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Lexikon der Chemie: Benzol

Benzol, C6H6, die Stammverbindung der benzoiden aromatischen Kohlenwasserstoffe, Arene. B. ist eine farblose, brennbare und leicht entzündliche Flüssigkeit; es verbrennt mit stark rußender Flamme. Mit Wasser ist es praktisch nicht mischbar, dagegen unbegrenzt mit Ethanol und Ether. F. 5,5 °C, Kp. 80,1 °C, nD20 1,5011.

Vorkommen und Gewinnung. B. wurde früher hauptsächlich aus Steinkohlenteer oder Kokereigas durch Extraktion, Auswaschen und andere Trennprozesse gewonnen. Inzwischen werden seit vielen Jahren mehr als 90 % des für chemische Reaktionen benötigten B. aus der Erdölverarbeitung gewonnen (Alkanpyrolyse). Es fällt bei den verschiedensten Methoden der Benzingewinnung (Benzer) in großem Maßstab an.

Benzol ist feuergefährlich und hochtoxisch. Besonders gefährlich sind seine Dämpfe, auch in geringer Konzentration. Kurzzeitiges Einatmen führt zu Kopfschmerz, Mattigkeit, Schwindel, Übelkeit und Schlafbedürfnis, verschiedentlich kann es auch zu Atemnot kommen. Einatmen relativ großer Mengen Benzoldampf in einer kurzen Zeit bewirkt akute Vergiftung mit Cyanose der Lippen, Ohren und Nase, Blaugrünfärbung der Haut und Dunkelfärbung des Harns, Bewußtlosigkeit, Erbrechen und Krämpfen; schließlich tritt der Tod durch Atemlähmung ein. Bei einem Gehalt von 2 % Benzoldampf in der Atemluft kann der Tod nach 5 bis 10 Minuten eintreten. Die ständige Aufnahme kleiner Mengen Benzol führt zu chronischen Vergiftungen mit Schädigungen von Leber, Nieren und Knochenmark einschließlich Verminderung der Anzahl der roten Blutkörperchen. Die chronischen Vergiftungssymptome treten oft erst nach Wochen oder Monaten auf. Sie äußern sich unter anderem in Zahnfleisch-, Schleimhaut- und punktförmigen Hautblutungen. Durch den Genuß von Alkohol wird die Giftwirkung erhöht. B. ist ein resorptives Gift und wird auch durch die Haut aufgenommen. Zur Vermeidung von chronischen und akuten Vergiftungen sind die Arbeitsbedingungen entsprechend zu gestalten (wirksame Abzüge).

Wegen seiner Toxizität ist die Verwendung als Lösungsmittel außerordentlich zurückgegangen.

Struktur. Erstmals isolierte 1825 Faraday B. aus Leuchtgas. Die Bruttoformel C6H6, die aufgrund herkömmlicher Vorstellungen nicht erklärt werden konnte, fand 1865 durch Kekulé von Stradonitz eine erste Deutung. Sie beinhaltet die völlige Gleichwertigkeit aller C- und H-Atome und erklärt, daß jeweils nur ein Monosubstitutionsprodukt existieren kann. Der Tatsache, daß nicht vier, sondern nur drei isomere Disubstitutionsprodukte vorkommen, trug Kekulé 1872 mit seiner Oszillationshypothese Rechnung, die besagt, daß ein ständiger schneller Wechsel zwischen den C-C-Einfach- und C=C-Doppelbindungen erfolgt, wodurch alle C-C-Bindungen gleichwertig sind:



Zahlreiche andere Formeln wurden zur Diskussion gestellt:



Den modernen Vorstellungen am nächsten kommen die Formeln von Thiele sowie Armstrong und Baeyer, während sich die anderen als falsch erwiesen. Einige von ihnen repräsentieren nicht-ebene Valenzisomere des B., die synthetisiert werden konnten (Dewar-B., Ladenburg-B., Hückel-B.).

Heute wird die Benzolformel für den praktischen Gebrauch meist durch eine der beiden Kekulé-Formeln oder auch durch eine der Thiele-Formel nahe kommende Variante dargestellt:



Das theoretische Verständnis des energiearmen, aromatischen Zustands des B. (Energiegewinn gegenüber dem nicht existierenden "Cyclohexatrien" von 150 kJ·mol-1), Aromatizität, kann durch mehrere Modelle unterstützt werden. Abb. 1 zeigt, daß alle sechs sp2-hybridisierten C-Atome und die sechs H-Atome in einer σ-Bindungsebene mit gleichen Bindungsabständen C-C und C-H liegen, d. h. eine hohe Symmetrie vorliegt. Abb. 2 zeigt die senkrecht zu dieser Ebene angeordneten π-Orbitale, die im realen Molekül optimal "überlappt" sind.



Reaktionen. B. wird durch katalytische Druckhydrierung zu Cyclohexan C6H12 und durch zahlreiche Substitutionsreaktionen mit bzw. ohne Katalysatoren, oder auch mit UV-Licht (Photoreaktionen) zu Derivaten wie Chlor-, Brom-, Nitrobenzole u. a. (Arene) umgesetzt. Die zweifache oder mehrfache Substitution und die Abwandlung der Produkte, z. B. die Hydrierung von Nitrobenzol zu Anilin, oder die Umsetzung von Brombenzol (Grignard-Reaktionen) zeigen, daß B. eine Schlüsselverbindung zur Synthese aromatischer Verbindungen ist.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
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Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
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Dr. Günter Kraus, Halle
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Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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