Lexikon der Chemie: Festphasen-Peptidsynthese
Festphasen-Peptidsynthese, Merrifield-Synthese, eine 1962 von Merrifield entwickelte Peptidsynthese an unlöslichen polymeren Trägern. Hierbei wird die Startaminosäure über ihre Carboxygruppe an ein unlösliches, leicht filtrierbares Polymer geknüpft, danach wird die Peptidkette vom C-terminalen Ende her schrittweise aufgebaut (Abb.). Als polymerer Träger hat sich ein Copolymerisat aus Polystyrol und 1 bis 2 % 1,4-Divinyl-benzol bewährt. Die durch Perlpolymerisation erhaltenen Harzkügelchen (Ø 20 ... 100 μm) quellen in den für die Synthese verwendeten organischen Lösungsmitteln und werden dadurch für die Reagenzien permeabel. Die klassische Ankergruppe ist die Chlormethylgruppe, die durch Chlormethylierung des Polymers nach Friedel-Crafts in Gegenwart von Zinn(IV)-chlorid eingeführt werden kann. Die Veresterung des Chlormethyl-Polymers mit der N-geschützten Aminosäure (vorrangig werden tert-Butyloxycarbonyl- oder Fluorenyl-9-methoxycarbonyl-aminosäuren verwendet) ist einfach durchzuführen. Nach der Verknüpfung der ersten N-geschützten Aminosäure mit dem Träger werden alle folgenden Operationen in einem Glasreaktor mit Fritte sowie Zu- und Ableitungsvorrichtungen bzw. auch in Säulenreaktoren durchgeführt. Die Prozeßführung ist sowohl manuell als auch in automatisierter Form unter Verwendung kommerziell zugänglicher Syntheseautomaten (Synthesizer) möglich. Von der am Polymer kovalent verankerten Aminosäure wird die Nα-Schutzgruppe abgespalten und das resultierende Aminoacyl-Polymer mit der nächsten N-geschützten Aminosäure vorrangig mittels substituierten Carbodiimiden umgesetzt. Auf diese Weise wird bevorzugt im Innern der Kunstharzmatrix die Peptidkette schrittweise verlängert. Auf der letzten Stufe wird die kovalente Bindung zwischen der C-terminalen Aminosäure der aufgebauten Peptidkette und der Ankergruppierung des polymeren Trägers gespalten. Der unlösliche Träger läßt sich durch Filtration von dem nun in Lösung vorliegenden Peptid abtrennen. Prinzipiell entfällt bei der F. die umständliche und zeitaufwendige Reinigung der Zwischenprodukte. Das gewünschte Reaktionsprodukt bleibt immer am Polymer gebunden, während überschüssige Reagenzien und Beiprodukte der Reaktion durch Filtrieren entfernt werden. Einheitliche Peptidprodukte werden aber nur erhalten, wenn die sich ständig wiederholenden Kupplungs- und Deblockierungsreaktionen (Abb., Schritt 3 und 4) praktisch quantitativ verlaufen. Da dies in der Praxis nicht durchgängig möglich ist, akkumulieren sich Rumpf- und Fehlsequenzen im Verlauf der F. am polymeren Träger und machen die Endproduktreinigung zu einem diffizilen Problem. Durch moderne Trenntechniken, z. B. die präparative Hochdruckflüssigkeitschromatographie, ist eine anspruchsvolle Finalreinigung prinzipiell möglich.
Mit Hilfe der F. wurden verschiedene Peptid- und Proteowirkstoffe erfolgreich aufgebaut, wenn auch nicht immer reine Produkte resultieren. Trotz einiger Einschränkungen ist die F. gegenwärtig ein wertvolles Hilfsmittel für die Synthese von Peptiden mittlerer Kettenlänge und wird bei weiterer methodischer Vervollkommnung in Verbindung mit der Erhöhung der Effektivität der Trenn- und Reinigungsverfahren auch für die Synthese von Polypeptiden und sogar von kleineren Proteinen routinemäßig einsetzbar sein.
Für die multiple Peptidsynthese fand das von Merrifield entwickelte Syntheseprinzip breite Anwendung und wurde auch auf die Oligo- und Polynucleotidsynthese übertragen. Entsprechende Syntheseautomaten sind kommerziell zugänglich.
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