellen und der extrazellulären Matrix gestört. Bei Brust- und Lungenkarzinomen sind z.B. Integrine der β1-Familie in geringerer Menge vorhanden, bei Melanomen führt ein Anstieg von ανβ3-Integrinen (Vitronektin-Rezeptor) zu einer erhöhten Bösartigkeit. Adhäsine, Blutzellenadhäsion, Selektine.
M.B.
Integrine
intra- und extrazelluläre Integrin-Interaktionen
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