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Lexikon der Chemie: Keramik

Keramik, ein aus nichtmetallenen anorganischen Stoffen bestehender Werkstoff, der aus verschiedenen Komponenten nach physikalischer Vorbehandlung (Zerkleinern, Mischen) geformt und getrocknet wird und während der Stoffumwandlung bei höherer Temperatur seine charakteristischen Eigenschaften erhält. K. besteht zum großen Teil oder vollständig aus kristalliner Phase. Bei der Temperaturbehandlung laufen Sintervorgänge und Festkörperreaktionen ab. Da Sinterprozesse auch in der Pulvermetallurgie und bei der Herstellung von Hochtemperaturmaterialien eine wesentliche Bedeutung haben, wurde die Bezeichnung K. auch auf die entsprechenden Werkstoffe übertragen (z. B. Metall-, Kohlenstoff-, Carbidkeramik). Charakteristische Eigenschaften keramischer Produkte sind hohe Druckbelastbarkeit, relativ niedrige Zugbelastbarkeit, sprödes Verhalten, hohe Temperaturresistenz, niedrige Temperaturwechselbeständigkeit, schlechte thermische und elektrische Leitfähigkeit (außer Halbleiter-, Kohlenstoff-, Carbid- und Sonderkeramik), Unlöslichkeit in Wasser, Schwerlöslichkeit in Säuren, Basen und Salzlösungen. Neben diesen gemeinsamen Eigenschaften sind andere Charakteristika, wie Struktur, Phasenbestand, Porosität, Farbe und Oberflächenqualität sehr unterschiedlich. Aus den beiden Eigenschaftsgruppen und den sehr differenzierten Zusammensetzungen resultiert die breite Palette der Anwendungsmöglichkeiten, wodurch eine Systematisierung erschwert wird.

Keramik. Tab.: Übersicht über die keramischen Werkstoffe.

Keramik Werkstoffbeispiele
Grobkeramik
Baukeramik Ziegel, Tonrohre, Bauterrakotten
Töpferwaren Ofenkacheln, Schmelzwaren (Majolika, Fayence), Blumentöpfe
Steinzeug Fliesen, Klinker, Kanalisationsrohre, Spaltplatten, säurefeste Steine
Feuerfeste Keramik
Silicatische
Keramik
Silikasteine, Schamotte, Sillimanit,
Mullit, Forsterit
Nichtsilicatische Keramik Sinterkorund, Magnesit, Dolomit, Chromit, Siliciumcarbid (Silit), Graphit, Kohle
Feinkeramik
Steingut Ton-, Kalk-, Feldspat-, Misch-, Talksteingut
Porzellan Hart-, Weich-, Dental-, Sanitärporzellan
Technische Keramik
Silicatische
Keramik auf Tonbasis
Feinsteinzeug, Elektro-, Zirkonporzellan
Silicatische
Keramik ohne Tonkomponente
Steatit, Cordierit, Forsterit, Wollastonit
Nichtsilicatische Keramik Oxidkeramik, Kondensatorkeramik,
magnetische Keramik, Hochtemperatur-carbide, -boride, -nitride, -silicide,
Kohlewerkstoffe

Die keramischen Technologien werden durch die Rohstoffzusammensetzung und -qualität bestimmt, besonders im Hinblick auf Kornverteilung und Mineralgehalt der Kornklassen. Für die silicatische K. spielen Tonmineralkomponenten aufgrund des Quellvermögens, des Fließverhaltens, der Plastizität und der Trockenschwindung eine besondere Rolle; weitere Hauptkomponenten sind Feldspat und Quarz. Für die Aufbereitung der meist im Tagebau gewonnenen Rohstoffe werden Maschinen und Apparate eingesetzt, die neben der Funktion der Trocken- und Naßzerkleinerung teilweise auch der Rohstoffmischung dienen. Oft werden die Rohstoffe nach der Qualität der herzustellenden Erzeugnisse klassiert. Das den Rohstoffen bei der Naßzerkleinerung und -klassierung zugeführte Wasser wird zum großen Teil durch Kammerfilter, Vakuumdrehfilter, Pressen und Zerstäubungstrockner aus den Rohmischungen entfernt. Die Formgebung erfolgt durch Dreh-, Preß- und Gießverfahren, wovon das isostatische Pressen für die Herstellung von Grobkeramik, in neuerer Zeit auch von Feinkeramik zu Erzeugnissen höchster Maßgenauigkeit führt. Durch die Abgabe des Porenwassers und des Adsorptionswassers (Tonminerale) während des Trocknungsprozesses in Trockenkammern tritt eine Schwindung der Rohlinge ohne Rissebildung ein (Trockenschwindung), während das chemisch gebundene Wasser (OH-Gruppen) beim Brennprozeß abgegeben wird. Das Brennen wird in Rund-, Tunnel-, Ring- und Pendelhaubenöfen bei Temperaturen zwischen 800 und 1600 °C vorgenommen, wobei neben physikalischen Vorgängen (Sinter- und Schmelzprozesse) die Bildung von Verbindungen (z. B. Silicat- und Aluminatbildung) und die Zersetzung von Verbindungen (z. B. Dehydratisierungs- und Decarboxylierungsreaktionen) sowie polymorphe Umwandlungen als Festkörperreaktionen ablaufen. Die Keramikoberfläche kann, gegebenenfalls vor einem Zweitbrand, mit Glasuren und Dekors (Porzellan) versehen werden.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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