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Lexikon der Biochemie: Ribozyme

Ribozyme, RNA-Enzyme, RNA-Moleküle mit katalytischen Eigenschaften. Durch Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Teilen eines RNA-Moleküls resultieren komplexe dreidimensionale Strukturen mit der Fähigkeit zur Bindung von Liganden mit hoher Affinität und Spezifität. 1981 wurde das erste R. in Form eines selbst-spleißenden RNA-Moleküls entdeckt. Bei dieser Selbstspleiß-Reaktion der ribosomalen RNA-Vorläufermoleküle des Ciliaten Tetrahymena katalysiert eine Intron-Sequenz ohne Mitwirkung eines Proteins ihr eigenes Herausschneiden aus einem Prä-rRNA-Molekül (L-19-RNA). Die Reaktion wird dadurch gestartet, dass sich ein G-Nucleotid an die Intron-Sequenz anlagert und bei diesem Prozess die RNA-Kette gespalten wird. Das dabei gebildete 3×-Ende der RNA-Kette greift dann das andere Ende des Introns an, wobei die Internucleotidbindung geknüpft und das herausgeschnittene Intron freigesetzt wird. Die Fähigkeit eines RNA-Moleküls, andere RNA-Moleküle in einer Sequenz-abhängigen Art zu spalten, eröffnet ein therapeutisches Potenzial für die Expressionsblockade von schädlichen Proteinen auf der RNA-Ebene. Obgleich R. allgemein katalytisch nicht so effizient sind wie Enzyme, sind große natürliche R. in der Lage, sehr komplexe katalytische Funktionen zu erfüllen. Man unterscheidet zwischen 1) natürlichen und entwickelten natürlichen R. und 2) künstlichen R. Zur 1. Gruppe gehören a) hammerhead-R., HDV-R., Neurospora VS-R. und hairpin-R. (Ribosyl 2'-O-vermittelte Spaltungsaktivität), b) Gruppe I- und Gruppe II-Introns (RNA Spaltung/Ligation), c) RNaseP RNAs (RNA-Hydrolyse), d) Gruppe I-Introns (Ester-Hydrolyse) und e) entwickelte Gruppe I-Introns (Amidbindungsspaltung). Zur 2. Gruppe zählen künstliche R. mit nachfolgend aufgeführten katalytischen Aktivitäten: Ribosyl 2'-O-vermittelte Spaltung (Mg2+-, Pb2+-abhängig), Ribosyl 2',3'-zyklische Phosphorester-Hydrolyse (Pb2+-abhängig), RNA-Ligation (3'→5', 2'→5', 5'→5'), RNA-Phosphorylierung, Selbstaminoacylierung, Acyltransferreaktionen, Selbst-Stickstoff-Alkylierungen, Schwefelalkylierungen, Biphenylisomerisierungen, Porphinmetallierungen u.a. Die Bezeichnung R. wurde für alle RNA-Moleküle mit katalytischen Eigenschaften geprägt. Mit Ausnahme der RNaseP RNA vermögen natürliche R. keinen multiplen Stoffumsatz in vivo zu katalysieren, so dass sie nicht als echte natürliche Katalysatoren betrachtet werden können. Man kann sie aber durch In-vitro-Engineering in solche Katalysatoren überführen. Einige R. sind sogar zu einer katalytischen Perfektion fähig, die dann gegeben ist, wenn die Wechselzahl (turnover number) gleich der Diffusionsgeschwindigkeit des Substrates ist. Nahezu alle R. sind als Metalloenzyme zu betrachten. Die faszinierendste Eingenschaft von RNA, und zu einem geringeren Ausmaß auch von DNA (DNA-Enzyme), ist das Potenzial, sowohl Information zu tragen als auch katalytisch wirksam zu sein. In naher Zukunft werden weitere komplexe künstliche R. hergestellt werden. Darüber hinaus zeichnet sich ein Trend zur Entwicklung von Ribonucleoproteinpartikeln, d.h. RNA, assoziiert mit kleinen Peptiden, ab, die eine Katalyse einer größeren Vielfalt chemischer Reaktionen ermöglichen werden. [L. Jaeger, Curr. Opin. Struct. Biol. 7 (1997) 324; G.T. Narlikar u. D. Herschlag, Annu. Rev. Biochem. 66 (1997) 19]

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