Direkt zum Inhalt

Lexikon der Chemie: Lignin

Lignin, ein Biopolymer der höheren Pflanzen. L. ist neben Cellulose und den Hemicellulosen Hauptbestandteil der verholzten pflanzlichen Zellwände. Laub- und Nadelhölzer enthalten etwa 20 bis 35 % L. L. ist ein amorphes, optisch inaktives, dreidimensionales Heteropolymer, das sich unzersetzt in keinem üblichen Lösungsmittel löst. L. entsteht biosynthetisch durch oxidative Polymerisation von hydroxylierten und teilweise methoxylierten Zimtalkoholen, überwiegend des Coniferylalkohols. Je nach Herkunft variiert der Anteil der einzelnen Monomeren. Im L. der Pteridophyten und Gymnospermen überwiegen im allg. Guajacylreste (4-Hydroxy-3-methoxyphenyl-, Guajacyllignin). Das L. der Nadelhölzer enthält z. B. durchschnittlich 14 % 4-Hydroxyphenyl-, 80 % Guajacyl- und 6 % Syringyl(4-Hydroxy-3,5-dimethoxyphenyl)-reste. Das L. der Laubhölzer enthält etwa gleiche Teile Guajacyl- und Syringylreste (Guajacylsyringyllignin), jedoch kaum 4-Hydroxyphenylreste. Innerhalb der Dicotyledonen enthalten Kräuter weniger Syringylreste als verholzte Arten. Etwa 10 % 4-Hydroxyphenylreste sind im allg. im L. monocotyledoner Pflanzen enthalten. Die Monomeren werden biosynthetisch auf dem Shikimisäureweg über Phenylalanin, Zimtsäure und die entsprechend substituierten Zimtsäuren (Hydroxyzimtsäuren) gebildet. Die Polymerisation der Monomeren wird enzymatisch durch Peroxidasen eingeleitet. Es bilden sich zunächst mesomer stabilisierte Aroxylradikale. Die Polymerisation erfolgt durch nichtenzymatische Paarung der Radikale. Die Monomeren sind danach über C-C- und C-O-C-Bindungen miteinander zu einer netzwerkartigen Struktur verknüpft. Hemicellulosen sind daran über Etherbrücken gebunden. Die bevorzugten Bindungstypen des L. zeigt die Abbildung.

Die Biosynthese des L. ist als Dehydrierungspolymerisation aufzufassen, bei der die enzymatische Phenoldehydrierung und die nichtenzymatische Polymerisation miteinander gekoppelt sind. Entscheidende Enzyme sind die Laccasen (Phenoldehydrogenasen), die auch zur "künstlichen" Herstellung von L. aus Coniferylalkohol herangezogen werden können.



Lignin. Abb. 1: Vom Coniferylalkohol (R = OCH3) ausgehende Bindungsmöglichkeiten im Lignin.

Bei der Cellulosegewinnung aus Holz muß das L. entfernt werden. Nach industriellen Verfahren wird das Holz mit Natronlauge, der Natriumsulfid und -sulfat zugesetzt sind, gekocht – alkalisches Aufschlußverfahren oder Sulfatverfahren – oder mit Hydrogensulfitlösung behandelt - saures Aufschlußverfahren oder Sulfitverfahren (Zellstoff). Beim Sulfitverfahren entstehen niedermolekulare, wasserlösliche, biologisch schwer abbaubare Ligninsulfonsäuren oder Ligninsulfonate.



Lignin. Abb. 2: Typische Struktur des Nadelbaumlignins.

Lignin wird u. a. als Bindemittel (z. B. bei der Brikettierung und Pelletierung, zur Böschungsbefestigung) oder als Dispergiermittel (z. B. in der Zementverarbeitung, in der keramischen Industrie, als Zusatz für Bohrspülmittel) verwendet. Durch oxidativen Abbau wird Vanilin, durch nucleophilen Abbau Dimethylsulfid gewonnen.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.