Lexikon der Biologie: Translation
Translationw [von latein. translatio = Übersetzung], Proteinsynthese, Proteinbiosynthese, der sich während der Genexpression von Proteine codierenden Genen an die Transkription und Prozessierung der Primärtranskripte anschließende Prozeß, bei dem die in der messenger-RNA (mRNA; Ribonucleinsäuren) als Abfolge von Nucleotiden („Basensequenz“) gespeicherte genetische Information umgesetzt wird. Bei dem in mehreren Teilschritten ablaufenden, zyklischen Prozeß werden unter Energieverbrauch (ATP- und GTP-Spaltung; Adenosintriphosphat [Abb.], Guanosin-5'-triphosphat) die 20 verschiedenen proteinogenen Aminosäuren an den durch mRNA programmierten Ribosomen (Farbtafel) mit Hilfe von tRNA (transfer-RNA) peptidartig (Peptide) zu den hochmolekularen (Biopolymere), linearen Kettenmolekülen der Proteine verbunden. Durch die Translation werden die in Form von mRNA kopierten Nucleotidsequenzen der Gene in die Aminosäuresequenzen der Proteine „übersetzt“, weshalb die Translation einen essentiellen Teilprozeß der Genexpression darstellt. Bei Prokaryoten finden Transkription und Translation im Cytoplasma statt, und die Translation beginnt bereits während der Transkription an der sich bildenden mRNA. Bei Eukaryoten ist aufgrund der Kompartimentierung der Zellen die Transkription im Zellkern, die Translation der prozessierten mRNA im Cytoplasma lokalisiert. Nur bei organellcodierten Proteinen verlaufen Transkription und Translation im gleichen Kompartiment. Teilschritte des Translationsprozesses sind: Aminosäureaktivierung, Initiation, Elongation und Termination.
1) Aminosäureaktivierung: In einem noch ohne mRNA und Ribosomen ablaufenden Teilschritt werden die Aminosäuren an tRNA gekoppelt und so Aminoacyl-tRNA gebildet. Diese 1 Mol ATP pro gekoppelter Aminosäure verbrauchende Reaktion dient einerseits der Überführung der einzelnen Aminosäuren in den aktivierten Zustand, gleichzeitig aber auch der Verankerung an die jeweiligen tRNA-Spezies, was für die Vermittlung der in mRNA enthaltenen genetischen Information von entscheidender Bedeutung ist (Adaptorhypothese). Die Fehlerrate durch Falschbeladung von tRNA liegt selbst für sehr ähnliche Aminosäuren, wie z.B. Valin/Isoleucin, niedriger als 1:10.000, was auf der hohen Substratspezifität der die Kopplung katalysierenden Aminoacyl-tRNA-Synthetasen beruht. Die nun folgenden 3 Teilschritte laufen am mRNA-Ribosomen-Komplex ab.
2) Initiation (Einleitungsphase): Während der Initiationsphase ( vgl. Abb. 1 ) vereinigen sich die sog. Initiator-tRNA (N-Formyl-Methionyl-tRNA bei Prokaryoten, eine spezielle Methionyl-tRNA bei Eukaryoten), mRNA und die kleine ribosomale Untereinheit (30S-Untereinheit bei Bakterien, 40S-Untereinheit bei Eukaryoten) unter GTP-Spaltung zu einem Initiationskomplex, wobei mehrere spezielle Proteine – die Initiationsfaktoren – katalytisch wirken. Bei Prokaryoten bilden zunächst mRNA und die kleine ribosomale Untereinheit mit bereits gebundener Initiator-tRNA einen unspezifischen Komplex, bis es durch Basenpaarung der ribosomalen 16S-rRNA und der Shine-Dalgarno-Sequenz auf der mRNA zu einer Fixierung des Komplexes kommt (Ribosomenbindungsstelle). Erst die zweite, ebenfalls auf Basenpaarung beruhende Wechselwirkung zwischen der Initiator-tRNA und dem Initiationscodon (Codon; meist AUG, innerhalb des Gens codiert AUG für Methionin; genetischer Code [Tab.]) stabilisiert den Komplex und legt endgültig den Kettenstart sowie das Lese-Raster fest. Bei Eukaryoten werden zunächst verschiedene Präinitiationskomplexe differenziert, an deren Zusammensetzung weit mehr verschiedene Initiationsfaktoren als bei Prokaryoten beteiligt sind. Da die eukaryotische mRNA monocistronisch ist (monocistronische RNA) und keine Shine-Dalgarno-ähnliche Sequenz aufweist, legt offensichtlich allein das erste AUG vom 5'-Ende her als Initiationscodon den Kettenstart fest. Dabei fungiert die am 5'-Ende der mRNA stehende Cap-Struktur (Capping) als „Einfädelungs“-Signal für die 40S-ribosomale Untereinheit, die nach dem sog. Scanning-Modell an der mRNA-Kette entlangwandert, bis die gebundene Initiator-tRNA mit dem Initiationscodon paart. Ist die Bildung der (Prä-)Initiationskomplexe abgeschlossen, werden unter GTP-Hydrolyse die Initiationsfaktoren wieder freigesetzt. In einem abschließenden Teilschritt wird die große ribosomale Untereinheit (50S-Untereinheit bei Prokaryoten, 60S-Untereinheit bei Eukaryoten) angelagert, wodurch ein aus 70S-(bzw. 80S-)Ribosom, mRNA und Initiator-tRNA bestehender Komplex entsteht, in dem die Initiator-tRNA in der P-Bindungsstelle (Peptidyl-tRNA-Bindungsstelle, Donorstelle) gebunden ist und so zur Bildung der ersten Peptidbindung vorbereitet ist. Die Häufigkeit der Initiation ist zwischen einzelnen mRNAs verschieden. Sie kann aber auch für ein und dieselbe mRNA aufgrund verschiedener Regelmechanismen variieren, wodurch sich Möglichkeiten zur Regulation der Genexpression auf der Ebene der Translation (= differentielle Translation) ergeben. Bei Eukaryoten gibt es eine Vielzahl von Mechanismen, welche die Initiation der Translation beeinflussen und kontrollieren (Translationskontrolle [Kleindruck]).
3) Elongation (Verlängerungsphase): Während der Elongationsphase ( vgl. Abb. 2 ) wiederholen sich die 3 Teilschritte Aminoacyl-tRNA-Bindung, Peptidyl-Transfer und Translokation (s.u.) zyklisch, wobei in jedem Zyklus eine Aminosäure auf die wachsende Peptidkette transferiert wird. Die Bindung von Aminoacyl-tRNA in der A-Bindungsstelle (Aminoacyl-tRNA-Bindungsstelle, Akzeptorstelle) erfolgt unter Energieverbrauch (GTP-Spaltung) durch die katalytische Wirkung von Elongationsfaktoren (EF-Tu bei Prokaryoten, eEF-1α bei Eukaryoten). Die Auswahl unter den zahlreichen Aminoacyl-tRNAs wird aufgrund der Codon-Anticodon-Paarung (Codon von mRNA, Anticodon von tRNA) getroffen, wodurch die Sequenz der zu verbindenden Aminosäuren durch die Nucleotidsequenz der mRNA dem genetischen Code entsprechend determiniert wird. Allerdings können die Anticodonen einiger tRNAs mit mehr als nur 1 Codon Basenpaarungen eingehen (Wobble). Passen Codon und Anticodon, ändert sich die Konformation der tRNA, und deren Arme vermögen durch Basenpaarungen mit der ribosomalen RNA (rRNA) die Bindung der Aminoacyl-tRNA an der A-Bindungsstelle zu stabilisieren. Das Ergebnis der Bindereaktion ist ein mRNA-Ribosomen-Komplex, in dem in der P-Bindungsstelle eine Peptidyl-tRNA (bzw. Initiator-tRNA unmittelbar vor der Initiationsphase) und in der A-Bindungsstelle eine Aminoacyl-tRNA gebunden ist. In dem nun erfolgenden Peptidyl-Transfer wird der Peptidyl-Rest von Peptidyl-tRNA (bzw. der [N-Formyl-]Methionin-Rest von Initiator-tRNA) auf den in unmittelbarer räumlicher Nachbarschaft stehenden Aminosäurerest von Aminoacyl-tRNA übertragen, wodurch die Peptidkette um eine Aminosäure verlängert wird. Dieser Schritt vollzieht sich ohne zusätzliche Proteinfaktoren und ohne Energieverbrauch allein aufgrund des katalytisch wirkenden Peptidyl-Transferase-Zentrums (Peptidyl-Transferase [Abb.]) der großen ribosomalen Untereinheit. Das Ergebnis des Peptidyl-Transfers ist eine „entladene“ tRNA in der P-Bindungsstelle, die anschließend „geräumt“ wird, und eine vorübergehend in der A-Bindungsstelle gebundene, verlängerte Peptidyl-tRNA. In der nun folgenden Translokation rückt die (neue) Peptidyl-tRNA zusammen mit der mRNA zurück in die P-Bindungsstelle. Dieser Teilschritt erfordert Energie (GTP-Spaltung) und die katalytische Wirkung eines weiteren Elongationsfaktors (G-Faktor bzw. EF-G bei Prokaryoten, eEF-2 bei Eukaryoten). Die durch die Translokationsreaktion freigewordene A-Bindungsstelle kann nun erneut im Rahmen einer Aminoacyl-tRNA-Bindereaktion besetzt werden, wodurch ein weiterer Elongationszyklus eingeleitet wird. Nach jedem Zyklus ist die Peptidkette an dem jeweils gerade erreichten Carboxylterminus (Carboxylende, C-Terminus) um einen Aminosäurerest verlängert, so daß insgesamt eine Richtung des Kettenwachstums der Translation vom Aminoterminus (Aminoende, N-Terminus) zum Carboxylterminus hin resultiert. Jede einzelne Peptidbindung kostet die Zelle mindestens die in 3 energiereichen (energiereiche Verbindungen) Phosphaten enthaltene Energie (eine ATP-Spaltung bei der Aminosäureaktivierung, je eine GTP-Spaltung bei Aminoacyl-tRNA-Bindung und Translokation). Die Fehlerrate pro eingebauter Aminosäure beträgt etwa 1:1000. Die Synthesegeschwindigkeit liegt zwischen 10 und 20 eingebauten Aminosäureresten pro Sekunde und Ribosom, was einer „Gleit“geschwindigkeit jedes Ribosoms an mRNA von 30–60 Nucleotiden pro Sekunde entspricht. Das in Richtung vom 5'- zum 3'-Ende der mRNA erfolgende Gleiten der Ribosomen ist allerdings nicht gleichförmig, sondern vollzieht sich in Portionen von jeweils 3 Nucleotiden pro Synthese-Zyklus entsprechend dem Triplett-Raster (Basentriplett) des genetischen Codes.
4) Termination (Abschlußphase): Beim Auftreffen eines in der Elongationsphase befindlichen Ribosoms auf eines der 3 Terminationscodonen (UAA, UAG oder UGA; Stopcodon) bricht die Proteinsynthese ab. Die fertige Peptidkette löst sich von tRNA unter Vermittlung von Terminationsfaktoren (Releasing-Faktoren; Terminator) durch hydrolytische Spaltung und verliert damit ihre Verankerung am Ribosomen-mRNA-Komplex. Anschließend zerfällt auch dieser, wobei sich freie ribosomale Untereinheiten bilden, die – mit anderer mRNA – erneut in die Initiationsphase eintreten können (Zyklus der ribosomalen Untereinheiten). Bei den polycistronisch aufgebauten mRNAs der Bakterien und Bakteriophagen ist häufig das Initiationscodon des folgenden Leserasters dem Terminationscodon des vorhergehenden Leserasters sehr nahe benachbart oder überlappt sogar in Form der Sequenz AUGA (AUG = Start; UGA = Stop), was einen Neustart ohne Ablösung des Ribosoms begünstigt. Zur Termination ist wie bei der Peptidyl-Transfer-Reaktion keine Energie erforderlich, die Ablösung der Peptidketten von Peptidyl-tRNA durch Hydrolyse kann daher auch als Peptidyl-Transfer-Reaktion mit einem Wassermolekül als Akzeptor (statt – wie bei der Elongation – einem weiteren Aminosäurerest) aufgefaßt werden. Eine vorzeitige Termination und damit unvollständige Synthese von Proteinen wird durch Terminatormutationen verursacht; sie kann jedoch durch Suppressor-Gene kompensiert werden.
Bereits im Verlauf der Translation wird bei Prokaryoten die Formyl-Gruppe des aminoterminalen Methioninrestes (N-Formyl-Methionin) durch eine spezifische Deformylase entfernt. Bei etwa der Hälfte der Proteine von Pro- und Eukaryoten wird außerdem durch eine spezifische Aminopeptidase das aminoterminale Methionin abgespalten, weshalb diese Proteine am Aminoterminus eine andere Aminosäure aufweisen. Noch vor Beendigung der Synthese beginnen sich die Peptidketten zu den Sekundärstrukturen und Tertiärstrukturen zu falten (Proteine [Abb.]; Polypeptidketten bindende Proteine). Die Synthese von Exportproteinen (Exportproteinsynthese) bei Eukaryoten erfolgt an den Ribosomen des rauhen endoplasmatischen Reticulums (ER), wobei der Transport durch die ER-Membran durch das meist N-terminale Signalpeptid (Transit-Sequenz) noch während der Synthese, d.h. cotranslational, eingeleitet wird (Prä-Proteine, Signal-Hypothese, vektorielle Translation). Demgegenüber geschieht der Transport von mitochondrialen bzw. plastidären Proteinen (Proteintransport), soweit sie an den freien Ribosomen des Cytoplasmas synthetisiert werden, erst nach Beendigung der Synthese, d.h. posttranslational. Ein Teil der Organellenproteine wird von mitochondrialer DNA bzw. plastidärer DNA (Plastiden-DNA) codiert und an den organelleneigenen Ribosomen synthetisiert (Mitochondrien, Plastiden, Chloroplasten). Durch Prozessierungsreaktionen werden die primär synthetisierten Peptidketten vielfach (co- oder posttranslational; posttranslationale Proteinmodifikation) verändert. Häufig werden die Ketten durch Einwirkung spezifischer Proteasen zu kürzeren Peptiden oder zu mehreren Teilpeptiden gespalten (Prä-Pro-Proteine). Viele Peptidketten werden z.B. durch Glykosylierung, Phosphorylierung und andere Reaktionen (z.B. Acylierung von Proteinen, Adenylierung von Proteinen, ADP-Ribosylierung von Proteinen, Isoprenylierung von Proteinen, Ubiquitinierung von Proteinen) modifiziert. – Eine Reihe von Antibiotika sind Hemmstoffe einzelner Teilschritte der Translation – oft mit Spezifität für pro- und eukaryotische Proteinsynthese. Die prokaryotische Translation wird z.B. von Chloramphenicol und Streptomycin blockiert, die eukaryotische von Cycloheximid, sowohl die pro- als auch die eukaryotische Translation von Puromycin. Andere Inhibitoren der Translation sind Bakterientoxine wie Diphtherietoxin und Pseudomonas-Exotoxin, die bakteriellen Colicine oder Pflanzengifte wie Abrin und Ricin (Ribosomen-inaktivierende Proteine). Ambiguität, hybrid-arrested Translation, hybrid-selected Translation, in-vitro-Translationssysteme, Proteinstoffwechsel, Recodierung; – Transkription – Translation .
H.K./M.B.
Translation
Abb. 1: Schematische Darstellung der Initiationsphase bei Eukaryoten
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Abb. 2: Der während der Elongationsphase auftretende Zyklus aus 3 Schritten wird so lange wiederholt, bis das Ribosom auf eines der 3 Stopcodonen trifft. Im 1. Schritt bindet die Aminoacyl-tRNA an die A-Stelle, im 2. Schritt wird eine Peptidbindung geknüpft unter gleichzeitiger Übertragung der wachsenden Peptidkette auf die gerade hinzugekommene tRNA, die im 3. Schritt nach der Translokation des Ribosoms um 3 Nucleotide wieder freigesetzt wird. Die Translation erfolgt in 5'-3'-Richtung, wobei immer der N-Terminus des Proteins zuerst translatiert wird.
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