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Lexikon der Biologie: Schimpanse

Dieser Artikel ist veraltet. Der Begriff »Rasse« wird in der Fachterminologie nicht mehr verwendet.

Schimpansem [aus einer westafrikan. Sprache, über franz. chimpanzé, =], Pan troglodytes, zusammen mit dem irreführend auch „Zwerg“schimpanse genannten Bonobo (Pan paniscus, dessen Körpergröße im Variationsbereich des „gewöhnlichen“ Schimpansen liegt) nächster Verwandter des Menschen unter den Menschenaffen). Kopfrumpflänge 74–96 cm, Scheitelhöhe (aufrecht stehend) 130–170 cm, Körpergewicht 40–60 kg (Männchen; Weibchen: 32–47 kg), Hirngewicht 410 g. Gegenwärtig werden 4 Unterarten unterschieden: Pan troglodytes verus (Westafrikanischer Schimpanse, südliches Senegal bis Elfenbeinküste), Pan troglodytes vellerosus (östliches Nigeria bis westliches Kamerun), Pan troglodytes troglodytes (Zentralafrikanischer Schimpanse oder Tschego, Äquatorial-Guinea, Gabun und angrenzende Regionen), Pan troglodytes schweinfurthi (Ostafrikanischer Schimpanse, Demokratische Republik Kongo nördlich und östlich des Kongo-Flusses, Süd-Sudan bis zum Südende des Tanganyika-Sees in Tansania). Die morphologischen Unterschiede zwischen den Unterarten sind gering, die genetischen dagegen beträchtlich (manche Fachleute plädieren dafür, den Westafrikanischen Schimpansen als eigene Art abzutrennen). Hinsichtlich ihrer DNA-Sequenz (Nucleotidsequenz) sind Schimpansen und Menschen zu 98,7% identisch – ein Beleg für die enge stammesgeschichtliche Verwandtschaft zwischen beiden Arten ( Menschenrassen II ), deren Entwicklungslinien sich vor etwa 5–7 Millionen Jahren getrennt haben. Unterschiede in Morphologie, Verhalten und kognitiven Fähigkeiten (Kognition) – das Gehirn des Menschen ist dreimal so groß wie das des Schimpansen ( Gehirn II ) – beruhen vermutlich auf Veränderungen in Entwicklungs-Regulationsgenen sowie auf Unterschieden in der Gen-Expression (vor allem im Gehirn). – Schimpansen ( vgl. Abb. ) leben in Wald- und Savannengebieten. Sie bewegen sich vorwiegend vierfüßig auf dem Boden im Knöchelgang fort, verbringen die Nacht aber in selbst gebauten Schlafnestern auf Bäumen. Ihre Hauptnahrung sind reife Früchte, sie fressen aber auch Blätter und Insekten. Erwachsene Männchen machen gemeinschaftlich Jagd auf kleinere Säugetiere (vor allem Stummelaffen), deren Fleisch sie oft mit anderen Gruppenmitgliedern teilen. Schimpansen leben in Gruppen („communities“) mit mehreren Männchen, Weibchen und deren Jungen, die sich oft in Untergruppen („parties“) mit wechselnder Zusammensetzung aufteilen („fission-fusion-Organisation“). Die durchschnittliche Gruppengröße liegt bei etwa 50 Tieren, Untergruppen umfassen meist 4–8 Tiere. Die meisten Weibchen verlassen ihre Geburtsgruppe bei Erreichen der Geschlechtsreife, während die Männchen lebenslang Mitglieder ihrer Geburtsgruppe bleiben und miteinander kooperieren („male-bonding“). Kooperation zwischen Männchen beruht neueren Untersuchungen zufolge allerdings weniger auf genetischer Verwandtschaftsnähe als auf sozialen Beziehungen. Beziehungen zwischen Nachbargruppen sind gespannt bis feindselig, tödliche Übergriffe, vor allem durch Männchen, die regelmäßig gemeinschaftlich auf „Kriegspfad“ gehen, bekannt. Im Gegensatz zum eher „matriarchalischen“ Sozialsystem (Matriarchat) der Bonobos ist das Sozialsystem der Schimpansen sehr stark durch männliche Dominanz geprägt. Das Paarungssystem (Fortpflanzungssysteme) von Schimpansen ist promisk (Promiskuität) und stark von Spermienkonkurrenz geprägt, allerdings zeugen ranghohe Männchen (Rangordnung) deutlich mehr Kinder als rangniedere Männchen. Vermutungen, daß ein Großteil der Jungen von gruppenfremden Männchen gezeugt wird, haben sich nicht bestätigt. Männchen werden mit etwa 13 Jahren geschlechtsreif, Weibchen mit 11 Jahren. Weibchen bringen nach einer Schwangerschaftsdauer von durchschnittlich 240 Tagen im Abstand von 4–6 Jahren jeweils 1 Jungtier zur Welt, das etwa 4 Jahre gestillt wird. Die maximale Lebenserwartung liegt bei knapp über 50 Jahren. – Schimpansen zeichnen sich durch die Fähigkeit zu einsichtigem Verhalten aus (Einsicht [Farbtafel]; Begriffsbildung, Denken, Köhler [W.]) und können sich selbst im Spiegel (Spiegelbild) erkennen (Bewußtsein). Sie benutzen im Freiland, vor allem im Zusammenhang mit dem Nahrungserwerb, eine Vielzahl verschiedener einfacher Werkzeuge, die sie zum Teil selbst herstellen. In ihrem Werkzeugverhalten (Werkzeuggebrauch) und auch in anderen Verhaltensbereichen unterscheiden sich verschiedene Schimpansenpopulationen erheblich, so daß die meisten Schimpansenforscher sich nicht scheuen, von Schimpansenkulturen zu sprechen (Kultur, Protokultur). Kognitiv scheint der wichtigste Unterschied zwischen Schimpansen und Menschen darin zu bestehen, daß erstere deutlich größere Schwierigkeiten haben, sich geistig und emotional in andere Personen hineinzuversetzen („theory of mind“; Empathie, Mitempfinden, Mitleid, Perspektivenübernahme). – Der gegenwärtige (2003) Bestand an freilebenden Schimpansen wird auf wenig mehr als 100.000 Individuen geschätzt. Damit hätte sich die Gesamtpopulation, die Anfang der 1990er Jahre noch auf 200.000 Tiere geschätzt wurde, innerhalb eines Jahrzehnts halbiert. Ohne verstärkte Schutzbemühungen (Artenschutz) werden Schimpansen, wie alle anderen Großen Menschenaffen, innerhalb weniger Jahrzehnte ausgestorben sein. Um dies zu verhindern, hat die Umweltorganisation der UNO, die UNEP (United Nations Environment Programme), im Jahr 2001 das „Great Apes Survival Project“ (GRASP) ins Leben gerufen. Begrüßungsverhalten, Bettelverhalten, Goodall (J.), Humanethologie (Abb.), Infantizid, kognitive Ethologie, Mensch (Tab.), Mimik (Abb.), Paläanthropologie (Abb.), Pongidenhypothese (Abb.), Tradition; Affen II , Afrika V .

A.P.

Lit.:Boesch, C., Boesch-Achermann, H.: The chimpanzees of the Taï forest. Oxford 2000. Fouts, R., Mills, S.T.: Unsere nächsten Verwandten. München 1998. Goodall, J.: The chimpanzees of Gombe. Cambridge 1986. Goodall, J.: Ein Herz für Schimpansen. Reinbek 1991. Köhler, W.: Intelligenzprüfungen an Menschenaffen. Berlin 1921. McGrew, W.C.: Chimpanzee material culture. Cambridge 1992. Nishida, T. (Hrsg.): The chimpanzees of the Mahale mountains. Tokio 1990. Peterson, D., Goodall, J.: Von Schimpansen und Menschen. Reinbek 1994. van Lawick-Goodall, J.: Wilde Schimpansen. Hamburg 1971. de Waal, F.B.M.: Unsere haarigen Vettern. München 1983. Wrangham, W.C. u.a. (Hrsg.): Chimpanzee cultures. Cambridge 1994.

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