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Lexikon der Biologie: Landpflanzen

Landpflanzen, i.e.S. die durch einen gemeinsamen, funktionell zu verstehenden Merkmalskomplex aus mehreren Synapomorphien charakterisierte monophyletische Gruppe der Embryophyta. Ihre wichtigsten Gruppen sind: die Lebermoose(Marchantiopsida), Hornmoose(Anthocerotopsida) und Laubmoose(Bryopsida), die häufig in der paraphyletischen Gruppe der Moose zusammengefaßt werden, die Bärlappgewächse(Lycopsida), Schachtelhalmgewächse(Equisetopsida) und Farngewächse i.e.S. (Filicopsida), die früher als polyphyletische Gruppe der Farnpflanzen i.w.S. bezeichnet wurden, sowie die monophyletischen Samenpflanzen (Spermatophyta) mit den Bedecktsamern(Angiospermen) und den verschiedenen Entwicklungslinien der Nacktsamer(Gymnospermen). – Die Eroberung des Landes durch die Pflanzen begann bereits im mittleren Ordovizium vor etwa 460 Millionen Jahren (Erdgeschichte), ausgehend von wasserlebenden Vorfahren. Diese erste Phase der Landbesiedlung, die vermutlich durch moosähnliche Pflanzen stattfand, ist vor allem durch Sporenfunde belegt. Die Aufspaltung in die 3 Entwicklungslinien der Moose und die Kormophyten (Sproßpflanzen) ereignete sich vermutlich während des Oberen Ordoviziums und des Untersilurs (vor ca. 450 bis 440 Millionen Jahren). Aus dem Untersilur stammen auch die ersten Makrofossilien mit eindeutigen Landpflanzenmerkmalen. Dieser „Schritt aufs Land" erforderte von den Pflanzen besondere strukturelle und physiologische Anpassungen, denen die Landpflanzen durch den Bautyp des Kormus genügten. Zwar zählen die Moose nicht zu den eigentlichen Kormophyten, doch besitzen sie einen ähnlichen „Bauplan" mit Kormus-analogen, zum Teil auch wohl -homologen Ausbildungen: So zeigen die Moose vielfach eine Gliederung in „Sproßachse" und „Blättchen". Da sie krautig bleiben und Wasser vor allem über die „Blättchen" aufnehmen, haben sie dagegen keine Wurzeln, sondern lediglich Rhizoide; Cutin (nicht Suberin) und Polyphenole sind nachgewiesen. Spaltöffnungen kommen nur bei den Sporophyten einiger Moose vor, die eigentliche Moospflanze (der Gametophyt) besitzt – wenn überhaupt – nur nicht regulierbare Atemöffnungen; wenn Leitelemente vorhanden sind, so nur als einfache wasserleitende Hydroid- und als assimilatleitende Leptoid-Zellen. Die typische Kormus-Gestalt fehlte allerdings noch den ältesten und ursprünglichsten Landpflanzen, die früher in der polyphyletischen Sammelgruppe der Psilophyten (Urfarne) zusammengefaßt wurden, und im Silur und im Unterdevon nachweisbar sind (z.B. Cooksonia; Landpflanzennatur erkennbar an Cuticula, Spaltöffnungen und Tracheiden). Diese frühen Vertreter der Kormophyten bestanden nur aus assimilierenden „Sproßachsen" (Telomen) mit end- oder seitenständigen Sporangien und einem Rhizom mit Rhizoiden; Blätter und Wurzeln waren also noch nicht vorhanden. Der Aufbau aus stielrunden Telomen bedeutete einerseits ein günstiges Oberflächen-Volumen-Verhältnis und eine entsprechend geringe Verdunstung, setzte aber andererseits dem Wachstum gewisse Grenzen, da die (photosynthetisch aktive) Oberfläche bei zunehmendem Volumen langsamer anwächst (mit der 2. Potenz des Radius) als das Volumen (3. Potenz). Daher kam es spätestens mit der Entwicklung der Baumform (Baum), die im Mittel- und Oberdevon konvergent bei echten Farnen, Bärlappen, Schachtelhalmen und Progymnospermen erreicht wurde, zur Differenzierung in tragende Sproßachsen und assimilierende flächige Blätter (Blatt, Telomtheorie). Die Evolution der Baumform war darüber hinaus an die Ausbildung eines positiv geotrop (Gravitropismus, Diageotropismus) wachsenden Wurzelsystems (Wurzel) gebunden, das mit dem Kronenwachstum Schritt hielt; erste echte Wurzeln lassen sich im Unterdevon z.B. bei Drepanophycus, einem ursprünglichen Bärlappgewächs, nachweisen. Im generativen Bereich zeichnen sich die Landpflanzen durch Entwicklungen aus, die zunehmend eine vom Wasser unabhängige Reproduktion ermöglichten: die Gametangien (Antheridium, Archegonium) und Sporangien sind schützende, mehrzellige Gebilde; die Zygote entwickelt sich im Archegonium zum Embryo (Embryophyta; Embryonalentwicklung); die Meiosporen (Gonospore) werden von einer dauerhaften Wand aus Sporopolleninen umgeben, die vor Fraß, Austrocknung und der mutagenen UV-Strahlung (Ultraviolett) schützt. Bei den verschiedenen als Farne i.w.S. zusammengefaßten Entwicklungslinien besteht eine Tendenz zur neotenischen Reduktion des poikilohydren Gametophyten und zur Heterosporie, die bei den Samenpflanzen dann zur Samen- und Pollenkornbildung (konvergent allerdings auch bei den Samenbärlappen erreicht; Pollen, Samen) und schließlich zur Pollenschlauchbefruchtung (Siphonogamie) führt. – Die Ahnen der Landpflanzen ( vgl. Infobox ) wurden seit langer Zeit wegen des gemeinsamen Vorkommens von Stärke, Cellulose und Chlorophyll a und b unter den heute als paraphyletisch interpretierten Grünalgen vermutet. In den 1990er Jahren konnte durch Stammbaumanalysen unter Verwendung molekularer und morphologischer Merkmale nachgewiesen werden, daß die nächsten Verwandten der grünen Landpflanzen (Embryophyten) unter den beiden nahe verwandten Ordnungen Armleuchteralgen (Charales) und Coleochaetales zu suchen sind. Fossile Übergangsformen zwischen diesen Algengruppen und den ersten echten Landpflanzen sind allerdings nicht bekannt. Nach heutigem Kenntnisstand haben sich zunächst nacheinander die Lebermoose, die Hornmoose und die Laubmoose von der gemeinsamen Entwicklungslinie der grünen Landpflanzen abgespalten, dann folgten die Protracheophyten (mit Aglaophyton), bei denen noch nicht alle Kormophytenmerkmale vollständig ausdifferenziert sind, und schließlich als erste Gruppe mit echten Tracheiden die Rhyniales (mit Rhynia;vgl. Abb. ). Als erste noch heute vertretene Kormophytengruppe folgten die Bärlappgewächse. Als nächstes spalteten sich die nur fossil bekannten Trimerophytales ab, welche die Schwestergruppe aller anderen heute noch existierenden Gruppen der grünen Landpflanzen sind (d.h. der Schachtelhalmgewächse, der echten Farne und der Samenpflanzen). Eine zweite, lange diskutierte, heute aber kaum noch haltbare Hypothese stellt Psilophytengruppen, wie z.B. die Rhyniales, an die Basis der Landpflanzen-Evolution, von denen ausgehend sich dann nicht nur alle anderen Kormophytengruppen (Farne i.w.S., Samenpflanzen), sondern auch die Moose entwickelt hätten. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß in den letzten 20 Jahren neben den Sporophyten auch die Gametophyten mehrerer Protracheophyten- und Rhyniales-Arten entdeckt wurden (Aglaophyton, Lyonophyton). Diese Gametophyten unterscheiden sich morphologisch kaum von den Sporophyten, so daß ein nahezu isomorpher Generationswechsel vorliegt. Bedecktsamer (Abb. Archaefructus), grüne Pflanzen, Leitungsgewebe, Mykorrhiza, Pflanzen, Proangiospermen, Urlandpflanzen.

V.M./T.Sp.

Lit.: Bateman, R.M., Crane, P.R., DiMichele, W.A., Kenrick, P.R., Rowe, N.P., Speck, T., Stein, W.E.: Early evolution of land plants: phylogeny, physiology and ecology of the primary terrestrial radiation. Ann. Rev. Ecol. Syst., 29: 263–292 (1998). Graham, L.E.: Origin of land plants. New York 1993. Kenrick, P., Crane, P.R.: The origin and early diversification of land plants: a cladistic study. Washington 1997. Taylor, T.N., Taylor, E.L.: The biology and evolution of fossil plants. Englewood Cliffs 1993. Thomas, B.A., Spicer, R.A.: The evolution and palaeobiology of land plants. London – Sydney 1987.



Landpflanzen

Vereinfachter Stammbaum der Landpflanzen (nach Doyle 1998, Kenrick & Crane 1997, Speck 1992)

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