Lexikon der Biochemie: Chlorophylle
Chlorophylle, Blattgrün, grüner Photosynthesefarbstoff, der bei allen höher organisierten Pflanzen in mikroskopisch kleinen Farbstoffträgern (Chloroplasten) enthalten ist. Chemisch sind die C. Magnesiumkomplexe verschiedener Tetrapyrrole. Sie können als Derivate von Protoporphyrin betrachtet werden, einem Porphyrin mit zwei freien oder veresterten Carbonsäuregruppen (Tab.). Gegenüber anderen Porphyrinen zeigen die C. charakteristische Unterschiede:
1) zwischen den C-Atomen 7 und 8 besitzen sie eher eine gesättigte als eine Doppelbindung,
2) der Pyrrolring III trägt den isozyklischen Pentanonring, dessen Carboxylgruppe als Methylester vorliegt,
3) C-Atom 7 trägt einen Propionsäurerest; dieser ist im C. a und im Bakteriochlorophyll a mit Phytol C20H39OH und in den Bakteriochlorophyllen c und d (Photosynthesebakterien) mit Farnesol verestert. Diese Kohlenwasserstoffkette ist das lipophile Ende, das den C. ihre wachsartige Beschaffenheit verleiht und die Kristallisation verhindert. Sie bildet auch den Anker, mit dem die Chlorophyllmoleküle in der Thylakoidmembran festgehalten werden. Der Tetrapyrrolring ist hydrophil.
Die Entfernung von Mg aus Chlorophyllen führt zu Phäophytinen. Die Hydrolyse der Phytol- oder Farnesolesterbindung eines Chlorophylls (katalysiert durch Chlorophyllase EC 3.1.1.4) liefert ein wasserlösliches Chlorophyllid. Das metallfreie Chlorophyllid wird als Phäophorbid bezeichnet. Alle diese Verbindungen sind intensiv gefärbt (Farbtafel) und zeigen eine starke Fluoreszenz bei Lösung in absolut wasserfreien organischen Lösungsmitteln. Die charakteristischen Absorptionsspektren werden zur Identifizierung und Bestimmung der Chlorophylle und ihrer Derivate verwendet. In vivo werden die Absorptionsmaxima stark durch Bindung an Proteine beeinflußt. Einige Chlorophyll-Protein-Komplexe der Thylakoidmembran wurden isoliert und identifiziert.
Nur ein kleiner Teil der Pflanzenchlorophylle (Chlorophyll a, Abb. 1 und Bakteriochlorophyll a) sind direkt aktiv an der Photosynthese beteiligt. Die aktiven Zentren, die aus mit Plastochinon komplexiertem Chlorophyll aI und Chlorophyll aII bestehen, sind für den Primärprozess der Photosynthese unbedingt notwendig. Mehr als 99% der Chlorophylle üben Hilfsfunktionen aus, wie auch die übrigen Hilfspigmente, analog zu den thylakoidalen Carotinoiden. Sie fangen Licht auf und leiten elektronische Anregungsenergie auf die Reaktionszentren der Photosysteme I und II. Möglichkeiten der Umwandlung von elektronischer Anregungsenergie, die vom Auffangen eines Photons durch ein Chlorophyllmolekül herrührt, zeigt die Abb. 2.
Die Biosynthese der Chlorophylle folgt dem Schema der Biogenese der Porphyrine bis zur Stufe von Protoporphyrin IX. Der Mechanismus für die Biosynthese von 5-Aminolevulinsäure unterscheidet sich jedoch bei den einzelnen Spezies. Die Umwandlung von Protoporphyrin IX in Chlorophyll a wird in Abb. 3 dargestellt. Die terminalen Schritte der Chlorophyllsynthese verlaufen offensichtlich strukturgebunden in der Thylakoidmembran. [Biosynthesis of Heme and Chlorophylls, H.A. Dailey (Hrsg.) McGraw Hill, 1990; S.B. Brown et al. J. Photochem. Photobiol., B: Biology5 (1990) 3-23]
Chlorophylle. Abb. 1. Chlorophyll a.
Chlorophylle. Abb. 2. Mögliche elektronische Energieumwandlung nach dem Einfangen eines Protons.
Chlorophylle. Abb. 3. Biosynthese von Chlorophyll a und Bakteriochlorophyll a.
Chlorophylle. Tab. Strukturen und Vorkommen. Der makrozyklische Ring kommt in unterschiedlichen Reduktionsgraden vor, d.h. Chlorophyll kann ein Porphyrin, ein Dihydroporphyrin oder ein Tetrahydroporphyrin sein. [Daten aus S.I. Beale u. J.D. Weinstein in Biosynthesis of Heme and Chlorophylls, H.A.Dailey (Hrsg.) 287-391, McGraw-Hill Publishing Co., New York, 1990]
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Chlorophyll a | In allen Photosyntheseorganismen (außer den Photosyn-thesebakterien) | Dihydroporphyrin (Abb. 1) | |
Chlorophyll b | In allen höheren Pflanzen (außer der Orchidee Neottina nidus avis), in Grünalgen (Eugenophyta, Chlorophyta) und in Armleuchtergewächsen (Charophyta) | -CHO an Stelle von CH3 an C3. | |
Chlorophyll c (Chlorofucin) | In Kieselalgen (Bacillariophyta), Dinophyta, in Braunalgen (Phaeophyta) und in einigen Rotalgen (Rhodophyta). | Chlorophyll cI: nichtveresterter Acrylsäurerest an C7; Ring IV hat eine Doppelbindung zwischen C7 und C8; C. cI ist ein Porphyrin. Chlorophyll cII: nichtveresterter Acrylsäurerest an C7; Ethylidenrest an C4; Ring IV hat eine Doppelbindung zwischen C7 und C8; C. cII ist ein Porphyrin. | |
Chlorophyll d | In Rotalgen. | -CHO an Stelle einer Vinylgruppe an C2. | |
Bakteriochlorophyll a | In Schwefelpurpurbakterien (Chromatiaceae), in schwefelfreien Purpurbakterien (Rhodospirillaceae). | Acetyl an C2; H und CH3 an C3; H und Ethyl an C4 (d. h. es ist ein Dihydrochlorophyll); Propionsäurerest an C7 ist mit Phytol oder Geranylgeraniol verestert. Ringe II und IV sind stärker reduziert als im Chlorophyll c. Es ist ein Tetrahydroporphyrin. | |
Bakteriochlorophyll b | In einigen schwefelfreien Purpurbakterien (Chromatiaceae), z. B. Rhodobacter viridis. | Acetyl an C2; H und CH3 an C3; Ethyliden an C4; Propionsäurerest an C7 ist mit Phytol, Geranylgeraniol oder Δ2,10-Phytadienol verestert. | |
Bakteriochlorophyll g | In einigen streng anaeroben photosynthetischen Purpurbakterien. | H und CH3 an C3; Ethyliden an C4; Propionsäurerest an C7 ist mit Farnesol oder Geranylgeraniol verestert. | |
Bakteriochlorophyll c | In grünen Schwefelbakterien (Chlorobiaceae) und grünen schwefelfreien Bakterien (Chloroflexaceae). | α-(S oder R)-Hydroxyethyl an C2; Ethyl, n-Propyl oder Isobutyl an C4; Methyl oder Ethyl an C5; kein Methylcarbonylrest an C10; Propionsäurerest an C7 ist mit Farnesol (oder Phytol in Chloroflexus aurantiacus) verestert; Methyl an ΔC. | |
Bakteriochlorophyll d | In grünen Schwefelbakterien (Chlorobiaceae) und grünen schwefelfreien Bakterien (Chloroflexaceae). | α-(S oder R)-Hydroxyethyl an C2; Ethyl, n-Propyl, Isobutyl oder Neopentyl an C4; Methyl oder Ethyl an C5; kein Methylcarbonylrest an C10; Propionsäurerest an C7 ist mit Farnesol verestert. | |
Bakteriochlorophyll e | In grünen Schwefelbakterien (Chlorobiaceae) und grünen schwefelfreien Bakterien (Chloroflexaceae). | α-(S oder R)-Hydroxyethyl an C2; CHO an C3; Ethyl, n-Propyl oder Isobutyl an C4; Ethyl an C5; kein Methylcarbonylrest an C10; Propionsäurerest an C7 ist mit Farnesol verestert; Methyl an ΔC. | |
Protochlorophyll biosynthetische Vorstufe von Chlorophyll a) | Doppelbindung zwischen C7 und C8; es ist ein Porphyrin. | ||
Chlorophyllid | kein Phytolrest; wasserlöslich |
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