Lexikon der Biologie: polychlorierte Biphenyle
polychlorierte Biphenyle, Abk. PCB, Gruppe von synthetischen, zu den Chlorkohlenwasserstoffen zählenden Verbindungen. Die chemische Summenformel kann mit C12H10–nCln dargestellt werden, wobei n die Werte 1–10 annehmen kann. Die Namen Aroclor, Clophen, Phenoclor, Kanechlor usw. sind Handelsnamen, die sich meist auf bestimmte Mischungsverhältnisse definierter chemischer PCB beziehen. Die meisten PCB-Verbindungen sind unter Normalbedingungen Feststoffe, einige sind ölig. Alle PCB basieren auf dem aromatischen Kohlenwasserstoff Biphenyl ( vgl. Abb. ), bei dem chemisch 1–10 Wasserstoffatome durch Chloratome (Chlor) substituiert sind. Die ökotoxikologisch (Ökotoxikologie) wichtigen Eigenschaften sind recht unterschiedlich und ändern sich mit dem Chlorierungsgrad und teilweise auch mit der Isomerisierung. Die relative Molekülmasse liegt zwischen 188,1 und 493,7, je nach Chlorgehalt. Die Wasserlöslichkeit nimmt mit steigender Chloratomzahl ab und liegt zwischen etwa 0,1 μg/l und 6 mg/l. PCB wurden seit 1929 in geschlossener Anwendung (z.B. Kondensatoren, Hochspannungstransformatoren) sowie in offener Anwendung (z.B. in Schmierstoffen, Schneidölen) eingesetzt und gelangen seit damals in die Umwelt. In der BR Deutschland werden sie seit 1983 nicht mehr hergestellt und dürfen (in der EG seit 1976) nur noch in geschlossenen Systemen, z.B. Transformatoren, verwendet werden. 1989 wurde die Anwendung in Deutschland verboten. Bis zum Jahr 2000 galt eine Übergangsregelung für vorhandene PCB-Produkte bzw. die Anwendung in geschlossenen Systemen. In Deutschland bzw. später im westlichen Deutschland sind zwischen 1929 und 1983 ca. 750.000 t polychlorierte Biphenyle produziert worden. Die Verbindungen sind auch in der Natur sehr stabil. Bei der Verbrennung können im Temperaturbereich von 600–900 °C Chlordibenzofurane und Chlordibenzo-p-dioxine entstehen, weshalb eine höhere Temperatur (um 1200 °C, mit genügend O2) gewählt werden muß und PCB-haltige Abfälle als Sonder-Abfall deklariert werden müssen. Eine vollständige Verbrennung erfolgt erst bei noch höheren Temperaturen. Aufgrund ihrer Stabilität zeigen die PCB eine starke Persistenz, reichern sich in der Nahrungskette – ähnlich wie andere Chlorkohlenwasserstoffe – stark an und konzentrieren sich besonders in fetthaltigen Körperteilen und Nahrungsmitteln ( vgl. Infobox ). Polychlorierte Biphenyle sind giftig, und einige Verbindungen zeigen im Tierversuch cancerogene Wirkung (Krebs). Als Verbreitungsquellen sind Hausmüllverbrennungsanlagen und Mülldeponien zu nennen, aber auch Industriemüll verarbeitende Betriebe und Altölverbrennungsanlagen. Der MAK-Wert (Tab.) richtet sich nach dem Chlorgehalt und beträgt bei einem Chlorgehalt von 42% 1 mg/m3 (0,1 ppmv), bei einem Chlorgehalt von 54% 0,5 mg/m3 (0,05 ppmv). Eine gewisse Kontamination liegt heute fast überall vor. Im Boden beträgt die PCB-Konzentration durchschnittlich 1–10 ppb (bezogen auf die Trockenmasse), sein Eintrag erfolgt durch das Düngen (Dünger) mit Klärschlamm. Dabei werden die PCB stark an organische Makromoleküle gebunden, wodurch die Aufnahme in Pflanzen eingeschränkt wird. Da diese Bindung meist irreversibel ist, entgehen sie teilweise analytischen Nachweisen, da ein großer Anteil bei den erforderlichen Extraktionen als sog. bound residues (gebundene Rückstände) im Boden verbleibt. PCB behindern bei Pflanzen das Wachstum und die Wasseraufnahme. Im Warmblüterorganismus beträgt die biologische Halbwertszeit mehr als 90 Stunden, die Ausscheidung erfolgt in Form polarer Metaboliten. Aufgrund ihres relativ niedrigen Dampfdrucks können sie über die Luft bzw. Atmosphäre im weiten Umkreis (je nach freigesetzten Mengen auch weltweit) verteilt werden. Bioremediation, Dihydroxy-Dioxygenase, Fluorchlorkohlenwasserstoffe, Halogenkohlenwasserstoffe, Umweltbelastung, TCDD.
polychlorierte Biphenyle
Strukturformel des Biphenyls. Aus dem Grundgerüst des Biphenyls entstehen durch Substitution der H-Atome durch Cl-Atome die 209 möglichen polychlorierten Biphenyle.
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