Kompaktlexikon der Biologie: Apoptose
Apoptose, programmierter Zelltod, kontrollierter „Selbstmord“ von Zellen, der unter genetischer Kontrolle steht und somit einen aktiven Prozess darstellt, der bei vielzelligen Organismen für deren Entwicklung, Altern und den Erhalt der Gewebe und Organe von großer Bedeutung ist. Der Proliferation von Gewebezellen wirkt A. entgegen und sorgt dafür, die Größe der Gewebe und Organe aufrechtzuerhalten. A. steht damit im Gegensatz zur Nekrose, bei der Zellen platzen und die dadurch austretenden Zellbestandteile Nachbarzellen schädigen und im Gewebe zu Entzündungen führen. A. können innerhalb von Minuten bis wenigen Stunden ablaufen.
Beispiele für Prozesse, an der A. beteiligt ist, sind 1) die Entwicklung der Finger und Zehen an Händen und Füßen der Wirbeltiere, deren typische Form dadurch erreicht wird, dass sich die anfangs spatenförmigen Strukturen in die spätere Gestalt umwandeln, indem das Gewebe zwischen Fingern und Zehen durch A. entfernt wird; 2) die bei Froschlurchen beobachtete Metamorphose der Kaulquappen zum erwachsenen Frosch, bei der das Einschmelzen des Schwanzes durch apoptotischen Abbau der dort vorhandenen Zellen kontrolliert wird; 3) die Anpassung der bei Embryonen im Überschuss produzierten Anzahl der Nervenzellen an die tatsächliche Anzahl der Zielzellen während der Entwicklung des Nervensystems; 4) die Rückbildung der Gebärmutter im Anschluss an die Geburt sowie die Abstoßung der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) während der Menstruation.
Auch eine Reihe von Krankheiten wird inzwischen in Zusammenhang mit A. gesehen. Hierzu zählen Erkrankungen des Nervensystems (Parkinson-Krankheit), Autoimmunkrankheiten, Osteoporose, Rheumatismus und Herzerkrankungen (z.B. Herzinfarkt). Bei einigen Krebsarten kommt es zur Hemmung der A. und somit zu vermehrtem Zellwachstum (Krebs).
Apoptotische Zellen sind im Mikroskop an einer Reihe von distinkten Merkmalen zu erkennen. Hierzu zählen Blasenbildungen an der Plasmamembran, Zerfall des Zellkerns, Vakuolisierung des Cytoplasmas und ein damit einhergehender Volumenverlust der apoptotischen Zellen. Durch Veränderungen an der Zelloberfläche wird die absterbende Zelle von Makrophagen oder Nachbarzellen erkannt und durch Phagocytose aufgenommen, bevor ihre Inhaltsstoffe nach außen gelangen können. Während der A. wird die DNA durch spezielle Endonucleasen zwischen den Nucleosomen gespalten, sodass Bruchstücke definierter Größe entstehen, die nach gelelektrophoretischer Trennung ein typisches „Strickleitermuster“ aufweisen. Mit Hilfe einer Gelelektrophorese lassen sich apoptotische Zellen deshalb gut von nekrotischen Zellen unterscheiden, deren DNA zufällig abgebaut wird, und im Gel zu verschmierten Banden führt.
Neben internen Signalen wird A. durch eine Reihe externer Signale induziert, zu denen UV- und Röntgenstrahlen, Hitzeschock, Oxidationsprozesse und cytotoxische Substanzen zählen. Sie alle sorgen für die Aktivierung von bestimmten Proteasen (so genannte Caspasen), die in einer Signalkaskade zur Aktivierung weiterer Proteasen und Endonucleasen führt. Bei der apoptotischen Signaltransduktion scheinen Mitochondrien eine besondere Rolle zu spielen, deren zerstörtes Transmembranprotential relativ am Anfang der A. beobachtet wird. Die damit verbundene Entkoppelung der Atmungskette führt letztlich zur vermehrten Entstehung von schädigenden Sauerstoffradikalen.
A. bzw. programmierter Zelltod kommt nicht nur bei Tieren, sondern auch bei Pflanzen vor, bei denen die Zellen im Xylem und Kork absterben. Auch die Seneszenz von Blättern, Blüten und Früchten (Abscission) sowie die Reaktion auf Pflanzenpathogene wird mit A.-ähnlichen Prozessen in Verbindung gebracht.
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