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Lexikon der Biologie: Synapsen

Synapsen [von griech. synapsis = Verbindung], von C.S. Sherrington geprägte Bezeichnung für spezialisierte morphologische Kontaktstellen zwischen Nervenzellen (Farbtafel I) bzw. zwischen Nervenzellen und muskulären und sekretorischen Effektorzellen. Im Durchschnitt bildet eine Nervenzelle etwa 1000 synaptische Kontakte aus und empfängt ihrerseits etwa 10.000 Verbindungen. An Synapsen erfolgt entweder über die Ausschleusung von Signalstoffen (Neurotransmitter [Tab.]) eine Erregungsübertragung (chemische Synapse) oder über transzellulärer Poren eine elektrische Kommunikation (elektrische Synapse, s.u.). Bei der elektrischen Erregungsübertragung (Erregung) fließt der Aktionsstrom (Aktionspotential) direkt in die nachgeschaltete Struktur, ohne daß eine Transmitterfreisetzung erforderlich ist, wodurch praktisch eine verzögerungsfreie Signalübertragung erfolgen kann. Demgemäß ist der synaptische Spalt sehr eng, und zwischen präsynaptischer und postsynaptischer Membran befinden sich stromleitende Strukturen, sog. gap-junctions (Connexon, Connexine). Ganze Neuronengruppen können auf diese Art durch elektrische Synapsen miteinander verbunden sein und eignen sich daher besonders zur Steuerung von stereotypen Verhaltensreaktionen (z.B. Mauthner-Neuron für die Schwanzschlagreaktion beim Goldfisch; motorische Neurone zur Innervation der Tintendrüse bei Aplysia [Seehasen]). Bei chemischen Synapsen ( Synapsen ) können die präsynaptische Endigung mit synaptischen Vesikeln sowie einer präsynaptischen Membranspezialisierung (präsynaptische Membran), der synaptische Spalt und die postsynaptische Membranspezialisierung (postsynaptische Membran) unterschieden werden. Chemische Synapsen zwischen Nervenzellen sind am häufigsten zwischen Axonen (präsynaptisch) und Dendriten (postsynaptisch), können aber zwischen allen Abschnitten von Nervenzellen vorkommen. Axodendritische Synapsen können am Schaft oder am Dorn eines Dendriten lokalisiert sein. Mit zunehmender Entfernung einer Synapse vom Perikaryon der postsynaptischen Zelle wird ihre Effektivität geringer. In der präsynaptischen Endigung liegen zahlreiche kleine (Durchmesser ca. 50 nm) synaptische Vesikel, die kleine Moleküle wie Acetylcholin, Catecholamine (z.B. Adrenalin, Noradrenalin) und Aminosäuren (z.B. γ-Aminobuttersäure, Glutaminsäure und Glycin) als Neurotransmitter enthalten, und large dense core vesicles (LDV, Durchmesser ca. 100–150 nm), die Neuropeptide und Wachstumsfaktoren als Neuromodulatoren speichern. Durch Exocytose freigesetzte Signalmoleküle treffen nach Diffusion durch den ca. 20 nm breiten synaptischen Spalt auf die in der postsynaptischen Membran verankerten Transmitter-Rezeptoren. Neuromodulatoren wie Prostaglandine und die Gase NO (Stickstoffmonoxid) und CO (Kohlenmonoxid) werden nicht durch Exocytose freigesetzt, sondern diffundieren durch die Zell-Membran. Die für die Transmitterfreisetzung, -diffusion und -bindung benötigte Zeit erklärt die für chemische Synapsen typische Verzögerung der Erregungsübertragung von etwa 0,3–5 ms. – Elektronenmikroskopisch kann man verschiedene Synapsentypen unterscheiden (Typ I-Synapsen = asymmetrische Synapsen: postsynaptische Verdichtung dicker als präsynaptische; Typ II-Synapsen = symmetrische Synapsen;vgl. Abb. 1 ). An chemischen Synapsen führen ankommende Aktionspotentiale zur Öffnung von Calciumkanälen und Einstrom von Calcium, welches über Aktivierung verschiedener Proteine die Exocytose von synaptischen Vesikeln stimuliert. Die freigesetzten Neurotransmitter bzw. Neuromodulatoren binden an der postsynaptischen Membran an ihre spezifischen Rezeptoren, die entweder direkt oder indirekt (über G-Proteine) an Ionenkanäle gekoppelt sind und zur Hyperpolarisation bzw. Depolarisation der postsynaptischen Zelle führen ( vgl. Abb. 2/1 und 2/2 ). Die hierdurch entstehenden postsynaptischen Potentiale (PSP) haben den Charakter eines Generatorpotentials, das bei ausreichender Stärke an der Generatorregion der nachfolgenden Zelle ein fortgeleitetes Aktionspotential auslöst ( vgl. Infobox ). Diese postsynaptischen Potentiale können auf die nachgeschalteten Zellen aktivierend oder hemmend wirken (hemmende Synapse). Im ersten Fall werden diese als excitatorische oder erregende postsynaptische Potentiale (EPSP), im zweiten als inhibitorische oder hemmende postsynaptische Potentiale (IPSP) bezeichnet (Nervensystem [Funktionsweise]). Eine Sonderform der Synapsen stellen die motorischen Endplatten dar, die den Kontakt zu den Erfolgsorganen der Nerven, den Muskelzellen (Muskeln, Muskulatur), herstellen ( Nervenzelle I , Regelung ). Der Transmitter dieser Synapsen ist das Acetylcholin. Auch an einer „ruhenden“ Endplatte werden in kurzen unregelmäßigen Zeitabständen Membran-Depolarisationen registriert. Diese zeigen einen dem normalen Endplattenpotential (EPP) ähnlichen Verlauf mit jedoch sehr viel kleineren Amplituden und werden daher als Miniatur-Endplattenpotentiale (MEPP) bezeichnet. Aufgrund dieser Eigenschaft sowie zusätzlicher Messungen und Versuche folgerte man, daß diese durch immer gleich große Mengen von Transmittern ausgelöst werden, wobei man diese Mengen als Quanten (analog den Licht-Quanten) definierte. Durch Versuche an Nerv-Muskel-Präparaten konnte nachgewiesen werden, daß normale Endplattenpotentiale mit hoher Wahrscheinlichkeit immer aus ganzzahligen Vielfachen der Miniatur-Endplattenpotentiale zusammengesetzt sind, also durch die gleichzeitige Freisetzung einer großen Zahl von Quanten verursacht werden (Quantenhypothese der Transmitterfreisetzung). – Die polare Anordnung von Prä- und Postsynapse ist Grundlage für die unidirektionale Übertragung an der chemischen Synapse. Ein wichtiges Merkmal der chemischen Synapse ist auch ihre Fähigkeit, die Signalstärke durch Variierung der Zahl freigesetzter synaptischer Vesikel modifizieren zu können, d.h., sie zeigen Plastizität und sind damit eine Grundlage für Lernen und Gedächtnis. Zudem sind Synapsen Angriffsort vieler Gifte (Neurotoxine [Abb.]) und Pharmaka (u.a. Psychopharmaka, Drogen; vgl. Tab. ). Acetylcholinrezeptor, Adenylat-Cyclase, adrenerge Rezeptoren, Axelrod (J.), Axon, Eccles (J.C.), Endplattenrauschen, Erregungsleitung, Katz (B.), Membrantransport, Muskelzuckung, Nervenzell-spezifische Proteine, Neurexine, neuronale Netzwerke, Neuronentheorie, Neurosekrete, neurotrophe Faktoren, Proteinkinase, Signaltransduktion, Synapsine, Synaptogenese; Synapsen , Sinneszellen .

H.W./S.G./K.U.



Synapsen

Abb. 1:
Typ-I- und Typ-II-Synapsen. Typ I ist meist erregend (z.B. glutamaterge Synapsen), Typ II hemmend (z.B. GABAerge Synapsen). Sie unterscheiden sich in verschiedenen morphologischen Parametern. Typ-I-Synapsen befinden sich auf Dendritendornen oder -schäften, Typ-II-Synapsen oft auf Perikaryen.



Synapsen

Abb. 2:
1 Schematische Darstellung des Wirkungsmechanismus bei direkt wirkenden Neurotransmittern: Transmitter binden an den Rezeptoren der postsynaptischen Membran und bewirken die Öffnung von Ionenkanälen, die den Einstrom u.a. von Na+-, K+- und Cl-Ionen aus dem extrazellulären Raum in die nachgeschaltete Zelle (z.B. Nerven-, Drüsen-, Muskelzelle) ermöglichen. 2 Stark vereinfachte Darstellung des Wirkungsmechanismus bei indirekt wirkenden Neurotransmittern: 1) Transmitter bindet an Rezeptor; 2) Adenylat-Cyclase synthetisiert aus ATP den sekundären Boten cyclo-AMP; 3) cyclo-AMP aktiviert Proteinkinase; 4) Phosphodiesterase baut cyclo-AMP wieder ab; 5) aktive Proteinkinase phosphoryliert Membranprotein; 6) phosphoryliertes Membranprotein öffnet Ionenkanäle. – AC Adenylat-Cyclase, Ap Aktionspotential, ATP Adenosintriphosphat, Ca2+ Calciumionen, cAMP cyclo-AMP (zyklisches Adenosinmonophosphat), Ig Ionenkanäle geschlossen, Io Ionenkanäle offen, Mp Membranprotein, Pi anorganisches Phosphat, PDE Phosphodiesterase, PKa Proteinkinase aktiv, PKi Proteinkinase inaktiv, R Rezeptor, T Transmitter.

3. Transmittervorgänge an einer cholinergen Synapse: der präsynaptisch freigesetzte Transmitter Acetylcholin (ACh) wird von einem an der Oberfläche der postsynaptischen Membran gelegenen Enzym, der Acetylcholin-Esterase (AChE), durch Hydrolyse in Essigsäure und Cholin (Ch) gespalten. Das Cholin wird von der präsynaptischen Endigung wieder aufgenommen und zusammen mit Acetyl-CoA durch das Enzym Cholinacetyl-Transferase wieder zu Acetylcholin reacetyliert (Acetylcholinrezeptor [Abb.]). 4 Transmittervorgänge an einer adrenergen Synapse: der Transmitter Noradrenalin (NA) wird aus der Aminosäure Phenylalanin über die Zwischenstufen Tyrosin, 3,4-Dihydroxyphenylalanin (DOPA) und Dopamin synthetisiert und in synaptischen Vesikeln gespeichert. Nach Freisetzung wird ein Teil des NA von der präsynaptischen Endigung wieder aufgenommen: der Rest wird methyliert, dadurch inaktiviert und mit dem Blut abtransportiert. Im Cytoplasma befindliches NA wird entweder in synaptische Vesikel aufgenommen oder von dem mitochondrialen Enzym Monoamin-Oxidase (MAO) inaktiviert.

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