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Lexikon der Biochemie: Proteomanalyse

Proteomanalyse, Proteomics, eine neue Technologie zur quantitativen Analyse der zu einem bestimmten Zeitpunkt und unter determinierten Bedingungen in einer Zelle, in einem Organismus oder in einer komplexen Körperflüssigkeit vorhandenen Proteine. Durch die P. wird versucht, einen Einblick in das feinregulierte Netzwerk der Proteinexpression, aber auch der posttranslationellen Proteinmodifizierung und des Proteinabbaus zu erhalten. Die letzten zwei Dezennien haben zwar große Fortschritte bei der Entschlüsselung der Genome von Organismen erbracht und auch die mRNA-Analyse entscheidend weiter entwickelt. Jedoch kann auch die gesamte Geninformation nur einen limitierten Einblick in den komplexen Charakter und die Dynamik lebender Systeme geben. Auch die mRNA-Menge lässt praktisch keine Korrelation zur aktuell vorhandenen Konzentration eines jeden Proteins im betrachteten System zu. Die P. erfordert eine eindeutige Definition der Ausgangsbedingungen und der Fragestellung. Wenn man zwei dynamische Zustände mit Hilfe der P. vergleichen will, muss man die Natur der experimentell verursachten Störung kennen und man sollte darüber hinaus den durch diese Störung verursachten Unterschied möglichst klein halten. Große Aufmerksamkeit muss der Probenvorbereitung gewidmet werden. Sie sollte nur aus wenigen Schritten bestehen. Für die Trennung der Proteine mittels der zweidimensionalen Gelelektrophorese, die gegenwärtig als einzige Trenntechnik eine hohe Auflösung (bis zu etwa 10.000 Komponenten) in einem Gel bietet, müssen alle Proteine in Lösung gebracht werden. Nach der Trennung müssen die Proteine angefärbt werden, wofür Coomassie Blue (Detektionsgrenze ca. 100 ng) und die noch sensitivere Silberfärbung (Nachweisgrenze ca. 10 ng) recht gut geeignet sind, wenngleich radioaktiv markierte Proteine und immunologische Färbungen noch empfindlicher sind. Danach folgt die Quantifizierung und Bildverarbeitung der angefärbten Proteine mit Hilfe Laserdensitometer oder Scanner unter Einbeziehung kommerziell zugänglicher Software. Zur Identifizierung und Charakterisierung eines Proteins in einem zweidimensionalen Gel transferiert man entweder das betreffende Protein aus der Gelmatrix durch Elektroblotting auf eine inerte Membran, wo die proteinchemische Analytik erfolgt, oder man spaltet das Protein enzymatisch in kleinere Bruchstücke, die nach der Elution einer Aminosäureanalyse unterworfen werden. Unter der Voraussetzung, dass das Genom des bearbeiteten Organismus bekannt ist, lässt sich das Peptidgemisch sehr schnell durch MALDI-MS oder eine ESI-(Nanospray-)MS analysieren. Bei Unkenntnis des Genoms oder nicht bekannter posttranslationeller Modifizierung müssen die Methoden der klassischen Proteinanalytik angewandt werden. Da bei der P. eine ungemein große Datenmenge anfällt, ist eine Beherrschung nur mit modernen Methoden der Bioinformatik möglich. Die P. bietet einen neuen Zugang zur Funktionsanalyse, wodurch in der nahen Zukunft in der Grundlagenforschung die Aufklärung von Reaktions- und Regulationsnetzwerken erleichtert werden könnte und in der angewandten Forschung die Suche und Auswahl von Zielen für die Entwicklung neuer Medikamente positiv beeinflusst werden kann. [M.R. Wilkens et al. (Hrsg.) Proteome Research: New Frontiers in functional Genomics, Springer-Verlag, Heidelberg, 1997; I. Humphery-Smith et al., Electrophoresis18 (1997) 1.216-1.242]

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