Lexikon der Chemie: Lanthanoide
Lanthanoide, früher Lanthanide, die im Periodensystem der Elemente auf das Lanthan folgenden 14 Metalle der Ordnungszahlen 58 bis 71: Cer Ce, Praseodym Pr, Neodym Nd, Promethium Pm, Samarium Sm, Europium Eu, Gadolinium Gd, Terbium Tb, Dysprosium Dy, Holmium Ho, Erbium Er, Thulium Tm, Ytterbium Yb und Lutetium Lu. Die L. werden oft durch das gemeinsame Symbol Ln beschrieben. Vielfach werden sie mit den ihnen innerhalb der III. Nebengruppe des Periodensystems vorausgehenden Elementen Scandium, Yttrium und Lanthan unter der Bezeichnung Seltenerdmetalle zusammengefaßt.
Eigenschaften. L. sind durch eine schrittweise Besetzung des 4f-Niveaus bei gleichzeitigem Vorliegen besetzter äußerer Unterschalen (vgl. Periodensystem) gekennzeichnet und weisen ausgeprägte physikalische und chem. Ähnlichkeiten auf.
Die charakteristische Oxidationsstufe der L. ist +3, daneben werden die Oxidationsstufe +4 für Cer, Praseodym und Terbium, die Oxidationsstufe +2 für Europium, Samarium und Ytterbium beobachtet. Eine charakteristische Erscheinung in der Gruppe der L. ist die mit steigender Ordnungszahl auftretende signifikante und stetige Abnahme der Ionenradien Ln3+ (Lanthanoidenkontraktion). Magnetische und spektrale Eigenschaften der einzelnen Lanthanoidionen werden durch die jeweils vorliegende 4fn-Besetzung bestimmt, wobei infolge der wirkungsvollen Abschirmung durch die darüber liegenden besetzten 5s2- und 5p6-Schalen die aus der 4fn-Konfiguration herrührenden Terme kaum durch die Umgebung beeinflußt werden. So sind die Absorptionsspektren der Ln3+-Ionen durch extrem scharfe Linien geprägt; diese f-f-Übergänge unterscheiden sich damit signifikant von den breiten, durch Ligandenfeldeinflüsse bedingten D-D-Banden der D-Übergangsmetallkomplexe.
Die L. sind sämtlich silberweiße, reaktionsfähige Metalle, die aufgrund ihrer Standardelektrodenpotentiale (Ln/Ln3+) von -2,833 V (Ce) bis -2,25 V (Lu) starke Reduktionsmittel darstellen, mit Wasser und verd. Säuren unter Wasserstoffentwicklung reagieren. Mit Nichtmetallen, wie Sauerstoff, Chlor, Stickstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff, reagieren L. bei erhöhter Temperatur zu Oxiden Ln2O3, Chloriden LnCl3 und Nitriden LnN, ferner zu Hydriden der nicht-stöchiometrischen Zusammensetzung LnH2-LnH3 und salzartigen Carbiden der Typen Ln2(C2)3, LnC2 und Ln2C3. Fluoride LnF3 erhält man nicht allein aus den Elementen; aufgrund ihrer Schwerlöslichkeit sind sie bequem durch Fällung aus schwach sauren wäßrigen Lösungen zugänglich. Die Fällung der Oxalate M2(C2O4)3 ·n H2O aus verd. salpetersauren Lösungen der L. dient als quantitative und recht spezifische Abtrennungsmethode der Elementgruppe. Die Separation der L. voneinander, früher ein äußerst mühsamer und zeitraubender, durch vielfach wiederholte Kristallisation, Fällung oder durch Zersetzung geeigneter Salze durchgeführter Prozeß, ist heute durch Anwendung moderner Extraktionsverfahren, durch Kombination von Ionenaustausch und Komplexbildung auf einfachere Weise (Lanthanoidentrennung) möglich.
Analytisches. Zur Abtrennung der Gruppe der L. nutzt man die Schwerlöslichkeit ihrer Oxalate. Moderne physikalische Methoden, wie Atomadsorptions- und -röntgenspektroskopie, ferner Spektral- und Flammenphotometrie bieten ausgezeichnete Möglichkeiten zur quantitativen Bestimmung der einzelnen L. in Lanthanoidgemischen.
Vorkommen. Die L. sind am Aufbau der Erdkruste – bei unterschiedlichen Anteilen der einzelnen Elemente – mit einer Gesamtmenge von etwa 0,01 bis 0,02 % beteiligt. L. gerader Ordnungszahl sind dabei mit Anteilen von 10-3 bis 10-4 % häufiger als L. ungerader Ordnungszahl mit Anteilen von 10-4 bis 10-5 %. Das relativ verbreitetste Element unter den L. ist das mit der Häufigkeit von 6,8·10-3 % auftretende Cer. Das in der Natur nicht vorkommende, durch Kernreaktionen zugängliche Promethium findet sich in Gestalt des 147Pm (t1/2: 2,62 Jahre) unter den Uranspaltprodukten; das längstlebige Promethiumisotop l45Pm hat eine Halbwertszeit von 17,7 Jahren.
Die L. kommen stets miteinander sowie mit den ähnliche Ionenradien aufweisenden weiteren Seltenerdmetallen Lanthan und Yttrium (Ionenradien 115 bzw. 93 pm) vergesellschaftet vor, wobei die isomorphe Vertretbarkeit der L. ein in Abhängigkeit vom Ionenradius unterschiedliches Ausmaß annimmt: Silicatische oder phosphathaltige Minerale, wie Cerit (Ce3)IIH3Si3O13 (MIII = Ca, Fe) oder Monazit CePO4 enthalten neben Lanthan bevorzugt die leichten L. (Ceriterden, Cer bis Samarium), während die L. höherer Massenzahlen (En bis Lu) gemeinsam mit Yttrium (Yttererden) bevorzugt in Mineralen wie Xenotim YPO4, Thortveitit (Y, Sc)2Si2O7, Thalenit Y2Si2O7 und Gadolinit (Ytterbit) Y2MII 3Si2O10 (MII = Fe, Be) auftreten. Ein weiteres Lanthanoidenmineral ist Bastnäsit (Ce, La, Dy) CO3F. Für die Gewinnung der L. wird der durch Verwitterungsprozesse aus primären Monazitlagerstätten entstandene Monazitsand eingesetzt.
Gewinnung. Wichtigstes Ausgangsmaterial für die Gewinnung der L. ist aufbereiteter Monazitsand, der neben etwa 5 % Thoriumoxid ThO2 etwa 60 % Ceriterden und etwa 5 % Yttererden enthält. Man schließt das Konzentrat meist mit Schwefelsäure auf, fällt die L. gemeinsam mit Thorium als Oxalate und entfernt Thorium durch Behandlung des Oxalatgemisches mit Ammoniumoxalat, das mit Thoriumoxalat Th(C2O4)2 wasserlösliches Ammoniumoxalatothorat bildet. Dann verglüht man die Lanthanoidenoxalate zum Oxidgemisch, führt eine erste grobe Trennoperation mit Natriumsulfat der durch Säurebehandlung erhaltenen Lanthanoidlösung durch, schließt weitere Trennoperationen durch Extraktion salpetersaurer Lösungen mit Tributylphosphat oder Dimethylsulfoxid an und vollzieht die Feinreinigung durch kathodische Abscheidung an Quecksilber mit anschließendem fraktioniertem Löseprozeß. Zur Feinreinigung kann auch eine Kombination von Ionenaustausch und Komplexbildung herangezogen werden. Zur Darstellung der reinen Lanthanoidmetalle überführt man zunächst in die Chloride LnCl3 oder die Fluoride LnF3, die dann metallothermisch z. B. unter Einsatz von Calcium reduziert werden.
Verwendung. Einen wichtigen Anwendungsbereich finden heute einige L. in der Kerntechnik. Aufgrund ihres hohen Neutroneneinfangquerschnitts werden Gadolinium, Europium, Samarium und Dysprosium als Legierungsbestandteile für Regelstäbe in Kernreaktoren eingesetzt. In der Metallurgie verwendet man L. als Mikrolegierungszusätze, wobei sie entweder in reiner Form oder als Cer-Mischmetall eingeführt werden, in den Legierungen vor allem Form und Verteilung nichtmetallischer Einschlüsse beeinflussen und damit Dehnbarkeit, Festigkeit, Korrosionsverhalten und Warmverformbarkeit der metallischen Werkstoffe verändern. L. dienen zur Herstellung von Zündsteinen. Legierungen mit Cobalt der Typen LnCo5 und Ln2Co17 (Ln = Sm, Pr, Ce) sind wichtig für magnetische Werkstoffe.
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