Kompaktlexikon der Biologie: Wurzel
Wurzel, Radix, stets blattloses Organ der Kormophyten, dessen Hauptaufgaben die Verankerung der Pflanze im Boden sowie die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen sind. Um die zuletzt genannte Aufgabe zu erfüllen, ist eine enorme Vergrößerung der Oberfläche notwendig. Diese wird durch die Ausbildung vieler Wurzelhaare erreicht, die auf der nichtcutinisierten Epidermis (Rhizodermis) junger W. einen dichten Besatz bilden. Die Wurzelhaare sind einzellig, jedes von ihnen entspricht einer röhrenförmig ausgewachsenen Rhizodermiszelle. Neben den oben genannten Hauptfunktionen sind die W. auch als Syntheseort von Pflanzenhormonen (Gibberelline, Cytokinine) tätig. Nach den verschiedenen ökologischen Anforderungen hat sich eine Vielzahl verschiedener Wurzelmetamorphosen herausgebildet.
Der morphologische Aufbau der W. zeigt eine radiär-symmetrische Anordnung der verschiedenen Gewebe. Die äußerste Zellschicht bildet eine dünne Rhizodermis, ihr liegt innen eine derbere, oft schwach verkorkte Exodermis an. In dieser Schicht befinden sich unverkorkte, so genannte Durchlasszellen, die den Wassereinstrom gewährleisten. Die Exodermis umschließt das massiv entwickelte Rindenparenchym, das innen von einer Endodermis abgeschlossen wird. Diese dient als physiologische Scheide. Bis zur Endodermis kann das aufgenommene Wasser apoplastisch (d.h. zwischen den Zellen) durchdringen. Der Caspary-Streifen der Endodermiszellen verhindert die freie Diffusion, sodass die Plasmamembran das Wasser nun aktiv in die Zelle leiten muss (hypoplastischer Transport) und somit eine Kontrollfunktion übernehmen kann. Der zuinnerst liegende Zentralzylinder beinhaltet die Festigungs- und Leitelemente. Diese zentrale Lage der Gewebe gewährleistet die Biegsamkeit der Wurzel bei gleichzeitiger hoher Zugfestigkeit (Verankerungsfunktion). Die äußere Zellenlage des Zentralzylinders wird als Perikambium (Perizykel) bezeichnet. Sie besteht aus zartwandigen, plasmareichen, über lange Zeit teilungsfähigen Zellen. Im Zentralzylinder befindet sich ein radial angeordnetes Leitbündel, welches bis ans Perikambium heranreicht. Das Xylem ist sternförmig aufgebaut, in den Bereichen dazwischen befindet sich, durch eine meist einzellige Schicht parenchymatischer Zellen (Parenchym) getrennt, das Phloem. Der W.-Spitze sitzt zum mechanischen Schutz eine Wurzelhaube auf, die so genannte Calyptra. Ihre Zellen verschleimen und erleichtern dadurch das Durchdringen des Bodens. Anschließend sterben sie ab und werden von der Wachstumszone der W. her ergänzt. Die Zellen der Calyptra dienen auch der Wahrnehmung der Schwerkraft. Die Wachstumszone der Wurzel unterscheidet sich von derjenigen des Sprosses durch den Besitz der Calyptra, das Fehlen der Blattanlagen und die Wurzelhaarzone, die an die Streckungszone anschließt (Vegetationskegel). ( vgl. Abb. )
Man unterscheidet zwei Arten von Wurzelsystemen: allorrhize Systeme (Allorrhizie) mit einer Hauptwurzel und zahlreichen Seitenwurzeln und homorrhize Systeme (Homorrhizie) mit überwiegend gleichrangigen und ähnlich gestalteten Wurzeln. Die Seitenwurzeln entstehen immer endogen, d.h. aus dem Inneren des Wurzelkörpers heraus. Dabei erlangen Zellen des Perikambiums ihre Teilungsfähigkeit wieder und bilden dann einen neuen Wurzelvegetationspunkt. Dieser Bereich befindet sich immer hinter der Wurzelhaarzone. Beim sekundären Dickenwachstum der W. scheidet das Kambium nach innen Holz und nach außen Bast ab. Die im primären Zustand sternförmige Querschnittsform des Kambiummantels um das Xylem rundet sich dabei ab und wird ringförmig. Die meist schon vorher abgestorbene Rhizodermis wird durch die Exodermis ersetzt. Aber sowohl die Wurzelrinde, wie auch die Endodermis machen das sekundäre Dickenwachstum mit, sie reißen auf und platzen nach dem Absterben der Zellen ab. Deshalb erfolgt die Borkenbildung vom Perikambium aus. Wurzeln können auch aktiv einen Wurzeldruck erzeugen. Ein aktiver Transport von Ionen in die Leitungsbahnen führt zu einem Anstieg des osmotischen Wertes, der einem erhöhten Druck auf das Leitgewebe entspricht. Dieser aktiv aufs Leitgewebe ausgeübte Druck ist notwendig, da der Transpirationssog im Frühjahr entweder noch nicht vorhanden ist oder nicht ausreicht, um die Pflanze mit dem nötigen Wasser und den darin gelösten Nährstoffen zu versorgen.
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