Lexikon der Biologie: Palmen
Palmen, Palmae, Arecaceae, hauptsächlich in den Tropen verbreitete einzige Familie der Palmenartigen mit knapp 200 Gattungen ( vgl. Tab. ) und über 2500 Arten. Kletterpflanzen (Lianen), Sträucher oder bis über 30 m hohe, meist unverzweigte Bäume mit einem ausgeprägten primären Dickenwachstum, jedoch ohne das für die Dikotylen (Zweikeimblättrige Pflanzen) typische sekundäre Dickenwachstum. Eine "typische" Palme besteht aus einem mehr oder minder säulenförmigen Stamm, einem endständigen Blattschopf mit einer einzigen Scheitelknospe sowie meist blattachselständigen Blüten- bzw. Fruchtständen. Der Stamm wird von zahlreichen zerstreut angeordneten und von einem harten, faserigen Festigungsgewebe umgebenen Gefäßbündeln durchzogen. Die Spreiten der oft sehr großen gestielten Blätter ("Wedel") werden ungeteilt, aber gefältelt angelegt und zerteilen sich später in der Regel durch nachträgliches Absterben oder Verschleimen von Zellen. Nach der Blattform unterscheidet man Fiederpalmen, deren federförmige Blätter (Blatt) eine lange Mittelrippe besitzen, sowie Fächerpalmen mit rundlichen, fächerförmigen Blättern, deren Mittelrippe gestaucht ist. Die von Hüllblättern umgebenen und durchsetzten Blütenstände sind sehr unterschiedlich gebaut; einfache Ähren sind ebenso zu finden wie riesige, stark zerteilte Rispen mit oft verdickten Ästen. Sie treiben meist seitlich (in den Blattachseln), können aber auch an der Spitze des Stamms entstehen. Im letzteren Fall fruchtet die Palme nur einmal und stirbt dann ab (Sagopalme). Die eher unscheinbaren Palmblüten sind staminokarpellat oder eingeschlechtig (ein- oder zweihäusig verteilt) und werden in der Regel vom Wind (Anemogamie), gelegentlich aber auch von Insekten (Entomogamie) bestäubt. Sie besitzen je 3 freie oder verwachsene Kelch- und Kronblätter, meist 2 dreizählige Staubblattkreise und einen oberständigen Fruchtknoten aus 3 einzeln stehenden oder verwachsenen Fruchtblättern. Bei den Früchten handelt es sich meist um einsamige Beeren oder Steinfrüchte (Fruchtformen). – Palmen gelten als sehr alte Verwandtschaftsgruppe: es treten vielfach Gattungen mit nur 1 Art auf; zudem zeigen viele Arten ein sehr begrenztes Verbreitungsgebiet. Palmenarten besiedeln die unterschiedlichsten Standorte, von feuchten Tiefland-Regenwäldern und Mangrovesümpfen (Mangrove) bis hin zu Trockenwäldern, Savannen und Wüsten. In Europa heimisch sind nur Chamaerops humilis (Zwergpalme; in Südwesteuropa) und Phoenix theophrastii (eine auf Kreta endemische Verwandte der Dattelpalme). Einige Palmenarten sind von großer wirtschaftlicher Bedeutung: so sind Ölpalme, Kokospalme ( vgl. Abb. ) und Babassupalme wichtige Fettlieferanten, die Sagopalme dient der Stärkegewinnung, und aus den Blütenständen der Palmyrapalme sowie der in Malaysia und Indonesien vorkommenden Zuckerpalme oder Arengpalme (Arenga pinnata;Kulturpflanzen II ) wird der sog. Palmzucker gewonnen. Eßbare Früchte liefern die Dattelpalme ( vgl. Abb. ; Gleditsch [J.G.]) sowie die Salekpalme (Salacca zalacca; Malaiisches Archipel), eine bis 6 m hohe, buschig wachsende Fiederpalme; ihre 6–8 cm großen, birnenförmigen Beerenfrüchte sind außen mit glänzend-braunen Schuppen bedeckt und besitzen ein saftiges, süßsäuerliches Fruchtfleisch. Weitere, als Obst-, Gemüse-, Fett-, Faser-, Stärke- oder Zuckerlieferanten genutzte Palmen (nachwachsende Rohstoffe) sind: die Betelnußpalme, Cohunepalme, Fiederpalme, Fischschwanzpalme, Hanfpalme, Honigpalme, Palmettopalme ( vgl. Abb. ), Pfirsichpalme, Raphiapalme und die Talipotpalme. Von der Carnaubapalme stammt ein vielseitig verwendbares Wachs, von der Elfenbeinpalme (Phytelephas) das zum Schnitzen geeignete "vegetabilische Elfenbein". Auf Sumatra wird aus den Früchten der mit der Rotangpalme verwandten Kletterpalme Daemonorops draco durch Erhitzen ein Harz ("Indisches Drachenblut") gewonnen. Viele Palmen besitzen auch ein festes Holz, das sich als Baumaterial eignet; die als Spreizklimmer wachsenden Rotang-Palmen liefern das begehrte Rattan, aus dem Möbel hergestellt werden. Als Zierpalmen kultiviert werden u.a. Archontophoenix, die Erytheapalme, die Königspalme und die Romanzoffianische Kokospalme. Weitere dekorative, in Tropengärten anzutreffende Palmen sind: die Butiapalme (Butia capitata; Brasilien,Uruguay), eine bis 6 m hohe Fiederpalme mit 3 cm großen goldgelben Steinfrüchten, die sich zu Gelee verarbeiten lassen ("Geleepalme"); die Rotstielpalme, Siegellackpalme oder Lippenstiftpalme (Cyrtostachys lakka syn. Cyrtostachys renda; Küstensümpfe Südostasiens), eine zierliche, buschartige Fiederpalme mit leuchtend rot gefärbten Blattbasen und Mittelrippen; die Flaschenpalme (Hyophorbe lagenicaulis; Maskarenen), eine bis 5 m hohe Fiederpalme mit flaschenförmigem Stamm; die auf den Maskarenen heimischen Latanpalmen (Latania; 3 Arten), bis 10 m hohe Fächerpalmen mit purpurrot, bläulich oder goldgelb gezeichneten Blattstielen; die Washingtonie (Washingtonia robusta; Südwesten der USA bis Mexiko; vgl. Abb. ), eine hohe, schlanke Fächerpalme mit an der Basis verdicktem Stamm; die Goldblattpalme oder Goldfruchtpalme (Chrysalidocarpus lutescens; Madagaskar, Komoren), eine Pflanze mit mehreren schlanken Stämmen und goldgelben Wedeln (an sonnigem Standort), die sich auch als Zimmerpflanze eignet; die Chinesische oder Australische Fächerpalme (Livistona), die sich ebenfalls als Zimmer- oder Kübelpflanzen eignet, sowie die Howeapalme oder Kentie (Howea, syn. Howeia, syn. Kentia; Lord-Howe-Insel), eine schlanke, bis 10 m hohe Fiederpalme, deren beide Arten in jungem Zustand wegen ihres grazilen Aussehens ebenso gern als Zimmerpalmen gezogen werden wie die Bergpalme (Chamaedorea elegans; Chamaedorea) oder die Zwergpalme(Chamaerops humilis). Die größte lebende Palmenart ist Ceroxylon andicola; sie erreicht über 60 m Höhe und wurde zum Wahrzeichen von Kolumbien. Die größten Samen des gesamten Pflanzenreichs bringt Lodoicea maldivica, die Seychellennußpalme oder Seychellenpalme, hervor. Palmherz; Afrika III , Afrika V , Afrika VIII , Kulturpflanzen IKulturpflanzen IIKulturpflanzen III , Kulturpflanzen VI , Mediterranregion I , Mediterranregion IV , Nordamerika VII , Südamerika III–IV.
A.G./N.D.
Palmen
1 Dattelpalme (Phoenix dactylifera),2 Kokospalme (Cocos nucifera),3 Washingtonie (Washingtonia robusta),4 Palmettopalme (Sabal palmetto)
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